Eine naechtliche Begegnung
einfuhren.
»Ich werde mein Geld bekommen«, sagte sie nach einer Weile. »Und dann«, sie atmete stockend, »werden wir sehen, wer diese Ehe löst. Auch eine Frau kann eine Annullierung beantragen. Vielleicht kann Daughtry mich beraten, wie ich dich wieder loswerde!«
Ein kaltes Lachen entfuhr ihm. Großartig. Das war wirklich großartig. Vor nicht einmal sechs Stunden hatte sie noch an seinem Hals gekichert, und jetzt wollte sie ihn verlassen. »Er wird dich ganz sicher nicht beraten.«
Sie schlug mit der Hand auf den Sitz. »Wer bist du, dass du mich aufhalten könntest!«
Er beugte sich zu ihr vor. Mit Zorn kam er zurecht. Zorn war sehr viel einfacher. »
Dein Ehemann, der Earl of Rushden!
«
Sie starrte ihn an. »Und ich bin die Countess«, sagte sie schwach.
»Ganz recht«, sagte er. »Was auch immer das Gericht entscheidet, wer du bist,
das
wird sich nicht ändern. Ich bin Rushden und du bist meine Frau. Und wenn du glaubst, dass mir das keinen Vorteil über dich verschafft, dann bist du naiver, als ich gedacht habe.«
Jetzt schlug sichtbar in ihrer Kehle ein Puls. »Ich bin weit davon entfernt, naiv zu sein«, sagte sie. »Endlich sehe ich, wer du wirklich bist.«
»Oh? Und deshalb glaubst du, dass du mir nicht trauen kannst? Wirklich, Nell«, sagte er, »seit du mein Haus betreten hast, hätte ich tausend schlimmere Dinge mit dir tun können, als dich zu bitten, mich zu heiraten. So leicht, so leicht hätte ich dich missbrauchen können. Du warst niemand – hattest keinen Namen – und hast damit gedroht, einen Angehörigen des britischen Hochadels zu töten. Meine Dienerschaft hätte dir nicht geholfen. Das Gesetz hätte dir nicht geholfen, und das wusstest du damals. Du warst nicht so naiv. Aber du bist trotzdem geblieben, und warum? Weil du mir vertraut hast. Du hattest das Vertrauen, dass ich dir nichts tun würde. Und habe ich dein Vertrauen enttäuscht? Habe ich je die Hand gegen dich erhoben oder dich meine Macht spüren lassen?«
Ihr Gesicht verlor jede Farbe, ihre Augen waren weit aufgerissen. »Was jetzt? Soll ich dich dafür bewundern, dass du nicht den Mistkerl gespielt hast?«
»Nein«, sagte er scharf. »Und bewundert hast du mich nie. Aber du hast dich auf dein Vertrauen zu mir verlassen, und das tust du immer noch, auch wenn du es nicht zugibst, selbst in diesem Augenblick. Die Kutsche, in der du sitzt, das Haus, in das du zurückkehrst, die Schlösser an der Tür zu deinem Schlafzimmer, selbst die Kleider, die du trägst, all das gehört mir. Ich kann es dir wegnehmen oder gegen dich verwenden. Ich kann die Türen abschließen und den Bediensteten befehlen, dich einfach zu vergessen. Ich kann alles tun, was ich will. Und trotzdem zitterst du nicht vor Angst!«
»Vielleicht sollte ich das«, flüsterte sie.
»Dann entscheide dich«, fuhr er sie an. »Was ist es? Zitterst du? Bin ich der Bösewicht, der dein Vertrauen nicht verdient? Oder bist du vielleicht selbst böse – zu feige, um deine eigenen Gefühle anzuerkennen, obwohl ich bewiesen habe, dass ich dein Vertrauen verdiene?«
Der Wagen kam ruckelnd zum Halten. Es wurde furchtbar still.
»
Was ist es?
«, fragte Simon.
Nell öffnete die Lippen einen Spalt und presste sie dann stumm aufeinander.
»Schön.« Er lehnte sich zurück. »Sehr gut. Dann werde ich dir die Last deiner Feigheit abnehmen. Ich spiele gerne den Bösewicht. Du wirst mich nicht verlassen, Cornelia St. Maur. Du bleibst bei mir, ob du willst oder nicht.«
Die Wagentür öffnete sich. Sie sah ihm in die Augen, ihr Gesicht eine ausdruckslose Maske. Sie machte keine Anstalten aufzustehen.
»Na los«, sagte er barsch. »Geh ins Haus. Du weißt jetzt, dass ich dich nicht gehen lasse. Du hast keine Wahl.«
Ein Schaudern durchfuhr sie. Dann sprang sie auf die Füße und glitt die Trittstufen hinunter. Als der Diener auch Simon helfen wollte, winkte er ab und starrte ausdruckslos auf den Platz, wo sie gesessen hatte.
Sein Zorn war verraucht. Plötzlich empfand er nur noch Abscheu.
Der Earl of Rushden
. Ganz genau, dachte er düster. Nie hatte er sich seinem Vorgänger so verwandt gefühlt. Seine Worte hätten aus dem Mund des alten Rushden kommen können.
Du hast keine Wahl
.
Hatte sie diesen Akt der Tyrannei von ihm verlangt? War sie so an Raufbolde gewöhnt, dass sie seinen Drohungen mehr Glauben schenkte als seiner Bitte um Vergebung? Sollte er seine Liebe besser nie wieder erwähnen und stattdessen von Lust und Besitzgier sprechen?
Möge Gott ihm
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