Eine unmoralische Affäre
Gesicht blickte, ermahnte sie sich aufs Neue, mit ihren Emotionen vorsichtig hauszuhalten.
»Ich zieh Allison schnell an, und dann können wir meinetwegen fahren«, sagte sie.
Die Fahrt durch das ländliche Osttexas dauerte ungefähr eine halbe Stunde. Katherine bewunderte die herrliche Landschaft. Tiefe Wälder mit Fichten, Zedern, hohen Eichen und Ulmen. Dazwischen hübsche Hartriegelsträucher, die mit ihrer weißen und rosafarbenen Blütenpracht im Frühjahr sämtlichen Baumriesen Paroli boten.
Die Landstraße wurde zunehmend schmaler und mündete in eine holprige Buckelpiste. Der Jeep rumpelte durch unzählige Schlaglöcher, dass den beiden die Zähne aufeinanderschlugen und sie ihre Unterhaltung daher auf das Nötigste beschränkten. Katherine umklammerte Allison, aus Furcht, das Baby könnte bei der Wucht des Aufschlags aus dem Wagen katapultiert werden.
Jace verließ die Straße und fuhr durch eine Tannenschonung, die zumindest eben war. Als sie auf eine Lichtung kamen, erstreckte sich vor ihnen das Bohrungsgelände. Katherine war verblüfft über die Hektik und den Lärm. Die Bohrkräne, die für das Ölförderprojekt zum Einsatz kamen, ragten gespenstisch in die Höhe.
Ein paar Arbeiter unterbrachen kurz ihre Arbeit, um Jace zu winken, der sich eben aus dem Jeep schwang. Er bedeutete Katherine mit einer Geste seiner Hand, sitzen zu bleiben. Er selbst verschwand in einem hässlich heruntergekommenen
Bürocontainer, von dem der grau verwitterte Anstrich abblätterte. Augenblicke später tauchte Jace wieder auf, auf dem Kopf einen Schutzhelm, einen weiteren in der Hand.
Er brüllte durch den Lärm: »Hier, zieh den an.«
Katherine beäugte skeptisch den knallgelben Helm.
»Bedaure, aber das ist Vorschrift. Mr. Mannings Sicherheitsvorschriften.« Augenzwinkernd setzte er ihr das Ungetüm auf den Kopf. Er nahm Allison auf den Arm und schlug abermals den Weg zu dem Container ein.
Katherine schnappte sich die Wickeltasche und stieg unschlüssig aus dem Jeep. Sie fühlte förmlich die Blicke, die neugierig an ihr klebten, obwohl die Crew zügig weiterarbeitete. Sie versuchte erst gar nicht, nach Jim Cooper Ausschau zu halten. Hier im Bohrgelände schienen die Arbeiter eine homogene Gruppe zu bilden, nicht unterscheidbar, ähnlich einer Ameisenarmee. War ihre enge Jeans etwa zu gewagt?, fragte sie sich panisch, als ihr einfiel, dass Jace sie damit aufgezogen hatte.
Der Helm schien ihr eine ziemlich überflüssige Angelegenheit, wenngleich Jace schon öfter betont hatte, dass unter seiner Leitung strenge Sicherheitsstandards galten.
»In den dreißiger Jahren, während des Riesenbooms in Texas, suchten die Leute verzweifelt irgendwelche Jobs. Die fanden sie auf den Ölfeldern, ganz gleich, ob sie qualifiziert waren oder nicht. Die Vorarbeiter, die diese Männer für Peanuts anheuerten, kümmerten sich nicht um irgendwelche Risiken oder Gefahrenpotenziale. Sie waren froh, dass sie haufenweise billige Arbeiter bekamen.
Sicherheitsbestimmungen traten erst sehr viel später in Kraft. Nach dramatischen Unfällen mit Toten und
Schwerverletzten, die sich hätten vermeiden lassen. Ein Unfall in der Nähe eines Bohrturms lässt sich zwar nie ganz ausschließen; trotzdem versuche ich, das Risiko gering zu halten, indem ich entsprechende Sicherheitsvorkehrungen treffe.« Offenbar bildete seine Frau da keine Ausnahme.
Jace stand auf den Stufen des Containers und hielt Katherine die Tür auf. Als sie zu ihm hochschaute, stand ein breites Grinsen zwischen seinen Kiefern. Man könnte fast meinen, er ist stolz auf mich , dachte sie.
»Katherine, das ist Billy Jenkins. Der Kerl ist mit allen Wassern gewaschen, dickfellig, raubeinig und eine absolut linke Bazille, aber das sind wir bei ihm gewöhnt.«
Katherine nahm den schweren Helm ab und musterte den Mann, den Jace ihr ziemlich flapsig vorgestellt hatte. Billy war älter als die anderen Männer. Sie fragte sich, ob Jace ihm diesen Containerjob wegen seines fortgeschrittenen Alters gegeben hatte.
Billy hatte schüttere graue Haare. Seine Haut mutete wie ein Stück gegerbtes braunes Leder an. Das von tiefen Falten zerfurchte Gesicht erinnerte Katherine an die Linien auf einer Landkarte. Krumme Beine und eine gedrungene Statur ließen ihn kleiner wirken, als er in Wirklichkeit war.
Er musterte die junge Frau mehrere Male von oben bis unten. Nicht abschätzig, sondern bewundernd. »Würd mich brennend interessieren, wie so ein süßes, hübsches kleines Ding wie
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