Eine unheilvolle Begegnung
wäre er froh, sie los zu sein. Unsinn, er hatte gesagt, dass er sie liebte und bald zu ihr kommen würde, daran musste sie glauben. Trotzdem vermisste sie ihn mehr, als sie sich je hätte vorstellen können.
Am Wochenende hatte sie nichts, was sie von ihrer Einsamkeit ablenken konnte, außer vielleicht Cathy, doch die schien ebenfalls zu leiden. Deshalb war sie froh, am Montag wieder zur Arbeit gehen zu können. Auch das Gespräch mit Detective Gonzalez, der ihr versicherte, dass alle Mitglieder von Whites Organisation verhaftet worden waren, riss sie kurzzeitig aus ihren trüben Gedanken. All das half aber nicht wirklich. Sie wollte Morgan, und das sofort! Es wäre leichter, wenn er sie wenigstens anrufen würde oder einen Brief, eine E-Mail geschrieben hätte, aber er meldete sich überhaupt nicht. Sam war bereit, ihm zuzugestehen, dass er im Moment wohl sehr beschäftigt war und andere Dinge im Kopf hatte. Aber am Ende der Woche reichte es ihr: Sie riss den Telefonhörer hoch und wählte seine Nummer. Wieder einmal meldete sich nur der Anrufbeantworter.
»Morgan, melde dich bitte endlich bei mir.« Dann legte sie auf. Sie hatte ihm noch viel mehr zu sagen, aber sie wollte es persönlich tun und nicht auf Band sprechen.
»Wieder nichts?«
Sam fuhr zu Cathy herum, die im Türrahmen lehnte. »Nein. Und langsam habe ich auch keine Lust mehr zu warten. Er hätte sich wenigstens bei mir melden können. Ich verstehe, wenn er nicht persönlich kommen kann. Aber ein Anruf ist ja wohl nicht zu viel verlangt, oder?«
Cathy schüttelte den Kopf. »Nein, ist es nicht. Und du bist sicher, dass eure Beziehung tiefer ging?«
Sam verzog unglücklich den Mund. »Ja. Zumindest dachte ich es.«
»Wenn es so ist, dann wird er kommen, wenn er bereit ist.«
»Ich habe keine Lust, die ganze Zeit hier auf ihn zu warten.«
»Dann tu es doch nicht.« Cathy lächelte. »Wie wäre es, wenn du mit deiner Ausgrabung anfängst? Die Mittel dafür wurden schon bewilligt, du könntest sofort loslegen.«
Sam blickte sie unsicher an. »Ich weiß nicht …«
Cathy unterbrach sie. »Du wärst abgelenkt und würdest das machen können, was du am liebsten magst.«
Sams Miene hellte sich auf. »Stimmt. Und wenn er mich wirklich finden will, dann wird er es. Andernfalls hat er eben Pech gehabt.«
»Das ist die richtige Einstellung.«
Sam nickte und ging in ihr Zimmer zurück. Natürlich wäre es nicht nur sein Pech, sondern auch ihr Unglück. Es war unvorstellbarfür sie, Morgan vielleicht nie wiederzusehen. Sie sollte unbedingt auch noch einen Alternativplan aufstellen für die Möglichkeit, dass Morgan nicht zu ihr kam. Denn sie würde es ihm nicht leicht machen, sie loszuwerden, so viel war sicher.
Langsam trat Morgan in das schlecht beleuchtete Gebäude des Geologischen Instituts der Universität von Utah. Von Detective Gonzalez hatte er erfahren, dass Sam noch bei ihrer Freundin Cathy O’Donnell wohnte. Da er neutralen Boden vorzog, hatte er beschlossen, lieber zu ihrer Arbeitsstätte zu fahren. Er entdeckte ihren Namen nirgends auf der Tafel, die im Eingangsbereich den Weg zu den Büros wies, daher ging er die Treppe hoch zum Büro ihrer Freundin. Sie würde bestimmt wissen, wo Sam untergebracht war. Sein Herz schlug schneller, als er daran dachte, dass er sie nach über drei Wochen endlich wiedersehen würde.
Er wäre gerne früher gekommen, aber es hatte länger gedauert, alles wieder zu bereinigen, als er gedacht hatte. Aber jetzt war er hier, und er hoffte, dass Sam ihm seine lange Stille verzeihen und ihn wieder in ihr Leben aufnehmen würde. Endlich hatte er das Büro erreicht. Er wischte sich seine feuchten Hände an der Hose ab und versuchte, seinen heftigen Atem zu beruhigen. Leise klopfte er an die Tür.
»Herein.«
Zögernd öffnete Morgan die Tür und blickte auf die rothaarige Frau, die hinter ihrem Schreibtisch saß und in einem Buch blätterte. »Entschuldigen Sie die Störung, ich bin auf der Suche nach Samantha Dyson.«
Jetzt blickte die Frau auf und musterte ihn unverhohlen. »Und wer sind Sie?«
Morgan zuckte beim feindseligen Klang ihrer Stimme zusammen. »Morgan Spade.«
»Ah.« Ein Teil der Anspannung wich aus ihrem Körper, aber ihre Stimme klang immer noch kühl. »Sie kommen also doch noch.«
Wieder zuckte er zusammen. »Ja. Sams Name stand unten nicht am Brett, deshalb dachte ich, Sie könnten mir vielleicht sagen, wo ich sie finde.«
Cathy lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und musterte ihn. »Sie
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