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Eine Rose im Winter

Eine Rose im Winter

Titel: Eine Rose im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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jungen Mann wohl kaum aus der Stube schicken, damit seine Augen am Anblick von dessen Schwester sich erfreuen konnten. Es war offensichtlich, daß der Bruder zu bleiben beabsichtigte und den Gast mit seinen Manieren beeindrucken wollte. Doch Lord Talbot kannte die Grenzen seines Temperaments und beschloß, daß im Augenblick ein taktvoller Rückzug das klügste sei. Und letztlich gab es noch viel nachzudenken über die Tochter des Bürgermeisters, ehe er sich zu irgendeiner Handlung entschloß, die ihn sicher zum Ziel brachte.
    »Ich kann nicht zum Tee bleiben«, verkündete er. Seine Stimme war kurz angebunden und erregt. »Zweifellos wird meine Tochter sich schon fragen, was mich aufhält. Da ich morgen nach London reisen muß, werde ich Ihren Vater aufsuchen, wenn ich zurückkehre. Ich bin sicher, die Angelegenheit wird solange Zeit haben.«

Drittes Kapitel
    In diesen Monaten, kurz vor dem Winter, würde Futter alles andere als üppig sein, und demgemäß trieb man Herden und Scharen von Schafen, Schweinen, Gänsen und anderes Viehzeug in die Städte und Weiler, um sie auf den Märkten und der Kirmes zu verkaufen. Viehtreiber stießen die Tiere voran, während der Staub um sie herum in Wolken aufwirbelte. Wenn auch in geringerem Ausmaß, so war der Anblick in Mawbry genauso vertraut wie in York oder London, denn nur ein Narr übersah die Notwendigkeit, in Kellern und Speisekammern für das kalte Wetter vorzusorgen.
    Erienne hatte sich entschlossen, für ihre Familie ein kleines Schwein zu erwerben; das war das Beste, was sie mit dem wenigen Geld kaufen konnte. Sie konnte es nicht über sich bringen, es selbst zu schlachten, und so kratzte sie ein paar Shillinge für den herumziehenden Schweineschlächter zusammen. Am Abend, bevor er kam, erklärte Avery mürrisch, es sei Frauenarbeit, für das Essen zu sorgen, und aus Sorge, daß ihm Arbeit zufallen würde, nahm er Farrell mit sich, um nach Wirkinton zu gehen, für einen Tag von ›Versammlungen‹, wie Avery es ausdrückte.
    Der fleißige Metzger erschien mit der Dämmerung, und Erienne blieb im Haus, bis er mit seiner Arbeit fertig war. Sie hatte geröstete Körner vorbereitet, um eine gestopfte Blutwurst zu kochen; da dies jedoch nicht zu ihren Lieblingsspeisen gehörte, fiel es ihr schwer, ihren Magen zu bezwingen. Auch das Ausweiden für Würste war nicht weniger gräßlich. Lange Schwarten und größere Stücke Fleisch wurden in ein Fass zwischen Lagen von Salz gepackt, während sie weiter das Fett von den anderen Stücken abschnitt. Sobald das Fleisch zurechtgeschnitten war, wurde es in dem Fass mit einem Stein zusammengedrückt, und das Ganze randvoll zum Pökeln mit Salz gefüllt.
    In einer nach einer Seite geöffneten kleinen Hütte, die für solche Zwecke verwendet wurde, fachte Erienne ein Feuer an, hing einen Kessel darüber und fing an, den Talg zu Schmalz auszubraten. Die kleinen Stückchen Fleisch, die an den Brocken Talg hingen, schwammen oben und mußten abgeschöpft werden, sonst hätte sich ein Schaum gebildet, und das Schmalz wäre verdorben. Wurden diese Stücke jedoch auf einem Tuch abgekühlt, dann waren es würzige, knusprige kleine Häppchen.
    Der Hund aus dem Nachbarhaus ließ keinen Blick von ihr, und als sie ihm den Rücken kehrte, wand er sich unter dem Zaun hindurch und kam mutig näher. Er ließ sich nieder, hob seine feuchte Nase in die Luft, um den herüberwehenden Duft zu prüfen. Dann ließ er seinen schweren Kopf sinken, bis er auf den ausgestreckten Pfoten ruhte. Seine Stirn zuckte, als seine Augen jeder ihrer Bewegungen folgte. Sobald sich die Gelegenheit ergab, rutschte er näher und packte sich mit seinem großen Maul ein Stück. Wie ein Blitz rannte er davon, wenn sie ihm mit dem Besen drohte und schrie, sie würde ihm den Schweineschlächter nachschicken. Zweifellos verschüchterten ihn ihre Drohungen nicht, denn bald kam er wieder herbei, um sich auf dem Fleck hinzulegen, von wo aus er sie wieder beobachten und die unwiderstehlichen Gerüche schnuppern konnte.
    Die Luft war schneidend; aber Erienne spürte bei ihrer Arbeit die Kälte kaum. Ja, sie hatte sich sogar die Ärmel ihres abgetragenen Kleides aufgerollt, und nur mit einem leichten Hemd unter dem Gewand trotzte sie der kalten Brise. Hin und wieder bewegte sie die gelockten Strähnen ihres Haares, das ihrem schützenden Kopftuch entkam. Sie war in Eile, denn sie wollte mit ihrer Arbeit fertig werden, bevor der Abend kam, und deshalb wünschte sie nur, daß nichts

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