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Eine Spur von Lavendel (German Edition)

Eine Spur von Lavendel (German Edition)

Titel: Eine Spur von Lavendel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Schomann
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Aber im Augenblick ließ der unverhohlene Hass in der Stimme seines Bruders keinen anderen Schluss zu. Er hat es irgendwie herausgefunden, dachte Alexander verzweifelt. Mein Gott, er weiß es!
    „Henri, ich …“
    Henri warf jetzt ebenfalls den Rest seiner Zigarette zu Boden und trampelte darauf herum wie auf einem unliebsamen Insekt. Dann entspannte sich sein Gesicht plötzlich, und sein Blick wurde weich, als er Alexander wieder in die Augen blickte.
    „Tut mir leid, Alex. Ich … Eigentlich kannst du ja gar nichts dafür, dass …“
    Alexander war nun vollends durcheinander. Es fiel ihm schwer, Henris Umschwung zu folgen.
    „… dass du sie glücklich machen konntest und ich es eben nicht kann“, hörte er seinen Bruder sagen.
    Henri wirkte plötzlich sehr erschöpft. Matt lehnte er sich gegen den alten Traktor und fuhr sich mit beiden Händen durch seine dunklen Haare.
    „Wieso …“ Alexander musste sich räuspern, bevor seine Stimme ihm wieder gehorchte. „Wieso glaubst du, dass du sie nicht glücklich machen kannst?“
    Henri wischte sich erneut mit seinem Hemdsärmel den Schweiß von der Stirn. Seine müden Augen ließen ihn auf einmal viel älter erscheinen. „Also gut, großer Bruder, dann mach ich mich eben vor dir zum Affen, was soll’s.“
    „Red keinen Unsinn. Spuck es endlich aus.“
    Henri holte tief Luft. „Es war kurz nach Nicoles Geburt. Sie … Adrienne hatte es ziemlich schwer und wurde richtig krank. So krank, dass sie sich einer Operation unterziehen musste, aber das weißt du ja. Wir … mussten nach diesem Eingriff noch länger als üblich … warten mit … na, du weißt schon.“
    Alexander nickte nur und wartete, bis sein Bruder sich eine neue Zigarette angesteckt hatte. Er selbst winkte ab.
    Schließlich fuhr Henri mit etwas festerer Stimme fort: „Fast drei Monate lang haben wir gewartet, dann haben wir wieder … miteinander geschlafen. Es war ganz okay – jedenfalls für mich. Nun, vielleicht war ich auch ein bisschen zu ungeduldig. Du weißt ja, wie man als Mann so drauf ist, wenn man so lange abstinent leben muss und dazu noch das Objekt der Begierde ständig vor Augen hat.“
    Alexander dachte automatisch an Linda. Er verstand nur allzu gut, was sein Bruder meinte.
    Henri nahm einen tiefen Zug von der Zigarette, bevor er weitersprach. „Ich hab es dann … eben auf jede erdenkliche Art bei ihr versucht, aber ohne Erfolg. Natürlich haben wir darüber gesprochen, und wir sind beide zu dem Schluss gekommen, dass sie eben noch etwas mehr Zeit braucht nach der schweren Entbindungund der Operation. Sie wollte sogar noch einmal mit ihrem Arzt darüber sprechen, aber ich habe sie beruhigt und ihr gesagt, dass wir das zusammen schon wieder hinbekommen werden.“
    Henri nahm einen letzten Zug und hob die Konservendose auf, um seine Zigarette darin auszudrücken. Auch die beiden Kippen vom Boden hob er auf und warf sie dazu. „Aber es wurde nicht besser, Alex. Ich … ich habe mich praktisch nur noch bei ihr … abreagiert, und sie ließ es mehr oder weniger über sich ergehen, ohne selbst etwas zu empfinden. So ging es über ein halbes Jahr lang. Dann kam diese verhängnisvolle Nacht. Scheiße! Ich bin irgendwann aufgewacht. Normalerweise schlafe ich ja wie ein Stein, aber in dieser Nacht bin ich eben aufgewacht. Ich … ich weiß bis heute nicht, ob … sie geschlafen und geträumt hat oder wach war. Jedenfalls … Ich öffnete die Augen und sah sie. Der Vollmond schien in dieser Nacht direkt in unser Fenster, und ich konnte sie ganz gut erkennen. Sie … lag halb auf der Seite mit geschlossenen Augen und halb geöffneten, feuchten Lippen, wie eine Madonna hat sie ausgesehen. Zuerst dachte ich noch, wie wunderschön sie ist, und war ganz hingerissen von ihrem Anblick. Doch dann begann sie immer wieder deinen Namen zu flüstern, Alex. Ja, deinen Namen, nicht meinen! Und sie … sie stöhnte und seufzte dabei, verdammt! Noch niemals in meinem Leben habe ich mich so gedemütigt und verletzt gefühlt.“ Voller Schmerz blickte Henri auf und sah seinem älteren Bruder in die Augen. Alexander war ebenso schockiert wie traurig, die Gefühle zeichneten sich deutlich auf seinem Gesicht ab.
    „Hör zu, das …“
    Henri hob seine Hände. „Du sollst jetzt auch alles erfahren. Kannst du dir annähernd vorstellen, was das damals in mir ausgelöst hat? Seit Monaten versuchte ich, meine Frau im Bett wieder glücklich zu machen. Und dabei brauchte sie sich nur vorzustellen, sie würde

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