Eine Tiefe Am Himmel
Evolution in Aktion sprechen, und wie wichtig es für kleine Kinder sei, dass sie etwas riskieren dürften, wie sich, wenn man das nicht zuließ, in den Überlebenden keine Genialität entwickeln würde. Das Problem war, er meinte es nicht wirklich. Jedes Mal, wenn Viki versuchte, etwas ein wenig Riskantes zu unternehmen, wurde Papa ganz väterlich, und aus dem Projekt wurde eine rundum abgepolsterte, sichere Sache.
Viki wurde sich bewusst, dass sie tief in der Brust kicherte.
»Was…?«, sagte Brent.
»Nichts. Ich dachte nur daran, dass wir heute sehen werden, wie die Dinge wirklich sind – egal, was Papa meint.«
Brents Ausdruck wechselte zu Verlegenheit. Von allen ihren Brüdern und Schwestern war er derjenige, der Regeln am wörtlichsten nahm und sich am schwersten tat, sie zu umgehen. »Ich glaube, wir sollten jetzt gehen. Es sind Arbeiter an der Oberfläche, und sie kommen näher. Außerdem, wie lange bleibt der Schnee liegen?«
Murr. Viki wich zurück und folgte ihrem Bruder durch das Labyrinth wunderbar massiver Dinge, das den Bauplatz füllte. Augenblicklich übte nicht einmal die Aussicht auf Schneewehen eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus.
Die erste wirkliche Überraschung des Tages erlebten sie, als sie schließlich eine von Bussen bediente Haltestelle erreichten. Ein wenig abseits von der Menge standen Jirlib und Gokna. Kein Wunder, dass sie sie am Morgen nicht hatte finden können! Sie hatten sich ohne sie davongeschlichen! Viki ging über den Platz auf sie zu und versuchte, überhaupt nicht irritiert auszusehen. Gokna grinste ihr übliches Eins-Voraus-Grinsen. Jirlib hatte den Anstand, verlegen auszusehen. Zusammen mit Brent war er der älteste und hätte vernünftig genug sein müssen, diesen Ausflug zu verhindern. Die vier rückten ein wenig von den starrenden Blicken ab, steckten die Köpfe zusammen und wisperten.
Fräulein Eins-Voraus: »Was hat euch so lange aufgehalten? Hattet ihr Mühe, euch an Niederers Wachen vorbeizuschmuggeln?«
Viki: »Ich dachte nicht, dass ihr euch überhaupt trauen würdet, es zu versuchen. Wir haben heute Morgen schon eine Menge gemacht.«
Fräulein Eins-Voraus: »Als da wäre?«
Viki: »Als da wäre ein Besuch bei der Neuen U-Stadt.«
Fräulein Eins-Voraus: »Na…«
Jirlib: »Seid still, alle beide. Ihr dürftet beide nicht hier draußen sein.«
»Aber wir sind berühmte Leute vom Rundfunk, Jirlib«, brüstete sich Gokna. »Die Leute mögen uns.«
Jirlib trat ein wenig näher heran und senkte die Stimme. »Hör auf. Auf drei Leute, die die ›Kinderstunde‹ mögen, kommen drei, denen sie Sorgen bereitet – und dann noch vier Traditionalisten, die euch auf den Tod hassen.«
Die Kinderstunde der Wissenschaft machte mehr Spaß als alles andere, was Viki jemals getan hatte, doch seit der Geehrten Pedure war es nicht mehr so wie früher gewesen. Nun, da ihr Alter allgemein bekannt war, war es, als müssten sie etwas beweisen. Sie hatten sogar ein paar andere Unzeitlinge gefunden – doch bisher war niemand dabei gewesen, der sich für das Programm eignete. Viki und Gokna hatten keine Freundschaft mit anderen Kupplis geschlossen, nicht einmal mit dem Paar, das in ihrem Alter war. Es waren seltsame, unfreundliche Kinder – fast das Klischee eines Unzeitlings. Papa hatte gesagt, es lag an der Art, wie sie aufgezogen worden waren, die Jahre im Versteck. Das war das Erschreckendste von allem, etwas, worüber sie nur mit Gokna sprach, und dann nur flüstern mitten in der Nacht. Was, wenn die Kirche Recht hatte? Vielleicht bildeten sie und Gokna sich nur ein, sie hätten Seelen.
Einen Augenblick lang standen die vier schweigend da und überdachten, was Jirlib gesagt hatte. Dann fragte Brent: »Und warum bist du hier draußen, Jirlib?« Von jedem anderen wäre das eine Herausforderung gewesen, doch Wortkämpfe lagen außerhalb von Brents Möglichkeiten. Die Frage war einfach Neugier, eine aufrichtige Bitte um Aufklärung.
Als solche traf sie tiefer als jede Bosheit. »Äh… ja. Ich bin in die Stadt unterwegs. Das Königliche Museum hat eine Ausstellung über die Khelmschen Verwerfe… Bei mir ist es kein Problem. Ich sehe durchaus alt genug aus, um ein Rechtzeitling zu sein.« Das letztere traf zu. Jirlib war nicht so groß wie Brent, aber ein Anflug von väterlichem Fell begann schon durch die Schlitze seiner Jacke zu schimmern. Doch Viki wollte es ihm nicht so einfach machen. Sie stieß eine Hand in Richtung Gokna: »Und was ist das? Dein
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