Eine Schwester zum Glück
Zimmer, auf Mackies Seite, schlafend, meine roten Haare geglättet wie ihre, und in ihrem Schlafanzug.
Natürlich ging er davon aus, dass ich Mackie war. Er zögerte noch nicht einmal. Er ließ nur seine Tasche fallen und kletterte im Anzug aufs Bett, drückte seinen Körper an den seiner Frau, vergrub das Gesicht in ihrem Nacken, atmete sie ein, flüsterte etwas wie »Ich habe dich vermisst« und küsste dann ihren Hals. Küsste sie auf eine Art und Weise, wie sich so ziemlich jeder wahnsinnig gern wach küssen lassen würde – Mund am Hals, Hand am Brustkorb –, nicht derb oder aufdringlich, sondern genau das richtige Maß an Festigkeit und Druck. Einfach genau richtig.
Allerdings doch nicht genau richtig, da ich nicht seine Frau war.
Man könnte sagen, dass ich nicht völlig wach war und nicht wusste, was ich tat. Es ließe sich auch argumentieren, dass ich von jemand anderem träumte. Oder man könnte auf die Wahrheit verweisen: dass Hormone und Dehydrierung dazu führten, dass mir die meiste Zeit schwindlig und orientierungslos zumute war. Ich kann Ihnen versichern, dass ich bis zu jenem Augenblick noch nie über Clives Qualitäten als Küsser nachgedacht hatte – jedenfalls nicht in Bezug auf meine Person. Selbst sein Geknutsche mit Ma ckie im Fu’s Garden hatte mich nicht eine Sekunde lang überlegen lassen, wie es wohl wäre, ihn zu küssen. Er war lediglich eine Person. Kein Typ, kein Mann. Bis zu dem Zeitpunkt war er lediglich der Mann meiner Schwester.
Und nun habe ich etwas zu beichten. Es war der beste Kuss, den ich seit langer, langer Zeit erlebt hatte.
Ich stieß Clive selbstverständlich von mir – sobald mich die Erkenntnis traf. Ich setzte mich auf, drehte mich weg und schrie: »Ich bin nicht Mackie!« Clive kletterte hastig vom Bett und stürzte quer durch das Zimmer. Dabei verhedderte er sich in dem Kleid, das ich auf dem Boden liegen gelassen hatte, und fiel auf seinen Hintern. Sein Hintern war mir noch nie zuvor aufgefallen– aber in den kommenden Tagen und Wochen stellte ich fest, dass es sich dabei um einen erstklassigen Hintern handelte.
Vom Boden aus starrte Clive mich ungläubig an, während ich immer wieder sagte: »Ich bin nicht Mackie, ich bin Sarah!«
»Aber das sind Mackies Haare!«
»Sie hat sie mir geglättet!«
»Aber du bist in unserem Bett!«
»Ich habe mich ausgeruht!«
»Aber du trägst ihren Schlafanzug!«
»Den hab ich mir geliehen!«
»Tja, wo zum Teufel steckt Mackie?«
»Sie ist los, einen Film ausleihen.«
»Verflucht noch mal!«
Clive atmete tief ein und aus, während er das Ganze verdaute. Er blieb auf dem Boden, und ich blieb zusammengekauert an der Bettkante, ohne ihn anzusehen. Wir schwiegen eine Zeit lang.
»Du solltest eigentlich verreist sein«, sagte ich nach einer Weile, den Blick auf den Teppich geheftet.
»Ich bin früher nach Hause gekommen.«
»Was du nicht sagst.«
Es entstand wieder eine Pause. Wir rührten uns beide nicht, bis Mackie zurückkam und die Dinge wieder ins Lot bringen konnte. Wir saßen einfach da. Und warteten.
»Also«, sagte Clive, um die Zeit zu überbrücken. »Zwil linge, was?«
»Yep«, sagte ich.
»Das ist klasse«, sagte Clive.
Und dann deutete er mein Schweigen, meine Körpersprache oder las vielleicht sogar meine Gedanken – und er sagte etwas, das Mackie selbst noch nicht gesagt hatte. »Danke übrigens, dass du das hier machst.«
»Gern geschehen.« Es war beinahe ein Flüstern, und ich hoffte, dass es nicht sarkastisch klang.
Dann hörten wir Mackies Absätze im Flur klackern. Als sie ins Zimmer trat, immer noch in dem fabelhaften Sechzigerjahrekleid, sah sie wie ein Filmstar aus. Sie hatte Clives Auto und ein leeres Milchglas auf der Küchen arbeitsfläche gesehen.
»Hey!«, sagte sie zu Clive. »Was machst du auf dem Fußboden?«
Nach kurzem Zögern sagte er: »Sarah hat mich er schreckt. Ich habe sie für dich gehalten.« Er war kein guter Lügner – was ich süß fand. Da ging ihm auf, dass das nicht reichen würde. Er wies auf das Kleid neben sich. »Und dann bin ich darüber gestolpert.«
Wahr. Alles wahr.
Mackie hörte nicht allzu genau hin. »Hast du Sarahs Haare gesehen? Sieht sie nicht toll aus?«
»Sie sieht genau wie du aus«, sagte er.
»Es ist verrückt, nicht wahr?«
»Ich meine, genauso.«
Mackie ließ den Film aufs Bett fallen und ging zu Clive, um ihm aufzuhelfen. »Du bist früher zurück.«
»Yep«, sagte Clive.
»Hast du mich vermisst?«
»Yep.«
Sie beugte sich
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