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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
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»Sie können dich nicht hören, Vincent.«
    Der schicksalhafte Auslöser für die Entwicklung des Weltraumtourismus war die Kankoh-Maru -Katastrophe im Jahr 2018.
    Großraum-Transportflüge in den Orbit glichen bis vor elf Jahren dem metaphorischen Wurf einer Medaille. Auf ihrer Vorderseite prangte das Emblem des letzten Abenteuers, ihre Rückseite hingegen zierte das Erbe des Sputnik. Was sich auf ihrem Rand verbarg, wusste niemand zu sagen, und keines der beteiligten Unternehmen wollte es ernsthaft ergründen. Alle hofften, dass sie gar keinen Rand besaß. Dass sie in Wirklichkeit eine Linse mit messerscharfen Rändern sein möge, die auf jeden Fall auf die eine oder andere Seite fallen würde. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine geworfene Münze auf dem Rand liegen bleibt, liegt in etwa bei 1:10 12 .
    Doch nachdem das Konsortium der Japanese Rocket Society seine Medaille hinauf in den Orbit geworfen hatte und sie drei Jahre später wieder zurück auf die Erde fiel, blieb sie auf dem Rand liegen!
    Bis zum heutigen Tag verteidigte die japanische Regierung ihre Behauptung, ein Kleinmeteorit habe in einer Höhe von zweihundert Kilometern den Kankoh-Maru gestreift und dabei nicht nur das Navigationssystem lahm gelegt, sondern auch einen sechs Meter langen und über einen Meter tiefen Riss in die Außenhülle geschlagen. Der Booster trudelte daraufhin unkontrolliert Richtung Erdoberfläche, und niemand an Bord, so viel war allen bewusst, würde den feurigen Wiedereintritt in die Atmosphäre überleben.
    Die Tatsache, dass zur Feier dieses 500. Fluges das kaiserliche Ehepaar und zwei Dutzend hochrangige Politiker an Bord des Kankoh-Maru waren, sorgte jedoch dafür, dass Japan nach einem Aufschrei der Bestürzung den sozialen Kollaps erlitt und für Tage ins Koma fiel. Es glich einem kollektiven narkoleptischen Anfall, und das Erwachen geriet beinahe zu einem Absturz in die Anarchie.
    Während die halbe Welt live zugeschaltet war und das Drama atemlos mitverfolgte, stieß Kaiser Naruhito kurz vor dem Verglühen des Transporters in asiatischem Gleichmut jene bedeutungsschwangeren Worte aus, die bald darauf zu einer Revolution der privaten Weltraumfahrt führen sollten. Es war ein pathetisches Lippenbekenntnis mit der Botschaft, dass es eine Ehre sei, diesen Weg zu gehen, und ein himmlischer Tod selbst für einen Kaiser kein unwürdiges Ende bedeute. Er, der Tenno, habe sein Tuch bei sich, und sein Messer sei gezückt. Er sehe sein Volk, sein Land und die Welt, und dieser Augenblick sei der glücklichste seines Lebens, und so weiter …
    Dann brach der Funkkontakt zur Bodenstation ab, und die Sache kam ins Rollen.
    Kaiser Naruhitos Worte führten wenige Monate später zur Gründung eines neuen Unternehmens. Nicht in Japan wohlgemerkt, sondern in Russland. Sein Name war Charon, und sein Produkt, vor allem jedoch sein Angebot, verhöhnte nicht nur die X-Price Foundation, sondern alle Bemühungen staatlicher und privater Unternehmen, einen ökonomischen, wiederverwendbaren Raumgleiter für Weltraumtouristen zu entwickeln.
    Als Shuttle-Grundlage diente der fehlerhafte Cosmopolis XXI. Die Konstrukteure modifizierten und verkleinerten ihn, sodass fortan nur eine einzige Person in ihm Platz fand, und nannten ihn etwas unorthodox Slider.
    Gharon entwarf die Mini-Shuttles für einen Start in den Orbit, keinesfalls jedoch für den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Es waren Einweg-Engel. Nicht fehlerhaft konstruiert, sondern lediglich sparsam. Ein Slider besaß weder eine Verkleidung aus Hitzekacheln noch die nötige Bordelektronik, um das Raumfahrzeug wieder zu landen, ganz zu schweigen von einem Lebenserhaltungssystem, das so lange durchhielt, bis ein Rettungsshuttle eintraf. Und die kosmische Strahlung wurde so gut wie gar nicht gefiltert. Aber die Slider beherbergten eine um Lichtjahre hoch entwickeltere Elektronik als alle gottverdammten Raumkapseln, die je zum Mond und zurück geflogen waren. Keines dieser legendären Apollo-Schiffe würde es in seinem technischen Zustand heutzutage als Automobil durch eine ordnungsgemäße Straßenverkehrskontrolle schaffen. Die Slider verhielten sich zu Apollo wie ein moderner Großrechner zur ZUSE 3.
    Befürworter des Gharon-Projekts werden nachrühmen, die Raumfahrtbehörde habe an den richtigen Teilen gespart. Ein Slider war schlicht und einfach zweckmäßig. Er verglühte beim Wiedereintritt restlos – und sein Passagier mit ihm.
    Okay, vergessen wir am besten den ganzen Pionierkram

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