Eine Nacht wie Samt und Seide
Nichtigkeiten aus; dieses belanglose Geschwätz konnte nicht gegen die Erinnerungen bestehen, die in ihr Gedächtnis gebrannt waren - Dillon über ihr vor dem samtigen Nachthimmel, Dillon, der erst sich und dann sie entkleidete und ihr zeigte, wie viel Vergnügen er ihr bereiten konnte, bis zu welchem Punkt er ihren Körper zum Singen bringen, zu welchen Höhen er sie auf dem Weg zur Seligkeit treiben konnte.
Am besten jedoch waren die Momente, in denen sie gesehen hatte, wie viel Lust sie ihm schenkte, wie tief sie ihn bis in seine Seele ansprach, wie voll und ganz er sie genoss, die Vereinigung mit ihr, die ihn ebenso durch und durch befriedigte wie sie.
Das zweite Mal war sogar noch faszinierender, noch schöner als das erste Mal gewesen.
Schließlich waren sie aber aufgestanden, hatten im Dunkeln ihre Kleider zusammengesucht und sich wieder angezogen, ohne dabei die geringste Scham zu empfinden. Dann hatte er sie zum Haus gefahren. Sie war längst auf ihrem Zimmer, hatte die Kerze ausgeblasen, als Eugenia und Adelaide heimgekommen waren; sie wollte nicht mit ihnen reden, wollte nicht in die Wirklichkeit zurückkehren, sie wollte bloß in ihrem Bett liegen und träumen.
»Werden Sie diese Woche zum Rennen gehen, Miss Dalling?«
Sie blinzelte, setzte ein Lächeln für Lord Matlock auf, der sie die letzte halbe Stunde zu beeindrucken versucht hatte. »Ich befürchte nicht, Mylord. Es ist ja nur ein kleineres Ereignis. Ich bezweifle, dass es sich als ausreichend interessant erweisen wird, um meine Tante zu reizen.«
»Und was ist mit Ihnen und der lieblichen Miss Blake?« Lord Matlock richtete seinen flehenden Blick auf sie. »Sicherlich können wir Sie dazu bewegen, sich zu uns zu gesellen, oder? Cummings hier wird seine Schwester Lady Canterbury mitbringen. Wir wären eine nette Gruppe.«
Zu erfahren, um schlicht nein zu sagen, spielte Pris das Spielchen mit und erlaubte ihnen, zu versuchen, sie umzustimmen. Das beinhaltete auch, Pläne zu schmieden und miteinander zu diskutieren, was ihr wiederum die Chance bot, sich im Raum umzusehen.
Lady Helmsleys Abendgesellschaft war erkennbar erlesener als Lady Kershaws von gestern. Lord Cromarty wurde nicht erwartet; Eugenia hatte sich unter Verweis auf die gemeinsame Herkunft aus Irland danach bei Lord Helmsley erkundigt.
Also war Pris für den Abend - wenigstens in dieser Hinsicht -in Sicherheit.
Dillon war noch nicht eingetroffen; sie registrierte, dass sie aufgeregt war, während sie mit den Augen den Salon absuchte. Sie wartete natürlich nur ungeduldig darauf, sich endlich das Register anzusehen und zu erfahren, in welcher Klemme Russ stecken konnte - nur ein kleines bisschen war sie aufgeregt, weil sie Dillon Wiedersehen würde.
Ihre Begegnungen waren bis dato wirklich nicht von Schicklichkeit bestimmt gewesen - Zusammentreffen in der Nacht oder unter Umständen, die sie von den sonst geltenden gesellschaftlichen Regeln befreiten. Vielleicht war das der Grund für die jähe Vorfreude, die sie durchfuhr, als sie seinen dunklen Schopf in der Menge entdeckte.
Sie schaute Lord Matlock wieder an.
»Mein hochrädriger Phaeton bietet eine ausgezeichnete Sicht auf die Rennbahn«, erklärte er ihr. »Was sagen Sie, Miss Dalling? Sind Sie dabei?«
Sie verzog bedauernd das Gesicht. »Es tut mir leid, Mylord, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Tante es mir gestattet.« Sie entschärfte ihre Ablehnung mit einem Lächeln. »Wenn wir bei der Wahrheit bleiben wollen, so ist Miss Blake und mir das Geschehen auf der Rennbahn eher gleichgültig.«
Die Herren zogen sie deswegen ein wenig auf, wiesen darauf hin, dass keine echte Dame sich ernstlich für die Schindmähren interessierte. Lächelnd erwiderte sie die spaßhaften Bemerkungen, aber sie war nur halb bei der Sache, ihre Sinne waren ganz auf Dillon gerichtet, der langsam, aber stetig näher kam.
Dann war er da, beugte sich über ihre Hand und nahm den Platz an ihrer Seite ein. Er verbeugte sich vor Miss Cartwright und Miss Siddons, nickte den Gentlemen zu. »Matlock. Hastings. Markham. Cummings.«
Sogleich wurde er Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Die jungen Damen hingen praktisch an seinen Lippen, was kein Wunder war, doch die Reaktionen der Herren waren noch deutlicher; in ihren Augen war Dillon, der ein paar Jahre älter war, mit seiner Aura der Härte und Erfahrung ein Mysterium, das sie bewunderten und dem sie nacheiferten.
Seine Abendkleidung in gestrengem Weiß unterstrich sein gutes Aussehen
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