Eine Nacht wie Samt und Seide
des Problems annehmen. Ich war einverstanden und bin gegangen. Ich hörte noch, wie er Anweisung gab, dass Harkness kommen solle.«
Russ machte eine kleine Pause, dann fuhr er fort: »Als ich in den Stallungen ankam, hatte ich ein komisches Gefühl, das sich einfach nicht abschütteln ließ. Irgendetwas stimmte da nicht -hätte Cromarty nicht wenigstens versuchen müssen, meine Vorwürfe zu entkräften, als Phantasterei abzutun? Aber er saß einfach da und staunte über meine Enthüllungen. Er hat nicht ein einziges Mal Einspruch erhoben. Und er hat mich auch nicht nach den Details gefragt.« Seine Lippen wurden schmal. »Ich bin nicht in mein Zimmer zurückgegangen, sondern habe mich versteckt, bis ich Harkness hineingehen sah. Dann bin ich um das Haus herumgeschlichen und habe unter dem Fenster von Cromartys Arbeitszimmer gelauscht.«
Russ atmete tief ein und wieder aus. »Ich habe gehört, wie Cromarty Harkness berichtet hat, dass ich von ihrem Betrugsmanöver wisse, dann haben sie besprochen, wie sie mich am besten loswerden und zum Schweigen bringen. Ich bin nicht geblieben, um zu erfahren, für welche Methode sie sich entschieden haben. Ich bin zu meiner Unterkunft gerannt und habe meine Siebensachen gepackt, bin in die Nacht aufgebrochen.«
»Wohin bist du gegangen?«, erkundigte sich Pris.
Russ grinste. »Ich habe die erste Nacht in der Kirche von Swaffam Prior verbracht. Ich dachte mir, dass es der letzte Ort sei, wo Harkness und Crom nach mir suchen würden. Danach bin ich entweder in der Nacht weitergezogen oder während der Trainingszeit. Aber ich wusste, ich musste Beweise sammeln, unwiderlegbare Beweise für das, was vor sich ging.« Sein Blick glitt zu Dillons Gesicht. »Bis ich genug beisammen habe, dass Cromarty, Harkness und Crom verhaftet werden können - ist es zu gefährlich, die Deckung zu verlassen.«
Dillon erwiderte Russ’ Blick und war froh, dass er - anders als seine Schwester - einen gesunden Respekt vor den Gefahren hatte, mit denen sie sich konfrontiert fanden. Er hatte eine konkrete Vorstellung davon, wenn man die Furcht, die tief in seinen grünen Augen lauerte, als Gradmesser nehmen konnte. Russ hatte dem Tod um wenige Minuten ein Schnippchen geschlagen und wusste es. Der Pferdesport war als der Sport der Könige bekannt, und genau wie die Könige, die ihn eingeführt hatten, besaß der Sport eine dunklere Seite.
Dillon lehnte sich zurück und nickte. »Was also haben wir? Sie haben ein erfolgreiches Tauschmanöver beobachtet, das mit Flying Fury, aber wir haben keinen Beweis dafür.«
Russ nickte.
»Sie wissen um ein weiteres Manöver der Art, das aber gerade erst vorbereitet wird. Blistering Belle - und ich weiß auch genau, in welchem Rennen sie sie auswechseln: im Oktoberrennen.«
»Richtig. Bis dahin wird sie in drei weiteren Rennen gelaufen sein und mit meilenweitem Vorsprung gewonnen haben. Sie wird als Top-Favoritin an den Start gehen, daran besteht kein Zweifel.«
»Aber dieses Mal werden wir einen Beweis präsentieren können - Sie können die echte Blistering Belle von ihrem Doppelgänger unterscheiden.«
»Aber«, wandte Russ ein, »wir brauchen beide Pferde, um den Austausch zu beweisen. Einfach nur auf ein Pferd zu zeigen, ob es nun Belle ist oder das andere, beweist gar nichts. Wir haben aber nicht beide Pferde. Ich habe versucht, herauszufinden, wo Harkness und Crom die Doppelgänger und die Champions verstecken, wenn sie nicht im Stall stehen. Ich weiß, in welche Richtung sie wegreiten, aber ohne Pferd konnte ich ihnen nicht folgen.«
Dillon nickte. »Das ist etwas, das wir nun herausbekommen können.«
Nach einem Augenblick schaute er auf und sah, dass Russ ihn mit gefurchter Stirn betrachtete. Er hob fragend die Brauen.
»Sie scheinen mir überaus bereitwillig zu glauben und die Sache ernst zu nehmen.« Russ blickte zu Pris, dann wieder zu Dillon. »Warum? Es ist eine absolut unwahrscheinliche Geschichte, sie könnte völlig aus der Luft gegriffen sein.«
Dillon lächelte. »Einmal abgesehen von dem Umstand, dass Ihre Schwester mich genötigt hat, bei Ihrer Rettung zu helfen, ist das, was Sie in Erfahrung gebracht haben, die andere Hälfte dessen, was wir - ich und einige andere Herren - ohnehin gerade untersucht haben.« Kurz schilderte er die Ereignisse, die Gerüchte über die Rennen im Frühjahr, wie er gebeten worden war, der Sache nachzugehen, und wie die ersten Nachforschungen Barnabys wenig zu Tage gefördert hatten. Und dass ironischerweise
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