Eine Tiefe Am Himmel
weggesprengt. Thrakt hatte so etwas schon einmal gesehen, doch das war ein schrecklicher Unfall gewesen, ein Munitionslager, das einen Artillerietreffer erhalten hatte. Was hat uns getroffen? Was hatte Unterberg dort unten gelagert? Etwas im Hintergrund seines Denkens stellte die Fragen, doch er hatte keine Antwort und eine Menge dringlichere Sorgen.
Da war ein Zischen von einem Tier, direkt zu seinen Füßen. Rachner wandte den Kopf. Es war Unterbergs Geleitkäfer. Seine Kampfhände waren zum Zustoßen erhoben, doch sein Körper lag verdreht unter den Trümmern. Der Panzer des armen Tiers musste gesprungen sein. Als er versuchte, ihn seitlich zu umgehen, kreischte der Käfer heftiger und machte einen gespenstischen Versuch, seinen zerquetschten Körper aus den Wandplatten zu befreien.
»Mobiy! Ist gut. Ist gut, Mobiy.« Das war Unterberg! Seine Stimme kam gedämpft, doch das galt jetzt für alle Geräusche. Als Thrakt an dem Geleitkäfer vorbeischlüpfte, zog er seinen gebrochenen Körper aus den Wandplatten hervor und folgte ihm zu Unterbergs Stimme. Aber das Zischen des Käfers war keine Drohung mehr. Es war eher ein schluchzendes Wimmern.
Thrakt ging am Rande des Kraters entlang. Der Rand war von Trümmern überhäuft, die heraufgeschleudert worden waren. Die glasigen Seiten begannen sich schon zu setzen, nach innen zu stürzen. Und noch immer keine Spur von Unterberg.
Der Geleitkäfer schleppte sich an Thrakt vorbei. Dort, direkt vor dem Käfer: Ein einzelner Spinnenarm ragte hoch aus dem Wirrwarr heraus. Der Geleitkäfer schrie und begann schwach zu graben. Rachner tat es ihm gleich, zog Bretter weg, schaufelte den warmen breitgestreuten Erdboden beiseite. Warm? Es war heiß wie der Grund von Calorica. Es war etwas besonders Entsetzliches daran, in warmer Erde begraben zu sein. Verzweifelt grub Thrakt schneller.
Unterberg war mit dem Hinterende unten verschüttet, sein Kopf lag nur einen Viertelmeter unter der Oberfläche. Binnen Sekunden hatten sie ihn bis hinter die Schultern befreit. Der Boden gab nach, glitt mit dem übrigen Kraterrand weg. Thrakt streckte die Arme vor, schlang sie um Unterbergs Arme – und zog. Ein Zentimeter, dreißig… und die beiden fielen auf den oberen Hang, als gerade Unterbergs Grab in die Grube rutschte.
Der Geleitkäfer kroch um sie herum, seine Arme ließen nie seinen Herrn los. Unterberg tätschelte das Tier sanft. Dann wandte er sich um, drehte den Kopf ebenso albern hin und her wie vor ihm Thrakt. Auf der Kristalloberfläche seiner Augen waren Blasen. Scherkaner Unterberg hatte Thrakts Augen gegen den Blitz abgeschirmt; die ganze obere Hälfte vom Kopf des Kupps war der Explosion direkt ausgesetzt gewesen.
Unterberg schien in die Grube hinabzuschauen. »Jaybert? Nishnimor?«, sagte er leise, ungläubig. Er kam auf die Füße und ging auf den Steilhang zu. Sowohl Thrakt als auch der Käfer hielten ihn zurück. Zuerst ließ sich Unterberg von ihnen zurück über den Kamm des aufgeworfenen Erdbodens führen. Unter der dicken Kleidung war es schwer auszumachen, aber mindestens zwei von seinen Beinen schienen gebrochen zu sein.
Dann: »Viktoria? Brent? Hört ihr mich? Ich kann nicht mehr mit…« Er machte kehrt und wollte wieder zurück zur Grube gehen. Diesmal musste Rachner richtig mit ihm kämpfen. Der arme Kupp pendelte immer wieder ins Delirium und heraus. Nachdenken! Rachner schaute hangabwärts. Der Hubschrauberplatz hatte sich geneigt, doch der Boden oberhalb hatte ihn vor den herabfallenden Trümmern gedeckt. Seine Mühle stand noch da, anscheinend nicht beschädigt. »Ah! Professor, ich habe ein Telefon in meinem Hubschrauber. Kommen Sie mit, wir können die Generalin von dort aus anrufen.« Es war eine schwache Improvisation, aber anscheinend spielte das keine Rolle. Unterberg schwankte einen Moment, brach fast zusammen. Dann ein Augenblick trügerischer Klarheit: »Ein Hubschrauber? Ja… Den kann ich gebrauchen.«
»Gut. Dann gehen wir jetzt.« Thrakt ging auf das obere Ende der Treppe zu, aber Unterberg zögerte. »Wir können Mobiy nicht zurücklassen. Nishnimor und die anderen ja. Die sind bestimmt tot. Aber Mobiy…«
Mobiy stirbt bereits. Aber Thrakt sagte das nicht laut. Der Geleitkäfer kroch nicht mehr. Seine Arme winkten sacht zu Unterberg hin. »Es ist ein Tier, Herr Professor«, sagte Thrakt leise.
Unterberg kicherte im Delirium. »Das kommt nur auf den Maßstab an, Oberst.«
Also zog Thrakt seine Überjacke aus und machte eine Trageschleife
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