Eine skandalöse Braut
Freundin, aber am Klang Eurer Stimme lässt sich heraushören, dass Ihr eine falsche Vorstellung von der Art der Freundschaft habt, die uns verbindet. In der Vergangenheit verband uns eine andere Art von Beziehung. Aber das ist vorbei.«
Wenigstens leugnete er nicht, ins Stadthaus eingebrochen und in ihre Privatsphäre eingedrungen zu sein. Die Erinnerung an den Kuss und sein unverblümtes Eingeständnis, mit der heißblütigen Lady Fontaine eine Affäre unterhalten zu haben, ließen sie heftig erröten.
Sie hätte ihm in jener Nacht eine saftige Ohrfeige verpassen sollen. Das hätte zumindest jede wahre Lady getan. Warum hatte sie es versäumt? Nun, sie versuchte, nicht zu intensiv darüber nachzudenken. Nicht zu oft an ihn zu denken.
Aber das erwies sich als unmöglich.
Mit der kältesten Stimme, der sie fähig war, flüsterte sie: »Es geht mich absolut nichts an, was oder mit wem Ihr irgendwas tut.«
»Das stimmt wohl.«
Eigentlich sollte sie indigniert an ihm vorbeirauschen und sich auf schnellstem Weg in den Ballsaal begeben. Doch obwohl Amelia das wusste, blieb sie und war für die Dunkelheit dankbar, weil er so vermutlich ihre geröteten Wangen nicht sehen konnte. »Wie dreist von Euch, die Freiheit zu erwähnen, die Ihr Euch herausgenommen habt.«
»Eure Tante hat Euch sicher davon in Kenntnis gesetzt, wie weit unten auf der Liste meiner Prioritäten es steht, mich an die Regeln der feinen Gesellschaft zu halten«, erwiderte er kühl. »Was hat sie Euch noch über mich erzählt, als Ihr sie ausgefragt habt?« Seine große Gestalt versperrte ihr den Fluchtweg. Das Mondlicht beschien sein Gesicht und erzeugte geheimnisvolle Schatten. »Ich vermute, Ihr wurdet angemessen davor gewarnt, Euch mit unehrenhaften Gentlemen einzulassen.«
»Es ist schon sehr überheblich, wenn Ihr glaubt, ich habe mich nach Euch erkundigt.«
»Es war offensichtlich, dass Ihr vorhin über mich gesprochen habt. Wie auch ich mich kurze Zeit später nach Euch erkundigte. Ehrlich gesagt würde ich an Eurer Stelle vor Neugier schier umkommen, was ich auf Eurem Balkon getrieben habe.«
»Oh, Ihr könnt meine Gedanken lesen! Ich finde tatsächlich, Ihr schuldet mir eine Erklärung. Was genau habt Ihr auf meinem Balkon gesucht? Oder, wenn wir schon dabei sind: Ich nehme an, Ihr wart es, der den Schreibtisch meines Vaters durchsucht hat. Er war außer sich vor Wut, als er die Schubladen unverschlossen vorfand, was ihm im Übrigen, wie Ihr mir sicher zustimmen werdet, niemand vorwerfen kann.«
»Ich fürchte, es ist mir nicht gestattet, Euch die genauen Hintergründe zu enthüllen.«
Sie starrte ihn mit offenem Mund an. Auf diesem unbekannten Terrain kannte sie sich nicht aus und wusste nicht, was sie sagen sollte. Das war nicht fair, schließlich war ihm klar, dass er um Längen erfahrener darin war, geistreiche Antworten zu finden. Gott allein wusste, in welchen Bereichen er sonst noch erfahrener war. Sie war im Nachteil.
Er lachte. Es war ein leises Geräusch, ein männliches Lachen, doch zugleich schwang darin etwas Melodiöses mit. Ihr Pulsschlag beschleunigte sich. »Das klingt lächerlich, ich weiß. Aber merkwürdigerweise stimmt es. Ich kann es Euch wirklich nicht sagen, andernfalls würde ich mein Wort brechen. Und wenn ich auch manche ritterlichen Ideale nicht besonders hochhalte, so halte ich doch stets meine Versprechen. Nachdem ich das gesagt habe, darf ich Euch sicher ein Kompliment machen, weil Ihr heute Abend sehr hübsch ausseht?«
»Ihr könnt nicht einfach so das Thema wechseln.«
»Das müssen wir, schließlich habe ich Euch gerade erklärt, dass ich Euch momentan keine Antwort geben kann. Aber mein Kompliment meine ich ernst, vertraut mir. Ich mag diesen Blauton an Euch.«
»Danke.« Sie klang gelassen, obwohl er sicher war, dass sie sich nicht im Geringsten so fühlte .
Er fand sie wunderschön. Das hatte er auch seiner ehemaligen Mätresse gegenüber erwähnt. Blumige Komplimente von Angesicht zu Angesicht zu hören war die eine Sache. Aber Komplimente zu belauschen, wenn keiner wusste, dass man zuhörte, war irgendwie noch schmeichelhafter.
Zum Kuckuck! Warum musste ausgerechnet Lord Alexander der Faszinierendste unter all den jungen Männern sein, denen sie seit ihrem Debüt in der feinen Gesellschaft begegnet war? Der Attraktivste war er außerdem, aber das würde ihre Lage kaum bessern, wenn Tante Sophia sie mit ihm allein hier draußen im Dunkeln fand …
Mein neuer Mann hat nicht einen so
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