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Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)

Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)

Titel: Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Wildes
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diese missliche Lage gebracht hatten. Während sie unbemerkt wieder in der Menge untertauchte, blieb ihr Retter für den Rest des Abends verschwunden. Entweder war er gegangen, um vor den Zudringlichkeiten Lady Piedmonts sicher zu sein, oder er hatte sich in eines der Zimmer zurückgezogen, wo die Herren Karten zu spielen pflegten. Egal. Sie wusste inzwischen, dass er das Talent besaß, sich so gut wie unsichtbar zu machen. Und genau deshalb fand sie ihn interessanter als die öden jungen Stutzer, die sich sonst so in den Salons herumtrieben.
    Die Duchess hatte Lilys Entschuldigung, sie habe sich etwas unwohl gefühlt und sich in einem der Ruheräume hingelegt, akzeptiert. Was ja nicht einmal richtig gelogen war. Zwar gehörte sie nicht zu den Frauen, die beim kleinsten Anlass in Ohnmacht fielen, aber ein ziemlicher Schock war es schon gewesen, als der Schlüssel in ihrer Hand abbrach. Zudem hatte sich Ihre Gnaden selbst davon überzeugt, dass sie nicht in der Bibliothek gewesen sein konnte. Eben weil sie die Tür zugesperrt vorfand. Insofern war die Erklärung mit dem Ruheraum ziemlich plausibel.
    Ein Klopfen unterbrach ihre Träumerei. Entspannt in die Kissen zurückgelehnt, rief Lily: »Herein!«
    Ihre jüngere Schwester trat ein. Betsy trug ein Tageskleid aus zitronengelb und cremefarben gestreiftem Musselin und hatte die Haare zurückgebunden. Sie fragte: »Du liegst noch im Bett? Das ist doch gar nicht deine Art.«
    Es schien Lily nicht ratsam, der Schwester von den grauenvollen Erlebnissen zu erzählen und dass sie nur um Haaresbreite an einem neuerlichen Skandal vorbeigeschrammt war. Deshalb setzte sie eine möglichst unbeteiligte Miene auf, die nichts von ihrer inneren Erregung verriet. Hoffte sie zumindest. »Ich war müde. Sag, wird Harold Dougherty heute wieder vorsprechen?«
    Die leichte Röte auf Betsys Wangen war Antwort genug. Lily freute sich darüber, dass ihre Schwestern inzwischen von respektablen Gentlemen umworben wurden. Außer Betsy war da noch Carole, der Lord Davenport den Hof machte und ihr regelmäßig Blumen schickte. Lily wünschte sich inständig, dass beide die Männer heirateten, die sie liebten und die sie sich selbst ausgesucht hatten.
    »Jonathan mag ihn sehr.« Betsy ließ sich auf einem Stuhl nieder, wobei ihre Röcke sich bauschten. »Dabei fing es gar nicht gut an, denn Mr. Dougherty schien sich anfangs sehr vor ihm zu fürchten.«
    Das stimmte. Über ihren Bruder wurde nämlich viel gemunkelt, und hinter vorgehaltener Hand bezeichnete man ihn als barbarisch. Nur zur Hälfte war er Engländer, und der andere Teil galt den selbstbewussten Briten als gänzlich unzivilisiert. Jonathans Mutter war eine wilde Mischung aus französischem Blut und einem nordamerikanischen Indianerstamm gewesen. Ihr verdankte er sein dunkles Aussehen, das ihn wie eine düstere Aura umgab und ihn in der blassen, konformistischen englischen Gesellschaft zum Exoten stempelte.
    Lily lächelte amüsiert. »Ob sich das jemals legt? Zwar ist er ein Earl und hat erst vor Kurzem die Tochter eines Duke geheiratet, aber in unseren Kreisen scheinen alle nach wie vor darauf zu warten, dass sein barbarisches Erbe sich Bahn bricht. Sie brauchen solche Sensationen, sonst wäre ihr Leben inhaltslos.«
    »Du hast ihm schließlich verboten, aus der Reihe zu tanzen und sich nicht gentlemanlike zu benehmen.« Betsy lächelte verschmitzt. »Ich glaube, er hat einfach ein bisschen Angst vor sich selbst – und davor, was passiert, wenn du ihn von der Leine lässt.«
    Die Vorstellung, dass Jonathan, ein großer, kräftiger Mann, der keine Gefahr scheute, vor irgendetwas Angst haben könnte, brachte sie zum Lachen. »Ich denke, er hat einfach auf meinen Rat gehört, um die hübsche Lady Cecily zu beeindrucken und sie für sich zu gewinnen. Das hat nichts mit Gängeln und Vorschriften und Gehorchen zu tun. Und seitdem er sich als treu ergebener Ehemann vornehmlich auf dem Land aufhält, führt er eigentlich das perfekte Leben eines kultivierten englischen Lords. Nicht das eines Wilden.«
    »Vielleicht.« Betsy zögerte. »Was wirst du heute Nachmittag zum Tee anziehen?«
    Sie brachte die Frage behutsam vor. Trotzdem konnte Lily ein Stöhnen nicht unterdrücken. »Das habe ich vergessen«, murmelte sie und stellte die heiße Schokolade beiseite. »Ich würde am liebsten gar nicht teilnehmen, aber …«
    »Lily, die Herzoginwitwe gibt die Gesellschaft nur für dich, und du hast schon oft genug abgesagt.«
    »Ich habe nie darum

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