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Eine unbegabte Frau

Eine unbegabte Frau

Titel: Eine unbegabte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Burgess
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Gladys.
    »Sie haben es ganz ausgezeichnet gemacht«, sagte er mit freudiger Stimme. »Wir sind Ihnen zu großem Dank verpflichtet.«
    »Es ist unverantwortlich«, entgegnete sie bitter. »Die Männer sind hier Wochen und Wochen, Jahre und Jahre eingesperrt und haben nichts zu tun.«
    »Ich verstehe Sie nicht.«
    Seine Verlegenheit wirkte lächerlich. Aber da Gladys seine ehrliche Dankbarkeit spürte, beschloß sie, geradeswegs auf ihr Ziel loszusteuern. »Natürlich kommt es zu Schlägereien, wenn die Leute gar nichts haben, womit sie ihre Zeit ausfüllen können, jahrelang! Sie müssen unbedingt für Beschäftigung sorgen!«
    Der Direktor war noch immer völlig verdutzt. »Beschäftigung?« wiederholte er.
    »Es ist unbedingt nötig, daß man ihnen Arbeit gibt. Wir müssen Werkzeuge anschaffen; sie können zum Beispiel weben — es gibt eine Menge Arbeiten dieser Art. Dann verdienen sie ein wenig Geld, gewinnen ihre Selbstachtung wieder und können sich etwas zu essen kaufen.«
    Der Direktor nickte. Ob er alles wirklich einsah oder nicht, wurde ihr dabei nicht ganz klar. »Wir wollen uns später darüber unterhalten«, sagte er liebenswürdig.
    »Ich habe den Gefangenen versprochen, daß keine Vergeltung geübt wird«, betonte Gladys. Der Direktor nickte wieder. Ein paar Leichen würden kaum zum Gegenstand einer offiziellen Nachforschung. »Solange es nicht wieder vorkommt«, antwortete er, »werden wir den Vorfall zu vergessen suchen.«
    »Das freut mich«, erwiderte Gladys. Sie wandte sich an Feng. »Ich gehe jetzt, aber ich komme wieder. Ich werde alles tun, was ich kann, um euch zu helfen.«
    Die dunklen Augen des Priesters, der ein Dieb geworden war, ruhten auf ihr. »Danke!« sagte er. »Danke, Ai-weh-deh.«
    Damals wußte sie noch nicht, was die Worte »Ai-weh-deh« bedeuteten. Abends erkundigte sie sich bei Lu-Yung-Cheng, als er von dem langen Spaziergang zurückkam, zu dem er sich so auffallend plötzlich entschlossen hatte.
    »Ai-weh-deh?« meinte er neugierig. »Das heißt: Schale der Tugend.«
    Und als Ai-weh-deh wurde sie weit umher bekannt in Nord-Schansi während all der Jahre, die sie noch in China wirken sollte.

7. Kapitel

    Seit ihrer Heldentat im Gefängnis war Gladys’ Ansehen in Yang Cheng außerordentlich gestiegen. Schon als sie amtliche Fußinspektorin wurde, hatte sie in den Augen der Leute an Bedeutung gewonnen; aber seit sie, als Frau und allein, eine Meuterei beigelegt hatte, wurde ihr hohe Achtung entgegengebracht. Sie bemerkte, daß Kaufleute, die in ihrer Ladentür standen, sich überaus höflich verbeugten, wenn sie vorbeiging, obgleich man sie jahrelang wie Luft behandelt hatte. Ihre beiden Wachsoldaten waren über ihr Abenteuer im Gefängnis fast so erbaut, als ob sie eine Lohnerhöhung erhalten hätten.
    Gladys vergaß nicht, was sie den Gefangenen versprochen hatte. Der Direktor war im Grunde ein nicht unkultivierter, freundlicher Mann, er wurde in den folgenden Jahren einer ihrer besten Freunde. Schienen Gladys die Zustände in seinem Gefängnis katastrophal, so waren sie doch auch nicht schlechter als sonstwo in China. Und er war durchaus bereit, auf Gladys’ Vorschläge einzugehen — und sei es auch nur, um in Zukunft vor Unruhen unter den Gefangenen sicher zu sein. Durchgreifende Reformen waren allerdings nicht möglich — im Etat des Yamen war dafür kein Posten vorgesehen. Gladys konnte nicht mit Geld aushelfen, aber es gelang ihr, wenigstens ein paar alte Werkzeuge von Freunden des Direktors und eine Lieferung Garn auf Kredit zu erlangen, später auch einen großen Ballen Baumwollstoff, aus dem die Gefangenen die einfachen Besätze anfertigen konnten, wie man sie in Schansi trug. Schließlich ließ sie einen Mühlstein anfahren, mit dem die Männer Korn mahlen und durch diese Arbeit einige Zhen verdienen konnten. Sie besuchte das Gefängnis regelmäßig — wenn sie in Yang Cheng war, fast täglich; sie unterwies die Gefangenen in den einfachsten Grundlagen der Hygiene und las ihnen Geschichten vor. Diese ihre »Gemeindemitglieder« boten wenigstens den Vorteil, daß man sie immer »zu Hause« antraf. Irgendwo trieb sie ein paar zahme Kaninchen auf; ihre Schützlinge bastelten für die Tiere Kästen und hatten nun ihre Kaninchenzucht. Aber Gladys’ größter Triumph war, als ein alter Schulfreund des Direktors, ein Gelehrter von einigem Ruf, Yang Cheng besuchte.
    »Er ist Christ«, sagte der Gefängnisdirektor bedeutungsvoll. »Vielleicht kann ich ihn dazu

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