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Eine unbeliebte Frau

Titel: Eine unbeliebte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Untersuchung des Autos sind. An die Arbeit, Leute. Die nächste Besprechung findet um Punkt vier Uhr statt. Und da wünsche ich erste Erkenntnisse.«
    Alle nickten und erhoben sich, um an die Arbeit zu gehen.
    »Einen Moment noch, Frau Kirchhoff«, sagte Bodenstein. Pia blieb stehen. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und betrachtete sie aufmerksam.
    »Wie Sie sicherlich schon bemerkt haben«, sagte er, als die anderen den Raum verlassen hatten, »mag ich keinen autoritären Führungsstil. Aber in jedem Team muss es jemandengeben, der das Spiel bestimmt. In unserem Team bin ich das. Und ich erwarte, dass meinen Anweisungen Folge geleistet wird.«
    Pia erwiderte seinen Blick. Sie begriff, was er meinte.
    »Ich wollte nicht Ihre Anweisung in Frage stellen«, gab sie zu. »Aber ich habe gemerkt, dass Behnke nicht besonders scharf auf den Job war. Und da ich schon ziemlich viele Obduktionen miterlebt habe und es mir nichts ausmacht, habe ich angeboten, an seiner Stelle hinzugehen.«
    Bodenstein nickte nachdenklich.
    »Na ja«, er schob den Stuhl zurück, erhob sich und lächelte sie an, »die Rechtsmedizin scheint vertrautes Terrain für Sie zu sein. Ich habe gestern bemerkt, wie unbefangen Sie sich dort bewegt haben.«
    »Stimmt«, Pia nickte, »ich war sechzehn Jahre mit Doktor Henning Kirchhoff verheiratet. Wir wohnten nicht weit vom Institut entfernt, und da er ein Workaholic ist, musste ich dorthin, wenn ich ihn sehen wollte. Daher meine einschlägige Erfahrung auf dem Gebiet der Rechtsmedizin.«
    »Sie waren verheiratet?« Bodenstein erkannte eine günstige Gelegenheit, mehr über seine neue Kollegin zu erfahren.
    »Ich bin es noch«, entgegnete Pia, »aber mein Mann und ich haben uns vor einem knappen Jahr getrennt. Sie sind nicht sauer auf mich?«
    »Unsinn«, entgegnete Bodenstein, und plötzlich grinste er, »ich hätte Behnke nur zu gerne zu dieser Obduktion geschickt. Jedes Mal schafft der Kerl es irgendwie, sich davor zu drücken.«
     
    »Pia! Wie schön, dich wieder einmal zu sehen!« Professor Thomas Kronlage, der Leiter des Zentrums der Rechtmedizin in Frankfurt, Mitte fünfzig, mit der Figur eines athletischen Dreißigjährigen, kurz geschnittenen weißen Haaren und flinken,hellen Augen, breitete die Arme aus und strahlte über das ganze Gesicht, als Pia den Raum betrat, in dem die Sektion der Leiche von Isabel Kerstner stattfinden sollte.
    »Hallo, Tommy«, Pia lächelte und ließ sich umarmen, »ich freue mich auch.«
    Es hatte Zeiten gegeben, in denen Kronlage ihr beinahe vertrauter gewesen war als ihr eigener Mann. Er hatte ihre vergeblichen Bemühungen um ihre Ehe mit Henning Kirchhoff, dem stellvertretenden Leiter der Frankfurter Rechtsmedizin, hautnah miterlebt. Pias Noch-Ehemann war kein einfacher Rechtsmediziner, sondern einer der wenigen Spezialisten für forensische Anthropologie in Deutschland und ein Star in seiner makabren Zunft. Seine Mitarbeiter hatten ihm den heimlichen Spitznamen »Totengott« gegeben, und es waren irgendwann auch die Toten gewesen, die Pias Ehe zum Scheitern gebracht hatten, denn sie machten keinen Halt vor ihrer Haustür. Henning genoss als Wissenschaftler allerhöchstes Ansehen, und auch Pia hatte ihren Mann bewundert und angebetet, aber als sie angefangen hatte, mit den Möbeln und Bildern zu reden, hatte sie gemerkt, dass eine Ehe mit einem Genie eine sehr einsame Angelegenheit war. Als er im März vor einem knappen Jahr zum Schauplatz eines Seilbahnunglücks nach Österreich geflogen war, ohne sich von Pia zu verabschieden, hatte sie die gemeinsame Altbauwohnung an der Kennedyallee in Sachsenhausen verlassen. Es war ihm erst zwei Wochen später aufgefallen.
    »Wie geht es dir?«, Kronlage hielt Pia auf Armlänge von sich und musterte prüfend ihr Gesicht. »Gut siehst du aus. Ich habe gehört, es hat dich ins Mord- und Totschlagdezernat verschlagen.«
    »Ja, ich bin seit einem Monat in Hofheim beim K11«, Pia lächelte. In dem Moment klopfte es an der offenen Tür, und ein junger Mann trat ein.
    »Guten Morgen«, grüßte er forsch.
    »Ah, der Herr Staatsanwalt!«, rief Kronlage fröhlich. »Na, dann können wir ja anfangen.« Pia stellte sich vor und reichte dem jungen Mann die Hand.
    »Jörg Heidenfeld, Staatsanwaltschaft Frankfurt.«
    »Ihre erste Sektion?«, erkundigte Kronlage sich und fixierte den Staatsanwalt über seine Halbbrille. Heidenfeld nickte nur.
    »Nun denn«, Kronlage gab seinem Assistenten ein Zeichen, woraufhin dieser das Tuch von der

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