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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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«Ich werde probieren, ob’s mit den Hühnern geht; wenn
nicht, lasse ich die Finger davon.»
    «Bitte, versprechen Sie es mir!»
    «Machen Sie sich um mich keine Sorgen;
Sie haben an Ihren eigenen grade genug! Mein Wort darauf! Wir, wir schlagen uns
durch. Weiter können wir ja nichts tun. Nur noch zwei Jahre weiter leben; dann
ist der Krieg aus.»
    «Sie meinen, es dauert noch so lang?»
forschte sie bang.
    «Ben kann’s Ihnen sagen; der versteht
davon mehr als ich. Er meinte: Zwei Jahre noch.» Er blickte an ihrer mageren
Gestalt herunter, lächelte und sagte: «So ein paar Hühnchen täten Ihnen nur
gut.»
    «Ich überlasse es Ihrem Ermessen»,
antwortete Joan, «aber ich könnte es mir nie verzeihen, wenn Sie ertappt würden
und es zu büßen hätten.»
    «Ich werde es nicht.» Er streckte die
Hand aus, als wolle er die ihre ergreifen; dann aber ließ er sie wieder sinken
und sagte; «Gute Nacht, Mrs. Boong!»
    Sie mußte lachen. «Wenn Sie noch einmal
Mrs. Boong zu mir sagen, Joe, schmeiß ich Ihnen eine Kokosnuß an den Kopf. Gute
Nacht, Joe!»
    Am folgenden Morgen hörte sie in der
Dämmerung das Starten der Lastwagen, sah Joe aber nicht mehr. Sie blieben den
Tag über in Berkapor und marschierten am nächsten in Richtung Pohoi. Gegen
Mittag kamen die beiden Lastwagen auf ihrer Leerfahrt nach Jerantut an ihnen
vorbei. Harman und Leggatt winkten. Die Frauen und Kinder winkten zurück. Neben
den Fahrern saßen mit brummigen Mienen die beiden japanischen Wachen. Es gab
keinen Halt, und kein Huhn wurde abgeworfen.
    Joan fühlte sich einigermaßen
erleichtert. Diese Aussies, das wußte sie, schreckten vor nichts zurück. Wenn
die sich etwas in den Kopf gesetzt hatten, führten sie es aus. Kein Risiko war
diesen beiden zu hoch, wenn es galt, den bedrängten Landsleuten beizustehen.
Nun aber hatten sie ihren Plan anscheinend freiwillig aufgegeben. Kein Huhn war
soviel wie keine Gefahr. Leichteren Herzens strebte das; Mädchen dem Dorfe
Pohoi entgegen.
    Dort aber kam am Abend in ihr Quartier
ein kleiner Malaienjunge mit einem grünlichen großen Sack; den schicke ihnen
ein Chinese aus Gambang. Als sie den Leinensack aufbanden, fanden sie darin
fünf schwarze, lebende junge Hähne, deren Füße zusammengebunden waren. So wird
Geflügel im Osten meist transportiert.
    Die Sendung setzte Joan in
Verlegenheit, und sie fragte Mrs. Frith um Rat. Sie konnten unmöglich fünf
Hähne schlachten, rupfen und kochen, ohne daß ihre Wächter darauf aufmerksam
wurden. Die würden natürlich gleich fragen, woher das Geflügel sei. Was sollten
sie darauf antworten? Zum Beispiel: Die Australier hätten ihnen Geld geschenkt,
und davon hätten sie es gekauft. Aber wo? Wo sollten sie es in Pohoi gekauft
haben, falls der Sergeant, was zu erwarten war, danach fragte? Pohoi war leider
ein recht ungefälliger Ort; sie hatten schon Schwierigkeiten gehabt, bis man
ihnen ein Quartier einräumte.
    Es war nicht anzunehmen, die Dörfler
würden ihnen bei einem Schwindel behilflich sein. Schließlich beschlossen sie: Wir
sagen, wir hätten das Geld von den Australiern und hätten bereits in Berkapor
veranlaßt, daß uns die Hähne aus Limau, einem Flecken knapp drei Meilen abseits
der Straße, nach Pohoi geschickt würden. Es war eine recht fadenscheinige Lüge,
die einer genaueren Nachprüfung nicht standhalten konnte, aber mit einer
solchen rechneten sie nicht. Warum auch? Sie mußten natürlich den Wachen eines
der Hähnchen anbieten. Ein solches Präsent, sagten sie sich, wird den
Sergeanten günstig stimmen; er wäre dann an der Sache beteiligt, und eine
Untersuchung sei ausgeschlossen.
    Sogleich begab sich Joan mit der
Geflügelsendung zu ihm, verneigte sich, um ihn in gute Laune zu bringen, und
sagte: «Gunso! Gutes mishi heute nacht. Wir Hühner kauften.» Damit griff sie in
den Sack, zog einen der Vögel heraus, setzte das unschuldigste Lächeln auf,
dessen sie nur fähig war, reichte ihm die verlockende Gabe und sagte: «Für
Sie.»
    Er war sichtlich überrascht. Er hatte
nicht geahnt, daß sie so viel Geld besaßen. Seit er bei ihnen war, hatte es nur
für Kokosnüsse oder ein paar Bananen gelangt.
    «Ihr — kaufen?» fragte er ungläubig.
    «Aus Limau», versicherte sie. «Sehr gut
mishi für alle heute nacht.»
    «Woher Geld?» fragte er, aber nur aus
Neugier.
    Verdacht hatte er keinen, denn sie
hatten ihn bisher noch nie beschwindelt. Schon wollte Joan antworten, sie
hätten ein Schmuckstück verkauft; ein unbestimmtes Gefühl

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