Eine Nacht wie Samt und Seide
Priscilla Dalling ebenso waghalsig und kühn wie bei anderen Gelegenheiten; zum Glück für Dillons Seelenfrieden wusste er bereits, dass sie mit ihrem Pferd zurechtkam.
Solomon, sein schwarzer Wallach, den Cynsters gezüchtet, aufgezogen und trainiert hatten, war ihrer flinken Stute mehr als gewachsen.
Er hielt sich an ihrer Seite, während sie von Norden nach Westen über die Heide ritten, dabei hielt er Ausschau nach anderen Reitern und komplettierte dabei sein Wissen über Pris und Russ Dalling.
Nachdem er sich auf der Fahrt nach Carisbrook House zu ihr in die Kutsche gesetzt hatte, hatte er sie dazu ermutigt, ihm mehr von ihrem Bruder zu erzählen und damit auch von ihrer Familie und sich selbst.
Mit vierundzwanzig Jahren waren die Zwillinge die Ältesten im Hause Dalling. Sie hatte nichts darüber gesagt, was sie und ihren Bruder nach Newmarket gebracht hatte, aber er hatte ihr Zögern bemerkt, über ihren Vater zu sprechen; er vermutete einen ernsten Streit. Doch alle Ideen, dass Russ Dalling sich am Ende Geld für seinen Lebensunterhalt verdienen müsste, wurden sogleich durch Pris’ häufige und beiläufige Erwähnung von Kindermädchen, Gouvernanten und Hauslehrern sowie Stallburschen wieder entkräftet.
Da er selbst Einzelkind war, verspürte er einen Stich des Neides angesichts ihrer Kindheitserinnerungen. Sie hatte stets alles mit ihrem Zwillingsbruder geteilt - sie hatte jemanden, der dachte wie sie, der sich so verhielt wie sie -, und das ihr ganzes Leben lang.
Bis jetzt. Er war nicht überrascht gewesen, als sie schließlich in trauriges Schweigen verfiel; als sie gerade die Auffahrt nach Carisbrook House erreicht hatten, blickte sie ihn an und fragte: »Du glaubst auch, dass er unschuldig ist, nicht wahr?«
Er blickte ihr in die Augen, verstand in dem Moment nicht nur, weshalb sie gefragt hatte, sondern auch, was seine Antwort für sie bedeuten würde, sodass er mit einem Mal für seine Vergangenheit dankbar war. »Ich weiß, was es bedeutet, in solche Machenschaften hineingezogen zu werden. Schuldlos oder auch nicht ganz so schuldlos, wie es bei mir der Fall war - es kommt ein Zeitpunkt, da es dich zu verschlingen droht. Dein Bruder war so vernünftig und stark genug, sich aus eigenem Antrieb von den Machenschaften zu distanzieren, dafür kann ich ihn nur bewundern.«
In seinem Fall hatte er Flicks und Demons Hilfe benötigt, um sich zu befreien - es schien nur passend, dass er nun Russell Dalling half.
Als sie am Haus ankamen, fanden sie heraus, dass Lady Fowles und Adelaide zu Lady Morton gefahren waren. Dillon lief in der Halle ungeduldig auf und ab, während Pris rasch ihr atemberaubendes Kleid in Schwarz-Weiß gegen ein Reitkostüm tauschte, eine herrliche Kreation aus smaragdfarbenem Samt, dessen leuchtende Farbe durch das makellose Weiß ihrer Bluse noch unterstrichen wurde. Sie besaß eine bezaubernde Krause am Ausschnitt, die das Auge unwillkürlich zu dem tiefen Tal zwischen ihren Brüsten lenkte. Ebendieses Tal war zwar weitestgehend züchtig von dickem Samt bedeckt, aber seine Phantasie konnte das nicht aufhalten.
Sie hatten das Haus verlassen und waren zu den Feldern um Swaffam Prior geritten.
Als sie sich dem Dorf näherten, übernahm er die Führung. Um die Häuser machte er einen weiten Bogen und brachte Pris zu einer etwas abgelegenen Scheune. Sie saßen ab und gingen hinein; doch niemand war drinnen.
Es war das erste vieler solcher Gebäude, möglicher Verstecke, die sie überprüften. Selbst den entferntesten Schuppen, jeden Schober und jede verlassene Hütte oder Ruine suchten sie auf. Sie deckten dabei die ganze Gegend um Rigby Farm ab, blieben schließlich auf einer Anhöhe unweit des Anwesens stehen. Pris zeigte ihm Harkness, der gerade ein schwarzes Pferd begutachtete. Ratternd näherte sich eine Kutsche; Cromarty stieg aus. Er blieb stehen, um sich das Tier ebenfalls anzusehen, dann betrat er das Haus.
Dillon zog an Solomons Zügeln, um den Wallach ruhig zu halten. »Cromarty ist mir vorgestellt worden, ich habe ihn im Kaffeesalon und im Club gesehen, aber Harkness«, seine Stimme verhärtete sich, »habe ich nie getroffen.«
»Das ist ein echter Gewinn.« Pris wendete ihre Stute. »Er ist ein waschechter Widerling und außerdem ein Rüpel.«
Dank ihres weichen irischen Akzents fehlte es ihrem Urteil an Härte. Dillon beobachtete Harkness noch einen Moment, dann folgte er Pris den Abhang hinunter.
Sie setzten ihre Suche den Rest des Tages fort, bis die
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