Eine skandalöse Braut
fügte sie hinzu und hob schüchtern die Brauen. »Und mir fiel kein anderer Mann ins Auge.«
»Ich finde, wir sollten uns an die gemeinsam verbrachte Nacht gerne zurückerinnern. So ist es das Beste.« Es stimmte, er war in jener Nacht leicht angetrunken gewesen und hatte die Vorstellung in der Oper so sehr genossen, dass er die berühmte italienische Sängerin hatte kennenlernen wollen, die so wunderschön sang. Irgendwie waren sie in ihrem Bett gelandet. Auch im Licht des neuen Tages betrachtet hatte er die Nacht nicht bereut, aber er war sich durchaus bewusst gewesen, dass die Anziehung zwischen ihnen nur körperlicher Natur war. Er hatte nicht den Wunsch verspürt, eine Affäre zu beginnen, die über diese eine – wenngleich denkwürdige – Nacht hinausging. Er griff nun in seine Tasche und zog ein Schmuckkästchen heraus. »Ein Abschiedsgeschenk. Ich hoffe, es wird dich stets an mich erinnern.«
Sie blickte auf die kleine, mit Samt bezogene Schachtel und runzelte leicht die Stirn. »Warum solltest du mir etwas schenken? Wie du ja schon gesagt hast, haben wir die Leidenschaft nur einmal miteinander geteilt.«
Er grinste. »Ich denke, es war mehr als einmal, Signora .«
»Das ist allerdings wahr.« Sie warf ihr dunkles Haar nach hinten und lachte. »Ich meinte auch eher die eine Nacht, Alexi. Zu meinem Bedauern.«
»Wir wären schnell einander überdrüssig geworden.«
»Vielleicht.« Sie blickte ihn kühn an. »Vielleicht auch nicht.«
»Vertrau mir. Und bitte, nimm das Geschenk an.«
Besänftigt nahm sie die Schachtel. Er hörte, wie sie leise nach Luft schnappte, als sie die Rubinohrringe erblickte.
Vielleicht ist dieses Geschenk etwas zu extravagant, dachte er. Sie hob die Schmuckstücke aus der Schachtel. Das Licht fing sich in dem klaren Schliff der Steine. Es war allgemein bekannt, dass Rot ihre Lieblingsfarbe war. Sie würden ihr hervorragend stehen, und er konnte sich diese Extravaganz durchaus leisten.
»Ach, Alexi … Ich bin sprachlos.«
»Du wirst herrlich aussehen, wenn du sie trägst. Und wenn du mir einen Gefallen tun willst, erzählst du jedem, dass sich unsere Wege getrennt haben und dies mein Abschiedsgeschenk an dich ist.«
»Das ist der Gefallen, den du von mir forderst? Du möchtest der Welt mitteilen, dass wir kein Liebespaar mehr sind?«
»Ja, das möchte ich«, sagte er gefasst. »Die Welt soll glauben, dass wir nicht mehr zusammen sind, weil ich die Affäre beendet habe.«
Es dauerte einen Augenblick, ehe sie begriff, was er damit sagen wollte. »Ich verstehe … Wer ist sie?«
Diese Frage kam der Wahrheit für seinen Geschmack etwas zu nahe. Tatsächlich hatte es ihm in den vergangenen Tagen immer wieder zu schaffen gemacht, dass ganz London glaubte, Maria sei seine Mätresse. Vor langer Zeit schon hatte er begriffen, dass die feine Gesellschaft von ihm erwartete, wie John zu sein. Deshalb hatte er sich daran gewöhnt, dass häufig falsche Gerüchte über ihn im Umlauf waren. Jetzt aber machte ihm das plötzlich zu schaffen. Vielleicht waren die Ohrringe eine Art Bestechung, aber wenn sie Maria dazu brachten, die Wahrheit zu sagen, war es ihm das wert.
Mit einer Fingerspitze berührte sie nachdenklich einen der baumelnden Edelsteine. »Das wäre gar nicht nötig gewesen, unser Ensemble zieht ohnehin nächste Woche nach Wien weiter.«
»Es wäre aber nicht dasselbe, wenn alle glauben, du hättest London verlassen und unsere Affäre habe deshalb ein Ende gefunden.«
»Ich verstehe. Du versuchst, sie von deiner Hingabe zu überzeugen, indem du öffentlich deine Mätresse aufgibst.« Sie zuckte mit den Schultern. »Also gut. Lord Summerfield hat mich zu einer kleinen Feier in sein Haus eingeladen. Ich habe abgelehnt, aber vielleicht gehe ich jetzt doch hin.« Sie hob die Ohrringe. »Ich werde diese hier tragen. Schon morgen wird jeder wissen, dass du mir das Herz gebrochen und mich verlassen hast. Ich kann die tragische, verschmähte Frau mit mehr Geschick spielen als jede andere. Wer weiß? Vielleicht hat ja ein anderer Gentleman das Bedürfnis, mich über den Verlust hinwegzutrösten?«
Er verbeugte sich und ging. Ihre Worte erleichterten und amüsierten ihn gleichermaßen.
Jetzt war er endlich frei.
Um was zu tun , fragte ihn eine zaghafte innere Stimme.
Er war nicht sicher, aber er glaubte, dass eine bestimmte junge Lady mit goldenem Haar eine Rolle spielte.
Und ein verschwundener Schlüssel.
8
Der frühmorgendliche Nebel waberte stellenweise hüfthoch
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