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Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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loswerdn«, beharrte die und bedachte Miss Buchan über Ediths Schulter hinweg mit einem vernichtenden Blick. »Hörn Se auf mich, Miss Edith, sie is ’ne …«
    »Es reicht.« Edith nahm die Köchin am Arm, drehte sie gewaltsam um und bugsierte sie die Treppe hinunter.
    »Miss Buchan«, nutzte Hester die Gelegenheit, »ich denke, wir gehen jetzt besser. Wenn es heute abend ein Dinner geben soll, muß die Köchin weitermachen.« Miss Buchan stierte sie an.
    »Und außerdem«, fuhr Hester fort, »glaube ich nicht, daß man vernünftig mit ihr reden kann, Sie etwa? Sie hört sowieso nicht zu und selbst wenn, bezweifle ich offen gestanden, ob sie es überhaupt verstehen würde.«
    Miss Buchan zögerte, schaute sie begriffsstutzig an, dann der davonziehenden Köchin nach, die Edith fest im Griff hatte; schließlich richtete sich ihr Blick wieder auf Hester.
    »Kommen Sie«, drängte Hester. »Wie lange kennen Sie die Köchin schon? Hat sie Ihnen jemals zugehört oder kapiert, wovon Sie sprechen?«
    Miss Buchan seufzte; ihre Anspannung ließ allmählich nach. Sie machte kehrt und ging mit Hester die Treppe hinauf. »Noch nie«, meinte sie kraftlos und stieß ein abschließendes »Blöde Kuh!« aus, doch so leise, daß es kaum zu hören war.
    Sie ließen die Galerie hinter sich und folgten der Treppe bis zum Schulzimmer und Miss Buchans winzigem Wohnraum hinauf. Hester trat schnell hinter ihr ein und schloß die Tür. Miss Buchan steuerte auf das Mansardenfenster zu; ihr Blick schweifte über die Dächer und verfing sich in den Zweigen der Bäume, deren Laub sich sacht im Sommerwind wiegte.
    Hester wußte nicht recht, wie sie anfangen sollte. Sie mußte sich langsam vortasten und wahrscheinlich so subtil vorgehen, daß nichts deutlich ausgesprochen wurde. Aber vielleicht, ja vielleicht, lag die Wahrheit endlich zum Greifen nah.
    »Ich bin froh, daß Sie Cassian gesagt haben, er soll nicht schlecht von seiner Mutter denken«, sagte sie ruhig, fast beiläufig. Sie registrierte, wie Miss Buchans Rücken steif wurde. Sie mußte vorsichtig sein. Es gab kein Zurück mehr, sie durfte nichts überstürzen oder unbedacht vorbringen. Selbst in ihrer Rage hatte Miss Buchan nichts verraten, noch weniger würde sie es hier, vor einer Fremden tun. »Für ein Kind ist das ein unerträglicher Gedanke.«
    »Ja, in der Tat«, stimmte Miss Buchan zu, während sie weiterhin aus dem Fenster starrte.
    »Obwohl er – nach allem, was ich gehört habe – seinem Vater näherstand.«
    Miss Buchan blieb stumm.
    »Es ist sehr gütig, daß Sie seine Mutter nicht vor ihm schlechtmachen«, fuhr Hester fort und hoffte inständig, nichts Falsches zu sagen. »Sie müssen eine ganz besondere Zuneigung für den General empfunden haben – schließlich kannten Sie ihn schon als Kind.« Gebe Gott, daß sie richtig tippte. Miss Buchan war doch seine Gouvernante gewesen, oder?
    »Ja, das habe ich«, pflichtete Miss Buchan mit leiser Stimme bei. »Er war genau wie Master Cassian.«
    »Wirklich?« Hester ließ sich nieder, als beabsichtige sie, einige Zeit in diesem Raum zu verweilen. Miss Buchan blieb am Fenster stehen. »Erinnern Sie sich noch gut an ihn? War er genauso hellblond wie Cassian?« Ein neuer Gedanke kam ihr in den Sinn, unausgereift und vage. »Manchmal ähneln sich die Leute, obwohl sie vollkommen unterschiedliche Haarfarben und Gesichtszüge haben. Es liegt an ihrer Gestik, an der Art, wie sie sich geben, am Tonfall…«
    »Das ist richtig«, bestätigte Miss Buchan wieder, während sie sich schwach lächelnd zu Hester umwandte. »Thaddeus sah einen auf exakt die gleiche Weise an, ganz vorsichtig, als würde er einen insgeheim taxieren.«
    »Hat er seinen Vater auch so vergöttert?« Hester versuchte sich Randolf als jungen Mann vorzustellen, der stolz auf seinen einzigen Sohn war. Sie malte sich aus, wie er mit ihm zusammensaß und ihm von seinen glorreichen Feldzügen erzählte, wie das Gesicht des Knaben ob des Ruhms, der Gefahr und der Heldenhaftigkeit zu leuchten begann.
    »Auf haargenau dieselbe Weise«, erwiderte Miss Buchan mit sonderbar trauriger Miene und einem so flüchtigen Aufflackern von Wut, daß es Hester beinah entgangen wäre.
    »Und seine Mutter?« fragte sie aufs Geratewohl, da ihr nichts anderes einfiel.
    Miss Buchan schaute sie kurz an und dann wieder zum Fenster hinaus. In ihrem Gesicht zuckte es.
    »Miss Felicia war anders als Miss Alexandra«, sagte sie. Es klang beinah wie ein Schluchzen. »Armes Geschöpf. Möge Gott

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