Eine skandalöse Braut
aus.«
Das trug ihm einen scharfen Blick ein. »Seit wann findest du kleine, unschuldige Damen bemerkenswert?«
»Noch nie«, erwiderte er mit leisem Lächeln. Er zuckte abschätzig mit den Schultern. Bis jetzt. » Und nun sag mir, was hältst du von diesem Opernabend?«
Seine angebliche Liaison mit Maria war ein Tabuthema. Seine Großmutter war viel zu würdevoll, um auch nur am Rande durchblicken zu lassen, ihr Enkel könne eine Affäre mit einer Sängerin haben, die noch dazu keine adeligen Wurzeln hatte. Wie talentiert diese Frau sein mochte, spielte keine Rolle. Sie schnüffelte daher bloß und faltete ihre Hände im Schoß. Ihr adeliges Gesicht war ausdruckslos. »Ich finde sie recht unterhaltsam. Habe ich dir schon von dem privaten Dinner im Familienkreis erzählt, das dein Vater abhalten will? Wir treffen uns leider nicht oft genug innerhalb der Familie.«
Da hatte sie geschickt das Thema gewechselt. Er verkniff sich ein Grinsen. Gelegentlich machte es ihm Spaß, sie zu necken.
»Nein.«
»Ich erwarte dich übermorgen zum Dinner in Berkeley House.«
Er wusste nur zu gut, wann er eine Einladung nicht ablehnen konnte. »Ich freue mich schon darauf«, behauptete Alex resigniert.
Nach der Vorstellung geleitete er seine Großmutter zu ihrer Kutsche und half ihr hinein. Er wartete, bis die Kutsche langsam im Getümmel vor dem Theater verschwand, ehe er wieder hineinging. Der Portier kannte ihn und erlaubte ihm, durch die Tür hinter die Bühne zu gehen, wo Maria wie immer für ein paar ausgewählte Bewunderer Hof hielt. Herrliche Blumengestecke, die überall standen, bildeten einen überraschenden Kontrast zu dem Durcheinander aus Kostümen und Requisiten. Der Geruch nach Schminke und Schweiß hing schwer in der Luft. Aber das machte ihm nichts aus.
Er fragte sich, wie er dieses Kapitel seines Liebeslebens möglichst würdevoll für beide Seiten beenden konnte.
Es wäre hilfreicher, wenn er wüsste, warum er es hinter sich bringen wollte. Zwei zarte, intime Küsse schienen tatsächlich etwas in ihm verändert zu haben.
Marias üppiger Busen und das geschmeidige dunkle Haar wurden durch ihren fließenden Morgenrock betont. Er wartete geduldig, eine Schulter gegen die Wand gelehnt, während sie mit den Männern flirtete und lachte, die sie umschwärmten. Die Energie, die sie nach dieser Vorstellung noch auszustrahlen imstande war, empfand er einfach als bezaubernd. So war sie immer. Schließlich bemerkte sie ihn und entschuldigte sich bei ihren Verehrern. Ihre Hüften wiegten sich verführerisch, als sie zu ihm herüberkam. Ein sinnliches Lächeln umspielte ihre vollen Lippen. »Du bist also gekommen.«
Er nahm ihre Hand und beugte sich darüber. »Ich kann doch nicht deine letzte Vorstellung verpassen.«
»Das war eine perfekte Vorstellung, si , Alexi?«
»Sagenhaft«, stimmte er ihr zu und meinte es ernst.
»Jetzt kannst du mir selbst eine prächtige Vorstellung bieten. Darum bist du doch hier, nicht? Ich brauche nur noch einen Augenblick, um mich umzuziehen.«
»Ich kann dich gerne heimbringen, Maria. Aber ich werde nicht über Nacht bleiben.« Er fügte mit möglichst viel Taktgefühl hinzu: »Auch nicht in einer der kommenden Nächte. Ich muss dich um einen Gefallen bitten.«
Ihre dunklen Augen verengten sich. »Einen Gefallen? Du erteilst mir eine Abfuhr und bittest mich auch noch um einen Gefallen !«
Eine wütende Opernsängerin konnte sehr laut sprechen, wenn sie wollte. Alex zuckte zusammen. Einige der Bühnenarbeiter, die hin und her eilten und nach der Vorstellung aufräumten, blieben stehen und starrten zu ihnen herüber.
»Wir sind doch Freunde, oder?«, sagte er fest. »Als wir vor Monaten diese eine Nacht zusammen verbracht haben, habe ich dir einen großen Gefallen getan, weil ganz London seither glaubt, wir seien ein Liebespaar. Damit habe ich dich davor bewahrt, ständig die glühenden Verehrer abwehren zu müssen, die dich sonst Nacht für Nacht belagert hätten. Jeder denkt, du wärst nicht verfügbar, und ich habe es nie abgestritten, weil ich den Eindruck hatte, dass du es so wolltest.«
Sie schniefte und rückte die Schärpe ihres Morgenmantels zurecht. »Eine gute Opernsängerin braucht ihren Schlaf. Guten Schlaf, wohlgemerkt. Außerdem übe ich oft, fast jeden Tag. Ich bin sehr beschäftigt. Ich bin auch nicht mehr so jung wie früher. Ich gebe zu, es war für mich befreiend, mich nicht mit einem Liebhaber herumschlagen zu müssen. Außerdem hast du mich abgewiesen«,
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