Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)

Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)

Titel: Eine unerwartete Erbschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen McQuestion
Vom Netzwerk:
anstrengend, andauernd nach oben zu sehen – wegen der grellen Sonne musste ich die Augen abschirmen und mein Nacken begann zu schmerzen. Außerdem war es anstrengend, Faszination zu heucheln. Die Drachen schienen mir eher wie etwas, das man im Vorbeifahren bewundern könnte – Ach, sieh mal, Drachen! –, als
dass man extra einen Ausflug dorthin unternahm. »Schade, dass man hier nirgendwo sitzen kann«, sagte ich in der Hoffnung, Ryan möge den Wink verstehen.
    Er sah mich an. »Möchtest du ein bisschen am Strand entlanggehen? Es ist bestimmt interessant, die Drachen aus der Entfernung zu beobachten.«
    O ja, oder noch lieber vom davonfahrenden Auto aus ... Ich zögerte. Ich wollte nicht zickig wirken und überlegte, wie ich mich am besten aus der Affäre zog. »Ich glaube, meine Schuhe sind nicht besonders für den Sand geeignet.« Ich hob demonstrativ einen Fuß hoch. »Ich sinke immer ein.« Und ich spürte bereits, wie mir die Fersenriemen ins Fleisch schnitten. Die Beurteilungen beim Internet-Anbieter Zappos hatten eine hohe Punktzahl für Bequemlichkeit angezeigt, doch davon merkte ich nichts.
    Ryan hob nachdenklich die Hand ans Kinn. »Warum ziehst du sie dann nicht aus? Ich werde meine Schuhe auch ausziehen und dann können wir sogar im Wasser laufen.« Er grinste, als hätte er etwas Anzügliches vorgeschlagen.
    Ich stimmte seinem Plan zu, weil er sich in der Theorie gut anhörte. Spielten die romantischen Szenen von Liebesfilmen nicht immer am Meer? Und es gab doch auch diesen Ausspruch, den ich schon in Gesprächen anderer gehört hatte: »Das war kein Strandspaziergang, sage ich euch.« Was darauf verwies, dass ein Strandspaziergang etwas Tolles, Angenehmes war und das Beschriebene das genaue Gegenteil. Warum sollte ich also die Gelegenheit ausschlagen, etwas Wundervolles zu erleben?
    Ryan konnte Balance halten wie ein Flamingo. Mühelos trat er aus seinen Schuhen und streifte die Socken ab. Ich hingegen
musste mich an ihm abstützen, um die Riemen aus ihren Schnallen zu lösen. Beim Vorbeugen strafften sich die Riemen noch mehr, was den Schwierigkeitsgrad weiter erhöhte. Zuhause setzte ich mich normalerweise auf die Couch, legte den Fuß auf das andere Knie und sah beim Ausziehen auch noch fern. Hier wusste ich gar nicht, wo ich anfangen sollte.
    »Hast du Probleme?«, erkundigte sich Ryan.
    »Ein bisschen.« Das war noch untertrieben. »Die Schnallen klemmen irgendwie.«
    »Lass mich das machen.«
    »Oh, nein, ich will nicht, dass du ...«
    »Unsinn.« Er kniete sich hin und öffnete mit flinken Griffen die Schnallen. Sein Rücken versperrte mir die Sicht, aber ich spürte sofort Erleichterung, als die Riemen beider Schuhe sich nacheinander lösten. Mit selbstzufriedenem Blick erhob Ryan sich wieder. »Besser?«
    »Viel besser.« Ich schlüpfte aus den Schuhen, hob sie auf und ließ sie von den Fingern baumeln. »Sollen wir die hier lassen?« Es kam mir blöd vor, sie zu tragen. Verliebte Paare in Filmen trugen ihre Schuhe auch nie in der Hand.
    Er sah sich um und runzelte die Stirn. »Das würde ich nicht tun. Vielleicht kommen Kinder vorbei und finden es lustig, sie wegzunehmen.« Er hob seine Schuhe hoch und streckte sie mir entgegen – ein Paar braune Slipper mit dunklen Nähten. »Das sind Berlutis. Die würde ich nicht gern verlieren.«
    »Stimmt. Meine möchte ich auch nicht verlieren, die sind nämlich noch ziemlich neu. Von Zappos .« Ach Lola, wann lernst du endlich, den Mund zu halten?
    » Zappos kenne ich nicht.« Ryan sprach es aus wie ein fremdländisches Wort. »Aber sie sind hübsch. Gehen wir los?«
Er streckte die Hand aus und ich ergriff sie. Seine Schuhe hatte er in die Ellenbeuge des anderen Arms gelegt, wie einen Football. »Eine schöne Art, seinen Nachmittag zu verbringen, oder?«, meinte er, als wir uns in Bewegung setzten.
    »Ja, schön.« Das Lügen fiel mir immer leichter. War ich etwa die einzige, die die scharfkantigen Steine am Strand störten? Wie kam es, dass Ryan nicht bei jedem Schritt dieses Stechen spürte?
    Während wir spazierten, plauderte er munter weiter, ohne meinen Schmerz zu bemerken. Er deutete auf Seemöwen und erklärte, dass sie über die Great Lakes in Richtung Mittelwesten flogen. Danach verglich er den See mit jedem anderen See, Fluss und Ozean, den er auf seinen Reisen gesehen hatte: dem Blaugrün des Mittelmeers, dem unglaublich klaren Wasser vor Costa Rica und einem Ort auf Hawaii, wo die schwarzen Strände aus abgekühlter,

Weitere Kostenlose Bücher