Eine riskante Affäre (German Edition)
erkannt hast. In London gibt es nicht viele Männer von seiner Größe.«
»Ich habe sein Gesicht nicht gesehen.« Wenn sich der britische Geheimdienst für Jess interessierte, steckte sie in großen Schwierigkeiten. »Wieso setzt der Geheimdienst seinen besten Außenagenten auf eine Londoner Taschendiebin an?«
»Es wird dich überraschen, wenn ich dir verrate, dass sie nicht einfach nur eine Londoner Taschendiebin ist.« Adrian nahm die Karaffe und schenkte sich ein, wobei er exakt auf halber Höhe des Glases aufhörte, als hätte es eine unsichtbare Markierung an der Seite. »Doyle spricht übrigens in den höchsten Tönen von ihr. Er hat es geschafft, sich auf ihre Gehaltsliste zu mogeln, wodurch er noch reich werden würde, sagt er.«
»Warum hatte sie es auf meine Taschen abgesehen?«
»Wegen eines unwiderstehlichen Interesses an deren Inhalt, würde ich meinen. Sie denkt auf höchst liebenswerte Art geradeaus.«
»Wieso?«
»Das wissen wir nicht. Sie vertraut ihre Mädchengeheimnisse Doyle nicht an. Es dürfte sich um etwas handeln, das gut in eine Tasche passt. Sollen wir mal nachsehen? Leere sie aus, dann wissen wir’s.«
Zur Hölle mit Adrian. »Du willst wissen, was in meinen Taschen steckt?« Widerwillig erhob Sebastian sich vom Bett. Sein Mantel und seine Jacke lagen über dem Stuhl, nass und von der Auseinandersetzung schmutzig und blutig. Er angelte einen Geldbeutel heraus und schüttete sich den Inhalt in die Hand. »Fünf Schilling. Eine Half Crown. Ein halber Penny.« Er klatschte das Geld auf den Tisch. »Und in den Taschen haben wir … ein paar Pence … und noch einen schmutzigen halben Penny. Macht sieben Schilling und neun Pence. Wir können einen ganzen Laden aufkaufen. Was noch? Eine silberne Uhr.« Er zog sie heraus und legte sie neben die Münzen. »Wenn du meine Taschen ausgeräumt haben möchtest, warum greifst du nicht selbst hinein?«
»Ich bin nicht derjenige, der lange Finger bei dir zu machen gedenkt, sondern Jess. Also was noch?«
»Wenn dies eins von deinen Spielchen ist, drehe ich dir den Hals um.« Er kehrte die Taschen seiner Jacke auf links und legte den Inhalt zu den übrigen Sachen. »Klappmesser. Schlüssel für die Geldkassette in meinem Schreibtisch zu Hause. Hausschlüssel. Und jetzt stoßen wir auf eine Goldgrube – ein Brief von Cousine Penelope aus Little Thrushing, Hants. Sie legt immer Rosen hinein. Das dürftest du äußerst spannend finden.«
»Überaus. Was ist mit den anderen da?«
Kurz vor Verlassen des Verschiffungsbüros hatte er noch ein paar Dokumente eingesteckt. »Eine Rechnung über den Verkauf von Orangen. Eine Quittung für dreihundert Meter Seil. Eine Kopie des Frachtbriefs für ein paar Möbel, die ich nach Schottland verschifft habe.« Er ließ sie auf den Tisch fallen. »Das ist alles. Was geht hier vor? Ich möchte die Kurzfassung.«
»Bei Jess gibt es leider keine Kurzfassung.« Adrian suchte nach Antworten, wofür er die Papiere mit einem Finger umdrehte. »Nicht besonders vielversprechend. Was hofftest du, in den Taschen meines Freundes zu finden, Jess? Er hat deine sprunghafte Aufmerksamkeit erhalten, was ich wirklich höchst interessant finde.«
»Sie ist keine Taschendiebin. Auch nicht deine Agentin. Ist sie eine Dirne?«
»Gütiger Himmel, nein! Wie kommst du denn auf die Idee?« Mit dem Glas in der Hand suchte sich Adrian seinen Weg durch die Kajüte. »Ich bin sicher, dass auf der Katherine Lane Dutzende anständiger Frauen zu finden sind. Du hast hier jede Menge Kisten gestapelt.« An der Bordwand waren drei lange, flache Holzkisten festgezurrt. »Ich würde mich ja nicht gerade als Experten bezeichnen, doch ich bezweifle kaum, dass die in das große, feuchte Loch da unten gehören … den Frachtraum.«
»Es handelt sich um ein römisches Wandgemälde aus einem Landhaus, das Napoleon bei Mailand ausgeplündert hat. Ist für einen Sammler in Hampstead bestimmt und genauso viel wert wie die ganze übrige Fracht. Ich würde es mir nachts unters Kopfkissen stopfen, wenn es denn passte. Warum hat der Geheimdienst Jess ins Visier genommen?«
»Wahrscheinlich läuft es auf deiner Ladeliste unter › Ballast‹. Das in den sogenannten ehrbaren Kaufmannskreisen übliche Umgehen des Zolls … «
»Ich möchte nicht über das Umgehen von Zoll mit dir reden«, erwiderte Sebastian.
Adrian nahm einen weiteren langen Schluck. Alkohol hatte ihm noch nie etwas ausgemacht. Schwer zu sagen, warum er sich so zierte. »Doyle hat einen der
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