Eine Rose fuer Captain Sparhawk
hatte. Er würde jede Gelegenheit nutzen, um britischen Besitz an sich zu bringen, und dabei würde niemand jemals seine Tapferkeit oder Loyalität anzweifeln können.
Jedenfalls bis jetzt nicht.
Er wusste, dass das Mädchen auf eine Antwort wartete. Mit ihren großen Augen sah sie ihn vorwurfsvoll an, und er presste die Lippen zusammen. Was war nur los mit ihm? Wenn er es zuließ, dass er sentimental und weich wurde wegen einer kleinen Engländerin, die um ihre chinesischen Vasen trauerte, war er als Kaperfahrer nicht geeignet. Dann sollte er an die Narragansett Bay zurückkehren und vielleicht Schäfer werden auf Patience Island, bis der Krieg vorüber war.
Zum Teufel mit Lily und ihren Flügeln, es war alles ihre Schuld, einfach alles!
Er zog den Hut tiefer ins Gesicht und zuckte zusammen, als er die kaum verheilte Wunde an seiner Stirn berührte. Der Nasenrücken des Mädchens war von der Sonne verbrannt, die Haut war rosig und glänzte.
„Ich habe nicht die Absicht, Sie für immer zu behalten, wissen Sie“, erklärte er grob. „Nur, bis ihr Herr Papa ein entsprechendes Lösegeld herausrückt hat.“
Sie betrachtete ihre Hände. „Oder bis meine Freunde aus St. Lucia hinter Ihnen her sind.“
„Das ist nicht sehr wahrscheinlich“, spottete Nick. „Die dicken Kaufleute aus Cul de Sac Roseaux sind schon seit dem letzten Sommer hinter mir her, und Sie sehen ja selbst, wie erfolgreich sie dabei waren.“
„Der Gentleman, den ich heiraten werde, ist kein dicker Händler.“ Sie sprach schnell und atemlos, und Nick musste sich anstrengen, um sie zu verstehen. „Es ist Captain Lord Eliot Graham von Seiner Majestät Fregatte Goliath , und ich glaube, dass seine Kanonen Sie für Ihr bisheriges Glück entschädigen werden.“
Nick blickte missbilligend auf sie hinunter. Sein Glück hatte ihm einen adligen Dummkopf auf einer Fregatte beschert, der nach seinem Blut gierte, und das hatte er den beiden Miss Everards zu verdanken. Und es gab nichts, was er daran ändern konnte.
Vor Wut und Enttäuschung ließ Nick eine solche Flut von Schimpfwörtern gegen die britische Marine im allgemeinen und die dubiosen Vorfahren von Captain Lord Eliot im besonderen los, dass er selbst Gideon ein bewunderndes Lächeln entlockte. Die Miene des Mädchens änderte sich nicht, aber ihr blasses Gesicht wurde so rot wie die Haut auf ihrer Nase.
„Verzeihen Sie mir, wenn ich Sie in Verlegenheit gebracht habe, Miss Everard“, sagte Nick schließlich, als er sich erleichtert, doch kein bisschen reumütig fühlte. „Aber bis Ihr höchst ehrenwerter Dummkopf Sie befreit, müssen Sie sich mit der etwas rauen Lebensart hier an Bord begnügen.“
„Wie Sie wünschen, Captain“, erwiderte sie so kalt, dass ihm ein Schauer über den Rücken lief. „Ich verzeihe Ihnen alles, was Sie wollen. Natürlich nur so lange, wie Sie mir verzeihen.“
Sie hob mit einer Hand ihre Röcke und eilte auf das Fallreep zu, den Kopf so hoch erhoben, als gehörte die Angel Lily noch immer ihrem Vater, während zwei Seeleute mit ihrem Koffer folgten. Nick stieß einen weiteren Fluch aus, der sich gegen alle dreisten britischen Frauen mit Blumennamen richtete, dann machte er auf dem Absatz kehrt und stapfte in die entgegengesetzte Richtung über das Deck.
Er kämpfte schon seit drei Jahren gegen die Briten. Warum nur beschlich ihn dann das Gefühl, als hätte der Krieg gerade erst begonnen?
4. KAPITEL
„Jawohl, Miss, dies ist Ihre Kabine.“ Hobb stellte den schweren Koffer auf den Boden und schob ihn durch die Tür. „Mr Cole ist ausgezogen, damit Sie einen Raum für sich allein haben können.“
„Das war sehr freundlich von Mr Cole“, sagte Rose mit schwacher Stimme, als sie an Hobbs breiten Schultern vorbei in ihr neues Quartier spähte. „Ich muss mich unbedingt bei ihm bedanken.“
Hobb schüttelte heftig den Kopf. „Oh nein, Miss, der Einfall stammt nicht von Mr Cole. Der Kapitän hat befohlen, dass Sie eine eigene Kabine bekommen sollen, weil Sie doch eine Lady und Sir Edmunds Tochter sind. Bedanken Sie sich bei dem Kapitän.“
„In der Tat.“ Rose erschien das Wort Kabine zu gewaltig für diesen winzigen dunklen Raum, der sich eng an die gebogene Bordwand des Schiffes schmiegte. Entlang des Schotts war eine Koje mit einer Matratze angebracht, dann gab es noch einen fleckigen Spiegel sowie ein einfaches Regal. Der Raum war so klein, dass jetzt, da der Koffer auf dem Boden stand, nur wenige Zentimeter frei waren. Sehnsüchtig
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