Eine riskante Affäre (German Edition)
– , und ich habe mich geweigert, das für sie zu erledigen. Momentan bin ich im Ministerium kein besonders gern gesehener Gast.« Adrian ließ das Messer im Ärmel verschwinden. »Colonel Reams vom Militärgeheimdienst steckt voller Pläne für Jess. Wir sind uns doch darüber einig, dass Colonel Reams Jess nicht in die Finger bekommt, oder?«
»Na schön. Vergessen wir die Meeks Street.« Er wusste bereits, wohin sie fuhren, und fragte sich, wie lange es dauern würde, bis Adrian damit rausrückte.
»Dann haben wir da noch das Hotel in Bloomsbury. Wo die Whitbys immer absteigen, wenn sie in London sind. Dort könnte ich sie wohl hinbringen.«
»Um ihre Entführung etwas komfortabler zu gestalten.«
»Stimmt leider.« Adrian hob den Ledervorhang vor dem Fenster. Sie hatten die Gassen und Lagerhäuser am Kai schon hinter sich gelassen. Vor ihnen markierte eine Kette winziger heller Punkte die Westminster Bridge in der Ferne. »Ich schicke sie mit zu dir nach Hause.«
Was nur logisch war. »Ich will sie nicht.«
Ihm war kalt, außer an den Stellen, wo er das Mädchen fest umschlungen hielt. Er hatte sich viel zu lange am Mittelmeer aufgehalten. Auch Jess würde in diesem grauen Nebel frieren. Er zog seinen Mantel noch enger um sie. Seltsam, wie deutlich er ihren Atem spüren konnte.
So viel Raffinesse und unbekümmerter Mut in diesem kleinen Bündel! Jess ließ sich von ihrem Vater benutzen, um Verrat an England zu begehen. Gott allein wusste, wie groß der Schaden war, den sie angerichtet hatte.
Adrian gab vor, die Straße zu beobachten. »Eunice wird sich liebevoll um Jessies lädierten Kopf kümmern, und der kunterbunte Piratenhaufen, den du Dienerschaft nennst, kann sie bewachen. Sogar der Militärgeheimdienst wird die Finger von ihr lassen, solange sie unter Eunices Schutz steht.« Er ließ den Vorhang fallen. »Ich brauche jemanden, dem ich sie anvertrauen kann. Und das bist du.«
»Glaubst du etwa, ich ändere meine Meinung über Whitby, weil du mir seine heiratsfähige Tochter in den Schoß wirfst?«
»Sie dir in den Schoß werfe? Mein lieber Sebastian, ich … «
»Das funktioniert nicht.«
5
Meeks Street
Josiah Whitby legte Kohlen nach. Ein armseliges, stinkendes Feuer kam dabei heraus, wenn man Kohlen nahm, aber sie hatten ihm kein Holz in das Arbeitszimmer gebracht, auf das sie seinetwegen verzichteten. Durch geduldiges Abkratzen und Schleifen konnte man nämlich aus einem Stück Holz eine scharfe Waffe herstellen, war man verzweifelt und entschlossen genug und wusste sonst nichts mit seiner Zeit anzufangen. Hier in der Meeks Street unterschätzte man seine Gäste nicht.
Das war es, was Jess nicht sehen würde. Sie würde nie zugeben, dass Josiah Whitby einen hervorragenden Kandidaten für diesen Verräter abgab. Nie würde sie auch nur den Hauch dieser Möglichkeit in Betracht ziehen. Der Geheimdienst wusste, was für ein Mensch er war. Jess würde es niemals merken.
Neuerdings war ihm morgens immer kalt. Ein Mann wurde alt, ohne dass er davon etwas mitbekam.
Dass er am Strick baumeln sollte, bereitete Josiah keine große Sorge. Er war lange genug im Osten gewesen, um zu wissen, dass ein Mensch seinem Schicksal nicht entrinnen konnte. Doch er wollte Jess nicht allein lassen. Nicht jetzt, da Cinqs Interesse an den Whitbys geweckt war. Nicht in England, wo die Aasgeier schon kreisten.
Also machte er sich Sorgen. Etwas anderes konnte er hier auch kaum tun. Na ja, Jess brachte ihm Warenverzeichnisse und Ladelisten, damit er immer beschäftigt war. Ein gutes Mädchen, seine Jess. Doch das Kontor war ihr Spezialgebiet. Er bevorzugte Dinge, die man in der Hand halten und von Angesicht zu Angesicht verkaufen konnte. An den vielen Zahlen auf dem Papier hatte er nie Gefallen finden können.
Hurst – der sich heutzutage Adrian Hawkhurst nannte – hatte sich zwar noch gar nicht für seine Verhaftung entschuldigt, doch wohl war ihm nicht dabei gewesen. Sie wussten beide, dass er nicht anders konnte. Die Gitter vor dem Fenster sollten den Militärgeheimdienst genauso aus-, wie ihn, Josiah, einsperren. Ohne sie würde er jetzt Gespräche mit Colonel Reams im Keller von Horse Guards führen. Auch das war etwas, was Jess nicht erkennen würde.
Sie würde etwas Dummes anstellen, seine Jess, weil sie so wütend auf Hawkhurst war. Sein Mädchen war nicht der richtige Typ für Ärger. Damit konnte sie nicht umgehen.
Hawkhurst ließ ihm jeden Morgen die Zeitungen bringen. Auch jetzt lagen sie auf dem
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