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Eine unbegabte Frau

Eine unbegabte Frau

Titel: Eine unbegabte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Burgess
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ihrer eigenen Sprache nahegebracht werden konnte. Am Schluß der Gottesdienste stellten sie eine Sammelbüchse auf, aus deren schmalen Erträgen sie ein äußerst bescheidenes Leben fristen konnten.
    Eines Tages kam Linnan nach Sian, um sie zu besuchen, und sie freute sich von Herzen, ihn wiederzusehen. Er versuchte auf jede Weise, sie zu einer Heirat zu überreden: er malte Gladys ihr gemeinsames Leben in Chungking aus, wo er eine gute Stellung hatte. Irgendwie aber mußte sich ihre Beziehung zueinander, fern von ihrem Bergland, verändert haben. Die innere Fröhlichkeit, die ihnen ihr tägliches Zusammensein einst geschenkt hatte, wollte sich nicht mehr einfinden. Und all die praktischen Bedenken, die einer Mischehe entgegenstehen, traten immer stärker in den Vordergrund. Sie hatte mit anderen Europäern in Sian diese Frage besprochen. »Aber die Kinder!« sagten sie. »Die Kinder! Wenn Sie heiraten, werden Kinder kommen — wohin sollen sie gehören? Zu China oder zu England? Oder zu keinem von beiden?«
    Aber das war es nicht allein. Ihr Gefühl ihm gegenüber schien ihr verändert — distanzierter, ruhiger. Hätte der Krieg sie nicht aus Schansi vertrieben, wäre sie längst Linnans Frau geworden, das war sicher, und ihr Leben wäre anders verlaufen. »Warte noch«, hatte sie damals zu ihm gesagt, »wir wollen nicht heiraten, solange dieser sinnlose Krieg wütet, der uns zwingt, unsere Aufgaben und Schicksale getrennt auf uns zu nehmen.«
    Er hatte gewartet, und nun war es zu spät. An die Stelle jenes inneren Glücks war nun eine fast ermüdende Beflissenheit getreten, es in jedem Fall Gott, ihren Kindern und dem Mann, den sie liebte, recht zu machen.
    Irgendwann in den Bergen zwischen Yang Cheng und dem Gelben Fluß, irgendwo auf den Ebenen zwischen dem Gelben Fluß und der alten Hauptstadt Sian, irgendwann in den Strudeln ihrer Fieberdelirien war ihre glückliche Sicherheit verlorengegangen, die sie nun mit dieser unruhigen Bemühung zu ersetzen versuchte. Unter Tränen bemühte sie sich, Linnan dies alles verständlich zu machen — Linnan, der in seiner verzweifelten Liebe alle ihre Einwände beiseite zu schieben und zu zerreden suchte. Er tröstete sie und sich mit der Hoffnung, daß alles anders würde, wenn sie erst wirklich gesund wäre. In Chungking, sagte er, sei er ein angesehener Mann in hoher Stellung, sie würden ein schönes Haus haben und glücklich sein, und die Kinder könnten zur Schule gehen. Aber es war vergeblich, der bunte Vogel war fortgeflogen, vielleicht konnte er in dem Wald tiefer Not, der ganz China bedeckte, nicht leben. Es galt so viel Arbeit zu tun für den Herrn, ihren Gott, und sie, die kleine Frau, seine Jüngerin, hatte ihr Teil an dieser Arbeit zu erfüllen.
    Auf dem Bahnhof vor den Mauern von Sian sagte sie ihm Lebewohl, und als sie durch die schmalen Straßen heimwärts ging, drückte ihr das Gefühl schmerzlicher Einsamkeit fast das Herz ab. Noch lange Zeit ließ sie der nagende Zweifel nicht zur Ruhe kommen, ob sie an diesem Mann, der die einzige Liebe ihres Lebens war, richtig gehandelt habe oder nicht. Der Krieg wurde sein Schicksal, und sie sah ihn niemals wieder.

    Die Japaner rückten näher an Sian heran. Es mußte in nächster Zeit mit einem Angriff gerechnet werden, und Gladys beschloß deshalb, mit ihren Kindern weiter nach Westen zu gehen. Der Feind hat Sian zwar nicht eingenommen, doch Gladys lebte von nun an mit den Kindern in Baocchi in der westlichen Provinz Kansu. Der Ort wurde eines der großen Widerstandszentren der Nationalisten, die den größten Teil ihrer Hochschulen, Fabriken und Organisationen in den Westen verlegten.

    Ihre Fünf waren meist in der Schule, Ninepence heiratete bald nach Beendigung ihrer Ausbildung, und Gladys blieb viel allein. Da hörte sie, daß eine amerikanische methodistische Mission im westlichen Kansu, fast an der Grenze Tibets, Tausende von Flüchtlingen aus dem Norden betreute und darum eine Missionarin suchte, die den Schansi-Dialekt sprach. Gladys bewarb sich in einem chinesisch geschriebenen Brief um diesen Posten. Nie hat sie den Blick sprachlosen Erstaunens vergessen, mit dem sie der amerikanische Missionar, Dr. Olin Stockwell, bei ihrem ersten Zusammentreffen begrüßte: Er hatte eine chinesische Evangelistin erwartet! Sie übernahm dort die verschiedensten Aufgaben, und Dr. Olin Stockwell und seine Frau wurden ihre guten Freunde.
    Die Kommunisten nahmen später die Provinz Kansu ein und hielten Dr. Stockwell zwei

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