Eine Schwester zum Glück
galt es zu überstehen: die Babyparty. Sie wurde von Dixie im frisch renovierten Haus meines Dads veranstaltet. Eine völlig übertriebene Babyparty im New-Orleans-Stil mit Papierschlangen, Mardi-gras-Deko, Luftballons, Gumbosuppe, einer Jazzband und literweise Champagner, den ich nicht trinken durfte.
Ich war mir nicht sicher, wie die Verhaltensregeln bei einer Babyparty in einer Situation wie der unsrigen lauteten. Es war wohl kaum der Normalfall, dass die Mutter am einen Ende des Zimmers die Geschenke öffnete und die Leihmutter sich am anderen Ende des Hauses mit Krabbenfleisch vollstopfte.
Gleich nachdem alle im Chor Überraschung! gerufen hatten, hatte ich mich entschuldigt. Dixie hatte jeden einzelnen Menschen eingeladen, dem wir je begegnet waren – anscheinend war ihr das Adressbuch unserer Mom in die Hände gefallen –, und sie hatte uns zu sich gelockt, indem sie behauptete, uns das Haus zeigen zu wollen, das abgesehen von der Küche fertig war. Wir hatten versucht, uns zu drücken, doch sie war eines Tages zusammen mit unserem Dad zur Abendessenszeit bei Mackie aufgetaucht, und die beiden hatten uns in den Wagen verfrachtet.
Im Nu stand ich im frisch gestrichenen mangofarbenen Wohnzimmer mit seinem neuen Mobiliar im Tropenstil, inmitten einer Gruppe aus mindestens hundert Frauen, einschließlich meiner Lehrerin aus der dritten Klasse, jeder Cousine, die ich hatte, und etlichen alten Freundinnen meiner Mutter.
Dixie hatte sich für die Party mächtig ins Zeug gelegt, doch das Ganze funktionierte nicht so richtig. Es herrschte allgemeine Verwirrung. Wer war Dixie? Welche Schwester war ich? Was war mit unserem Haus geschehen? Für wen genau war denn nun die Party? Wenn es Mackies Babyparty war, warum war dann ich schwanger? Und ein paar Leute, die ich seit der Grundschule nicht mehr gesehen hatte, fragten sich: Wo war meine Mutter?
Vielleicht wäre es eine gute Idee gewesen, diese ganzen Leute mit einer kurzen Ansprache auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen, aber daran dachten wir nicht. Stattdessen schwirrten wir mit unseren purpurfarbenen Tellern voller Vorspeisen herum und umarmten unter Kreischen Frauen, die wir seit Jahren nicht mehr gesehen hatten. Fast alle scharten sich um mich, da ich ganz offensichtlich nach dem Ehrengast aussah, und obwohl ich immer wieder erläuterte, dass dies nicht meine Babys seien, sondern Mackies, schien das keiner so richtig zu kapieren. Ich spürte, dass Mackie nicht zu mir herübersah, während sie mit unserer Großtante Lina auf der Couch saß. Ich wusste, dass sie die Umarmungen wollte, die ich abbekam, die g anzen Wann-ist-es-denn-so-weit? -Fragen, all die aufgeregt emporgezogenen Augenbrauen, wenn die Leute Zwillinge? sagten. Es schien egal zu sein, von wem die Babys waren. Bei einer Babyparty wird um diejenige herumscharwenzelt, die den Bauch hat.
Selbst als es an der Zeit war, die Geschenke aufzumachen, und Mackie sich durch eine Präsenttüte mit kleinen Schühchen und Engeln darauf nach der anderen arbeitete, sprachen alle immer noch mit mir. Wie viel hatte ich zugenommen? Wie war es, wenn zwei da drinnen herumstrampelten? Wie viel schlief ich? Wie ging es meinen Knöcheln? Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich Mackie die Aufmerksamkeit stahl. Auch wenn es gar nicht in meiner Absicht lag und ich mir nichts Schlimmeres vorstellen konnte, als die Geburtsgeschichte jeder einzelnen Frau im Raum über mich ergehen zu lassen. Bis heute verspüre ich nicht das geringste Bedürfnis, je wieder den Ausdruck Schleimpfropfen zu hören.
Ein weiteres Gesprächsthema wurde ausgiebig diskutiert: Dixie. In ihren hautengen Wrangler-Jeans, strassbe setzten Cowgirlstiefeln und dem hellblauen ärmellosen Paillettenoberteil.
»Wer ist die Stripperin?«, fragte mich unsere alte Nachbarin Bonnie und nickte in Richtung von Dixie.
»Sie ist keine Stripperin«, sagte ich. »Sie ist ein Cowgirl.«
»Was macht sie hier?«
»Sie ist die Gastgeberin«, sagte ich. »Das ist die Verlobte meines Vaters.«
Bonnie ließ den Blick durch den Raum schweifen, als ergäbe jetzt alles Sinn. »Die ist also für die Tigerstreifen-Sofakissen verantwortlich.«
»Sie heißt Dixie«, sagte ich. »Und sie ist toll.«
»Das kann man wohl sagen.«
Bonnie, die geschieden war, war eine von den Frauen gewesen, die sich nach dem Tod meiner Mutter für meinen Dad interessiert hatten. Wir hatten zahllose Nachrichten von ihr auf dem Anrufbeantworter gelöscht – Angebote, Abendessen
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