Eine skandalöse Versuchung
die Füße.
Sie sah ebenso verdrießlich aus, wie er sich fühlte - ein erbärmlicher Trost.
Später.
Sobald sie Mountford erst einmal am Schlafittchen hatten, stand ihrem Glück nichts mehr im Wege.
Seine Kutsche wartete bereits; er geleitete Leonora nach draußen, half ihr beim Einsteigen und folgte ihr. Als der Wagen auf dem nassen Pflaster holpernd anfuhr, kam er auf ein Thema zurück, das sie noch nicht zu Ende geführt hatten. »Warum glaubt Humphrey, dass einige Teile von Cedrics Arbeit fehlen? Woher will er das wissen?«
Leonora lehnte sich neben ihm auf der Bank zurück. »Cedrics Bücher enthalten Beschreibungen von Experimenten; was gemacht wurde und was dabei herauskam. Was hingegen fehlt, sind die Auswertungen der Versuche, Hypothesen, Schlüsse. Carruthers Briefe nehmen zum Teil auf Cedrics Experimente Bezug, zum Teil auch auf andere, von denen Onkel Humphrey und Jeremy annehmen, dass es wohl seine eigenen sind, und zudem auf die Notizen, die wir in Cedrics Zimmer gefunden haben. Onkel Humphrey glaubt, dass
diese zumindest teilweise mit den in Carruthers Briefen erwähnten Versuchen in Verbindung stehen.«
»Das heißt, Cedric und Carruther haben anscheinend Einzelheiten verschiedener Versuche ausgetauscht?«
»Genau. Allerdings ist sich Onkel Humphrey bis jetzt nicht sicher, ob sie an einem gemeinsamen Projekt gearbeitet oder lediglich Neuigkeiten ausgetauscht haben. Vor allen Dingen hat er noch keinerlei Hinweis darauf gefunden, womit sich dieses gemeinsame Projekt, wenn es das je gegeben hat, beschäftigt haben könnte.«
Tristan ließ sich die Informationen durch den Kopf gehen, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob Martinbury, Carruthers Erbe, in diesem Lichte an Bedeutung gewann oder verlor. Die Kutsche verlangsamte ihre Fahrt und kam zum Stehen. Er warf einen flüchtigen Blick hinaus, kletterte dann vor dem Haus der Carlings auf den Gehsteig und half Leonora herunter.
Über ihren Köpfen ließ der heftige Wind die finstere Wolkendecke allmählich aufreißen. Leonora hakte sich bei ihm ein; er blickte sie an, während er ihr das Tor öffnete. Sie gingen den verschlungenen Pfad entlang und waren beide augenblicklich fasziniert von Cedrics fantastischer Schöpfung, von den seltsam geformten Blättern und Büschen, die vom Regen benetzt im launenhaften Mondlicht unregelmäßig glänzten.
Licht drang ihnen von der Eingangshalle her entgegen. Als sie die Stufen hinaufstiegen, öffnete sich die Tür.
Jeremy spähte hinaus, sein Gesicht war angespannt. Er entdeckte sie, und seine Züge entspannten sich. »Es wurde aber auch Zeit! Dieser Verbrecher hat bereits mit dem Graben begonnen.«
Mucksmäuschenstill verharrten sie in der Waschküche neben dem Spülstein und lauschten auf das stetige, schabende Geräusch von jemandem, der Mörtel zwischen den Steinen herauskratzte.
Tristan gemahnte Leonora und Jeremy zu absoluter Ruhe, dann legte er seine Hand an die Stelle der Wand, von wo aus das Geräusch zu kommen schien.
Nach einem kurzen Augenblick nahm er die Hand wieder weg und bedeutete den beiden, den Raum zu verlassen. Am Eingang zur Waschküche stand einer der Diener und wartete. Leonora und Jeremy traten lautlos an ihm vorbei; Tristan blieb stehen. »Gute Arbeit.« Seine Stimme war gerade laut genug, dass der Diener ihn verstehen konnte. »Ich bezweifle, dass sie heute Nacht die Wand durchbrechen, aber wir werden sicherheitshalber eine Wache aufstellen. Schließen Sie die Tür und stellen Sie sicher, dass niemand hier in der Nähe irgendwelche ungewöhnlichen Geräusche verursacht.«
Der Diener nickte. Tristan trat an ihm vorbei und folgte den anderen in die Küche am Ende des Ganges. Ihren Gesichtern nach zu urteilen, platzten Leonora und Jeremy geradezu vor Fragen; er bedeutete ihnen, sich noch ein wenig zu gedulden, und wandte sich stattdessen Castor und den männlichen Dienern zu, die gemeinsam mit dem übrigen Personal hier unten versammelt waren.
Ohne große Umschweife teilte Tristan das männliche Personal in Wachschichten ein und versicherte der Haushälterin, der Köchin sowie den Dienstmädchen, dass der Einbrecher sie keinesfalls im Schlaf überraschen werde.
»Bei diesem Tempo werden sie zweifellos mehrere Nächte benötigen, um genügend Steine zu lösen, damit ein Mann sich hindurchzwängen kann. Schneller können sie ohne Meißel und Hammer nicht arbeiten, und das würde zu viel Lärm verursachen.« Er ließ seinen Blick über das Personal schweifen. »Wer hat das
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