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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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ist nicht die Hitze
wie hier. Man schwitzt nicht so. Es ist eine trockene Hitze, ungefähr... Wissen
Sie, ich bin doch einmal aus dem Sattel geflogen, als ich ein Brumby
eingeritten habe, und kam dann mit einem Schenkelbruch ins Spital. Da haben sie
so eine Lampe mit irgendwelchen besonderen Sonnenstrahlen, um die Muskeln
wieder zu stärken; Höhensonne nennt man das; gibt es so etwas in England auch?»
    «Höhensonne? Gewiß!» nickte Joan
eifrig. «Also so ähnlich ist’s in Australien; wie unter der Höhensonne, so warm
und trocken.»
    «Man bekommt davon einen furchtbaren
Durst nach kaltem Bier», bestätigte Joe.
    «Wie sieht’s denn in Ihrer Gegend aus?»
forschte sie weiter. Es freute den Mann augenscheinlich sehr, von daheim
erzählen zu können, und weil er so hilfreich und freundschaftlich war, wollte
sie ihm gern diese Freude bereiten.
    «Rote Erde!» sagte er mit aller
Lebhaftigkeit, die seine schleppende Sprechweise zuließ; «Um Alice und
Cloncurry und Wollara — alles rot: der Boden, die Berge: die Macdonnells, die
Ranges alle: die Levis, die Kernots! Lange rote kahle Bergketten und darüber
der tiefblaue Himmel. Aber am Abend leuchten das Land und der Himmel in allen
möglichen Farben, und wenn es geregnet hat, wird es grün auf den Hügeln und in
der Sandwüste silbern von Disteln und Wüstengras...» Er holte tief Atem. «Ich
weiß, seine Heimat hat jeder gern. Das Land um Alice und die Quellen ist meine
Heimat. Leute, die von Adelaide und aus anderen Orten der Südküste kommen,
behaupten zwar: ‹Alice ist ein Drecknest›. Na! Ich war zwar nur ein einziges
Mal in Adelaide, aber ich sage Ihnen: Adelaide, das ist das größte Drecknest.
Für mich ist die Gegend um die Alicequellen etwas Einzigartiges...» Ein neuer
Gedanke stieg in ihm auf: «Drum kommen öfters Maler von der Südküste zu uns in
den Outback und wollen das alles in Bildern festhalten. Aber ich habe nur ein
einziges Mal gesehen, daß einer es fertiggebracht hat, und das war ein ganz
einfacher Abo aus Hermannsburg, das ist nur hundert Meilen von Alice; Albert
hat er geheißen. Dem hat irgend jemand Pinsel und ein paar Farben in die Hand
gegeben, und er hat angefangen zu malen. Mein Wort darauf: der hat es besser
fertiggebracht als all die Maler. Er war halt ein Abo und hat seine eigene
Gegend gemalt. Das ist eben der Unterschied.»
    Es war wie ein Selbstgespräch. Nun aber
wandte er sich wieder an Joan und fragte nach ihrer Heimat.
    «Southampton», antwortete sie.
    «Wo die Dampfer hinfahren?»
    Sie bestätigte das, und er fragte: «Wie
ist es da?»
    Sie schob das Kleine an ihrer Hüfte zur
Seite, zog die Beine unter den Sarong, sann und sagte: «Kühl, ruhig und
friedlich. Glücklich... Es ist nicht einmal so besonders schön, obwohl die
Umgebung reizend ist; Der New Forest..., die Insel Wight... Aber es ist meine
Heimat, so wie Alicens Quellen die Ihre sind. Wenn ich diese Zeit überlebe,
gehe ich wieder hin. Denn ich liebe es sehr...» Pause. «Da gibt es eine
Kunsteisbahn; als Schulkind habe ich dort auf dem Eise getanzt. Und eines Tages
werde ich wieder hingehen und tanzen.»
    «Ich habe noch nie eine Kunsteisbahn
gesehen», sagte der Mann aus Alice; «nur im Film.»
    «Ach, war das ein Vergnügen...!» sagte
sie.
    Er aber stand auf, und sie begleitete
ihn über die Straße zum Lastwagen, das Kleine wie immer an ihrer Hüfte.
    «Morgen werde ich Sie nicht sehen»,
sagte er. «Wir fahren in aller Frühe los. Aber übermorgen kommen wir auf
derselben Straße zurück.»
    «Da sind wir auf dem Weg nach Pohoi»,
meinte sie.
    «Ich werde schauen, daß ich bis dahin
die Hühner habe», versprach der Australier.
    Sie standen auf dem mondhellen Weg. Um
sie her die Geräusche der Tropennacht.
    Joan sah ihm ernst ins Gesicht und
sagte: «Hören Sie, Joe! Wir wollen kein Fleisch, wenn Sie davon Unannehmlichkeiten
haben. Es war eine Leistung, daß Sie uns die Seife verschafft haben, aber für
Sie ein allzu gefährliches Risiko! Euerm Wächter die Stiefel zu klauen!»
    «Das ist nichts», wandte er ein. «Man
muß sich nur drauf verstehen, dann kann man den Nips auf der Nase herum
tanzen.»
    «Ihr habt so viel für uns getan»,
versicherte sie. «Das Schwein, die Heilmittel, die Seife! Ihr habt damit
vielleicht Menschenleben gerettet, und ich will nicht, daß Sie wegen uns Ihr
eigenes Leben oder Ihr Wohlbefinden aufs Spiel setzen; Sie verstehen mich.
Seien Sie, bitte, vorsichtig!»
    «Macht euch meinetwegen keine
Gedanken!» versetzte er.

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