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Eine Sache der Ehre. Zwei wahre Geschichten.

Eine Sache der Ehre. Zwei wahre Geschichten.

Titel: Eine Sache der Ehre. Zwei wahre Geschichten. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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schreibt Marullo, »sind die kaiserlich-spanischen Insignien, die sehr gut erhalten sind, und ein wirklich schönes Wappen mit einem Windhund darauf, der einen prächtigen Schild in den Pfoten hält; dort in der Mitte sind drei Reihen Türme nebeneinander auf ein breites Riff gesetzt. Auf dem Helmschmuck des Hundes steht das Motto: Molo mori quam foedari.«
     »Besser sterben, als entehrt zu werden«, ein schönes Motto, das die Sizilianer oft fälschlich mit »besser übel zugrunde gehen als den Mund aufmachen« übersetzen, was in unserer Gegend heißt, Öl aufs Feuer zu gießen.

    1840 veröffentlicht Carlo Ilarione Petitti di Roreto eine gewichtige Abhandlung mit dem Titel Della condizione attuale delle carceri e dei mezzi per migliorarla (Über die aktuelle Situation in den Gefängnissen und die Mittel, dieselbe zu verbessern). Darin untersucht er bis in die kleinsten Einzelheiten die unterschiedlichen zur damaligen Zeit gängigen Haftsysteme und die jeweiligen Theorien zur Bestrafung der Häftlinge. Eine dieser Methoden sah beispielsweise das Gemeinschaftsleben der Häftlinge sowie die ständige Verabreichung von Strafen vor; eine andere, die pennsylvanische Methode, vertrat hingegen die Totalisolation des Straftäters bei Tag und bei Nacht; eine dritte, die auburnsche genannt, verlangte die auf die Nachtstunden beschränkte Isolation und tagsüber Gemeinschaftsarbeit, gekoppelt jedoch mit Redeverbot, und so geht es weiter in diesem Stil. Zara bazàra (eine unübersetzbare Redewendung, die soviel bedeutet wie »du kannst es drehen und wenden, wie du willst, es ist immer die gleiche Scheiße«); hinter all diesen Theorien (die sich stets änderten, wie es in der harten Wirklichkeit eigentlich nicht der Fall ist) steckte die unverrückbare Überzeugung, das Verbrechertum sei unausrottbar, da der Verbrecher so etwas wie eine Naturkatastrophe, eine Überschwemmung oder ein Erdbeben, ein anormales Element im Korpus der Gesellschaft, ein Giftpilz in einem ansonsten kerngesunden Erdboden ist. Zum Zeitpunkt des Erscheinens von Carlo Ilarione Petittis Abhandlung ist Cesare Lombroso gerade mal fünf Jahre alt und von daher noch nicht in der Lage, seinen Beruf auszuüben. Die glückliche Begegnung mit der Hinterkopfrundung des Briganten Vilella brachte ihn Jahre später zu der Überzeugung, daß sich anhand der Anzahl der Brusthaare erkennen ließ, ob ein Individuum zum Verbrechertum prädestiniert war. Als wollte man sagen: Es ist eben Schicksal.
     Ich habe einige Zeilen zuvor den Begriff »Giftpilz« gebraucht, doch der Vergleich ist unpassend. Denn bis auf weiteres verhält es sich so, daß der Giftpilz tötet oder es zumindest beabsichtigt, aber er stiehlt nicht. Ein echter Delinquent ist jedoch derjenige, der es auf fremden Besitz abgesehen hat, das behaupten sämtliche Strafkodexe, auch der, der bis 1889 in Kraft war. Auf Diebstahl mit nur einem erschwerenden Umstand stand nämlich eine Strafe von drei bis zehn Jahren, für schwere, aber nicht lebensgefährliche Körperverletzung war eine Haftstrafe von einem Monat bis zwei Jahren vorgesehen. Für Eigentumsdelikte aber, die beim Täter einen gewissen Bildungsgrad voraussetzten, war die Strafe lächerlich: Was die gesellschaftliche Klasse betraf, stand diese Art von Dieb dem, der die Strafgesetze erlassen hatte, weitaus näher als der analphabetische Kartoffeldieb.
     »In Wirklichkeit«, schreibt Guido Neppi Modona in Carcere e società civile (Zuchthaus und Zivilgesellschaft), »interessiert sich niemand für die Gefangenen, sie stellen im Gegenteil für die machthabende Klasse eine Gefahr dar… Es darf also nicht verwundern, daß die Strafvollzugspolitik in Wirklichkeit darauf abzielt, die Gefangenenbevölkerung aus der Gesellschaft zu verstoßen, sie kaltzustellen und so zu halten, daß sie so lange wie möglich keinen Schaden anrichten kann, um sie dann geschwächt zu entlassen.«
     Man stelle sich vor, was für ein Luxus, wenn, wie im Fall der lebenslänglichen Haft, die Gefangenenbevölkerung gar nicht mehr entlassen werden mußte! Sie kleinzukriegen und zu willenlosen Arbeitsrobotern zu machen, dafür sorgte man sicherheitshalber sofort: Für die ersten sieben Jahre lebenslänglich waren Zellenhaft und Zwangsarbeit vorgesehen. Und hier gab es zwei Möglichkeiten: Entweder war der Gefangene nach einigen Jahren der Totalisolation davon überzeugt, eine Maus oder sonstwas zu sein, gab darum Arbeit und Verstand auf und beschränkte sich aufs Piepsen, oder er

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