Eine Nacht wie Samt und Seide
noch, sodass Pris die Bewunderung beider Geschlechter gut nachvollziehen konnte. Er war das Musterbild dessen, wie ein adeliger Gentleman sein sollte.
Die anderen Männer waren ihm gegenüber überaus höflich und respektvoll, als sie ihn nach seiner Meinung zu bestimmten Pferden in den anstehenden Rennen fragten.
»Ist da etwas Wahres dran an dem Gerücht, dass der Ausgang eines Rennens vor ein paar Wochen hier ma...« Mr Markham hatte gesprochen, ohne zu überlegen; verspätet fiel ihm ein, wer da vor ihm stand; er blickte zu den anderen, und seine Wangen verfärbten sich. »Nun«, schloss er eher lahm, »irgendwie verdächtig war?«
Verdächtig? Pris schaute in Dillons Gesicht, aber seine unergründliche, leicht arrogante Miene verriet ihr nichts.
»Dazu kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts sagen.« Ein zurückhaltendes Lächeln aufsetzend griff Dillon nach Pris’ Hand. »Wenn Sie uns entschuldigen wollen, ich bin geschickt worden, um Miss Dalling zu holen, damit sie Lady Amberfield vorgestellt werden kann.«
»Oh. Ah ... ja, natürlich.« Lord Matlock verneigte sich, und die anderen Herren taten es ihm nach.
Sobald Pris sich von den jungen Damen verabschiedet hatte, führte Dillon sie in die Menge.
Lady Helmsleys L-förmiger Salon war groß, aber die Gästezahl, die sich darin drängte, machte es unmöglich, mehr als ein paar Fuß weit in jede Richtung zu sehen. Er steuerte Pris durch die Menschentrauben, dankbar dafür, dass niemandem auffallen würde, wohin er sie brachte. Sie zog durch ihre Schönheit trotz des eher nüchternen Schnittes ihres seidenen Abendkleides Aufmerksamkeit auf sich. Die Farbe passte zu ihren Augen und betonte ihr schwarzes Haar, das heute an ihrem Hinterkopf zu einem Knoten hochgesteckt war; diese Art der Frisur hätte streng wirken müssen, doch stattdessen weckte sie nur die Phantasie, wie es wohl aussähe, wenn sich die Pracht löste. Die Seide schmiegte sich liebevoll an ihre Rundungen, der herzförmige Ausschnitt lenkte den Blick auf ihre Brüste und den tiefen Spalt dazwischen sowie auf die verführerisch verletzliche Linie ihres bloßen Nackens.
Wieder hatte sie versucht, die Wirkung mit einem langfransigen Schal aus jadefarben und schwarz gemusterter Seide zu dämpfen. Wieder gelang es ihr nicht.
Seine Augen labten sich an ihrem Anblick, und er wunderte sich über seine plötzliche Empfänglichkeit für weibliche Reize, die ihn bislang nicht wirklich beeindruckt hatten. Er fand sich damit ab und geleitete sie um die Ecke in den kleineren Teil des Salons.
Sie schaute sich um. »Wer ist Lady Amberfield?«
»Eine alte Dame, ein echter Drache aus der Gegend hier.«
Pris runzelte die Stirn. »Warum will sie mich kennen lernen?«
»Das will sie gar nicht.« Er manövrierte sie geschickt zwischen den Gästen hindurch, blieb dann vor einer schmalen Tür in der Wand stehen.
Sie betrachtete das Schlupfloch. »Ach so.«
Er öffnete die Tür; wortlos schlüpfte sie hindurch, in einen langen, unbeleuchteten Flur. Mit einem flüchtigen Blick zu den Gästen, die alle anderweitig beschäftigt waren, folgte er ihr und schloss die Tür.
In dem dämmerigen Licht schaute er ihr in die Augen. »Ich glaube nicht, dass jemand uns gesehen hat. Bist du bereit, für eine Stunde zu verschwinden?«
Sie hob die Brauen. »Um das Register zu sehen? Selbstverständlich.«
Er starrte sie einen Moment lang an, dann bedeutete er ihr, weiterzugehen. »Wir können eine Abkürzung durch die Gärten nehmen, dann ist es nicht weit zur Rückseite des Clubs.«
Er war mit Gebäude und Gärten vertraut; sobald sie das Haus verlassen hatten, gingen sie rasch durch die Anlagen, dann durch eine Tür in der Gartenmauer und auf ein Stück gemähte Wiese, das von der Highstreet aus durch die Rückseiten anderer Häuser und eine Baumreihe verdeckt war. Auf der anderen Seite der Wiese befand sich das Wäldchen, das hinter dem Gebäude des Jockey-Clubs stand.
»Da entlang?« Sie deutete auf das Gehölz.
Er nickte. Sie hob ihre Röcke über dem kurz geschnittenen Gras und betrat die Wiese.
Unwillkürlich suchte er die Schatten unter den Bäumen mit den Augen ab, er ging neben ihr. »Ich werde dich an der Hintertür zurücklassen, dann gehe ich nach vorne und kümmere mich um die Wachen.«
»Kommst du oft mitten in der Nacht vorbei?«
»Gelegentlich. Manchmal fällt mir abends noch etwas ein, besonders nach Gesprächen mit meinem Vater.«
»Du hast gesagt, er sei der Hüter des Zuchtbuchs
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