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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Ihre Augen strahlten zu sehr, ihr Lachen wurde schrill. Über alles und jedes – oder nichts – fing sie mit mir zu streiten an. Wir hatten schlimme Auseinandersetzungen. Wir sagten beide Dinge, die einfach … unverzeihlich waren. Sie begann bis tief in die Nacht aufzubleiben, trug zu viel Puder und Rouge, flirtete in meiner Gegenwart schamlos mit anderen Männern.«
    »Was hast du getan?«, fragte Lottie und widerstand dem Drang, nach seiner Hand zu fassen, als er an ihr vorüberging.
    »Was konnte ich schon tun?« Er fuhr zu ihr herum und sah sie an. »Als einer meiner mitfühlenden Freunde seinen Leibarzt schickte – einen höchst achtbaren Herrn, der unseren früheren König während seiner Krankheit behandelt hatte –, schüttelte der Mann nur den Kopf und riet mir, sie nach Bedlam zu schicken. Bedlam!« Hayden kniete sich vor Lottie, nahm ihre Hände in seine. Suchend glitt sein Blick über ihr Gesicht, und in seinen Augen stand unermessliche Qual. »Weißt du, was sie den Insassen des Betlam-Hospital antun, Lottie? Sie ketten sie in winzigen Zellen an die Wand. Die Wärter nehmen von den Leuten Eintrittsgeld, damit sie kommen und sie begaffen. Himmel, Justine hätte keine Nacht dort überlebt!«
    Lottie konnte es nicht ertragen, ihn oder das Portrait anzusehen, konnte sich nicht überwinden, sich die lebenslustige junge Frau an eine Wand gekettet vorzustellen, wie ein wildes Tier, während Schaulustige vorbeigingen, lachten und mit dem Finger auf sie zeigten. Sie merkte gar nicht, dass sie weinte, bis Hayden ihr zärtlich eine Träne mit dem Daumen fortwischte.
    »Nachdem der Arzt gegangen war, habe ich Justine gesagt, wir würden am kommenden Morgen nach Cornwall zurückkehren.« Er berührte die Narbe unter seinem linken Ohr und lächelte leicht. »Sie hat diese Nachricht
nicht
gut aufgenommen. Ich hatte Angst, sie würde sich etwas antun, darum verabreichte ich ihr eine großzügige Dosis Laudanum. Ihr Arzt hatte mir eine Flasche mitgegeben, für alle Fälle. Nach kurzer Zeit schlief sie wie ein Baby. Ich musste noch Vorkehrungen für die Reise treffen und mich von Freunden verabschieden, daher habe ich sie in der Obhut eines Dieners zurückgelassen.«
    Hayden stand auf. Früher einmal hätte Lottie atemlos das Ende einer solchen Geschichte herbeigesehnt. Aber mit einem Mal wollte sie ihm am liebsten die Finger über die Lippen legen, ihn anflehen, kein weiteres Wort über jene Nacht zu verlieren.
    Als er wieder sprach, war alle Leidenschaft aus seiner Stimme gewichen, sodass sie so ausdruckslos klang und unerreichbar war wie der Mond. »Als ich heimkehrte, fand ich sie mit Phillipe.« Sein unnachgiebiger Blick bannte Lottie auf den Diwan. »Weißt du, was das Schlimmste war?«
    »Nein«, flüsterte sie. Aber es war zu spät. Sie beide wussten es.
    »Er ließ sie in dem Glauben, ich wäre es. Sie war krank und halb betäubt und verwirrt. Sie dachte, ich wäre zurückgekommen, um mich mit ihr zu versöhnen. Wenn sie nicht, nur halb bei Sinnen, zugesehen hätte, wie ich ihn von ihr herunterzerrte, ich hätte nicht auf das Duell gewartet. Ich hätte ihn mit meinen bloßen Händen umgebracht.« Unwillkürlich bewegte er seine Hände und erinnerte Lottie an ihre Kraft.
    »Wenn du das getan hättest, säßest du jetzt in Newgate, und Allegra wäre ohne Vater.« Aber wäre sie auch ohne Mutter? Das war die eine Frage, die Lottie sich nicht zu stellen überwinden konnte.
    Hayden fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und schüttelte den Kopf. »Nachdem Phillipe geflohen war, war alles verschwommen. Ich war selbst halb von Sinnen. Ich erinnere mich daran, Justine auf die Arme genommen und durch das Stadthaus getragen zu haben. Mein einziger Gedanke war, sie von dem Bett wegzubringen, wo sie … wo er …« Er ballte die Hände zu Fäusten. »Sie hat nicht begriffen, was geschehen ist. Ich erinnere mich daran, wie sie sich in meinen Armen angefühlt hat, wie sie sich an mich schmiegte, ihre Arme vertrauensvoll um meinen Hals schlang, so wie sie es schon hundertmal zuvor getan hatte. Sie blickte mir in die Augen und sagte, wie sehr ihr all die entsetzlichen, verletzenden Dinge Leid täten, die sie mir gesagt hatte. Sie sagte, wie sehr sie mich liebte, wie froh sie wäre, dass ich ihr die Chance gegeben hätte, diese Liebe zu beweisen.«
    Er öffnete die Fäuste und musterte sie, als gehörten sie einem Fremden. »Einen flüchtigen Moment lang, als ich ihr in die wunderschönen Augen sah, wollte ich sie erwürgen,

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