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Eine Sacerda auf Abwegen

Eine Sacerda auf Abwegen

Titel: Eine Sacerda auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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und
konnte sich vollkommen von der Zivilisation abwenden.
    Ich möchte
nach Hause! , dachte sie von plötzlicher Traurigkeit überkommen, als wäre
sie ein kleines verlorenes Kind, das aus ihrer sicheren Umgebung gerissen
worden war und nun vor Heimweh beinahe umkam.
Sie war gefangener denn je. Manasses würde nicht zulassen, dass sie sich weiter
in ihrem abgeschiedenen Zuhause versteckte. Nicht wenn die Möglichkeit bestand,
dass er sie mit einem Immaculate verbinden konnte. Juno spürte, wie Tränen
lautlos aus ihren Augen rannen, die der Wind eintrocknen ließ und die von ihren
wehenden Haaren verwischt wurden. Sie hatte beinahe schon verlernt zu weinen.
Es hatte sie nach dieser Nacht eine Zeitlang immer wieder krampfartig
überfallen, bis sie gelernt hatte, sich von allem zurückzuziehen.
    „Zuhause in
der Bretagne kann ich draußen auf der schmalen Plattform stehen… Ich wohne in
einem Leuchtturm, der direkt auf einer Landzunge steht… Wenn es stürmt, dann
rauscht das Meer so laut wie ein Ungeheuer…“, sprach Juno leise wie zu sich
selbst, sie wusste nicht, ob er zuhören würde oder sie einfach nur sich selbst
überlassen wollte, weil er seinen eigenen Frieden suchte.
Juno zerrte an der Kette um ihren Hals und zog sie schließlich über den Kopf,
um sie mit einer Hand zu umschließen und den Anhänger dann hin und her baumeln
zu lassen, wobei sie die Hand nach draußen streckte. Sie sollte sie einfach
wegwerfen. Wäre es ein Unterschied, ob sie jetzt oder, wie von ihr behauptet,
schon vor Jahren von den Fluten des Atlantiks verschlungen werden würde?
Juno ballte die Hand fest zusammen, weil sie praktisch ihr eigenes Leben in der
Hand hielt. Sollte sie alles hinter sich lassen?
    Wunderschön.
Murchadh hatte während der Überfahrt mit der Fähre und dem Aufstieg in die
Krone der Statue kaum Notiz von Juno genommen. Er war mit sich selbst
beschäftigt und hatte sich nicht einmal gefragt, ob Thibault nach ihm suchte.
Immerhin trug er ja noch dessen Anzug. Aber bei drei Stück pro Jahr konnte er
diesen einen wohl gepflegt verschmerzen.
Nun stand er da. Mit etwas Abstand zu ihr, die hinaus durch eines der
Gucklöcher auf den Ozean sah. Das Tier in ihm fühlte ihre Trauer, die sie in
großen Wellen überkam. Ähnlich denen dort unten, die sich an den Kaimauern der
kleinen Insel brachen. Doch erst als sie den Hut abnahm und ihr langes,
goldenes Haar im Wind zu tanzen begann, hatte sie seine volle Aufmerksam.
Schritt für Schritt kam er ihr näher. Vollkommen fasziniert von ihrer schlanken
Gestalt. Mit hypnotisiertem eisblauen Blick. Er konnte die Tränen riechen, die
im salzgeschwängerten Wind auf ihrem Gesicht trockneten. Sie sollte nicht
weinen. Eine so schöne Frau sollte nicht so traurig sein.
    “Haben Sie
keine Angst? - So allein dort draußen. Das Ungeheuer könnte Sie und Ihren
Leuchtturm fressen. Das Meer ist unberechenbar, sagt man.”
    „Angst… nein…
Das Meer kann gar nicht wild genug toben…“, murmelte Juno versonnen und
erwähnte nicht, dass sie sich schon sehr oft gewünscht hatte, die tosenden
Fluten würden sie verschlingen und nie wieder freigeben. Sie war vielleicht
schwach genug, um ertrinken zu können.
    Nicht darauf
achtend, was sie aus dem Fenster hielt, um es fortzuschmeißen, trat er von
hinten ganz nah an sie heran und umfasste sanft ihre Schultern. Sofort mischte
sich unter den Geruch des Ozeans und der metallischen Kälte, die die Statue
ausstrahlte, etwas anderes. Minziges. Viel intensiver als das. Eher wie Menthol
und Meer zusammen. Er reagierte auf sie. Komischerweise kümmerte ihn das nicht.
Stattdessen umfasste er ihre Schultern ein wenig fester und zog sie an seine
starke Brust, während er seine Wange dicht an ihren Kopf schmiegte, um den Duft
ihrer Haare in sich aufzunehmen der für ihn wichtiger war als alles andere.
    Juno nahm
einen zitternden Atemzug, als sie seine Hände auf ihren Schultern spürte. Sie
hielt absolut still, völlig von seiner plötzlichen Nähe überrumpelt. Sie
schloss die Augen und hielt den Atem an, um sich auf die panische Reaktion
einzustellen und ihm nicht wegen einer unbedachten Bewegung Knochen zu brechen.
Sie hatte ihm anscheinend doch den falschen Eindruck vermittelt. Er konnte
nichts dafür, dass sie nicht normal war. Neue Tränen brannten in ihren Augen,
als er sie enger an sich zog und seine Wange an ihre Haare schmiegte. Eine
Geste, die sie von keinem anderen angenommen hätte. Sie war nicht überrascht,
dass ihr Körper darauf

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