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Eine unzüchtige Lady

Eine unzüchtige Lady

Titel: Eine unzüchtige Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Wildes
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Derek nahm einen kleinen Schluck Whisky.
    Nicholas öffnete den Mund, als wolle er noch etwas sagen, doch dann schloss er ihn wieder. Er trommelte unruhig mit den Fingern auf den Schreibtisch. Auch damit hörte er auf, als wäre
ihm erst in dem Augenblick bewusst geworden, dass diese Bewegung seine Gefühle verriet.
    Ein Einwand? Eine Bitte, alles abzusagen? Derek verstand bis zu einem qualvollen Maß, wie schlimm Nicholas’ innerer Kampf sein musste. Es war eine simple Gleichung: Wenn Nick die Wette abblies, wäre das eine Erklärung seiner tieferen Gefühle für Caroline Wynn.
    Zufrieden damit, dass alles nach Plan verlief, stand Derek auf. »Habe nur gedacht, ich schaue vorbei und lasse dich wissen, dass wir unsere Vorbereitungen getroffen haben. Ihr zwei seid nun schon seit knapp zwei Wochen zurück, nicht wahr?«
    »Elf Tage.« Nicholas merkte selbst, wie merkwürdig seine Antwort klang. »Oder so«, fügte er hinzu.
    Es gelang Derek kaum, ein Lachen zu unterdrücken. Es war nicht so, dass er die Seelenqualen, die sein Freund durchlitt, genoss. Aber er verspürte zumindest das mitfühlende Verständnis unter Männern, das Nicholas wohl kaum zu schätzen wusste, solange er nicht mit sich selbst ins Reine kam.
    »Dann vermute ich, wir werden sehen, was die Dame uns zu sagen hat, wenn das hier vorbei ist.«
    Das sollte den Dolch noch tiefer in die Wunde treiben.
    »Ich denke schon.«
    »Pass bloß auf, Nick - sie wird dich nach der ersten Nacht mit mir vergessen haben.«
    Sein Freund blinzelte nicht einmal. Aber ebenso wenig hatte er eine seiner gewohnt schlagfertigen Antworten parat.
    Derek ging. Er dachte darüber nach, dass der Samen nun gelegt war. Die Frage aber blieb, ob dieser Samen je Früchte trug?
     
    Der Raum war erfüllt von duftigen Stoffen, den schnatternden Assistentinnen und dem alles überlagernden Geruch des Gardenienparfüms
der Schneiderin. Ein dunkelhaariges Mädchen kniete zu ihren Füßen und richtete den Saum ihres Kleids.
    Annabel stand starr da, den Rücken durchgedrückt, die Hände vor ihrem Bauch ineinander verkrampft. Der Kummer schnürte ihr den Hals zu.
    »Es ist einfach herrlich, Madame DuShane.« Margaret schenkte der Dame, die ihr nicht von der Seite wich, ein zustimmendes Lächeln. »Du wirst ein Engel sein, Annabel.«
    Musste sie ausgerechnet das Wort »Engel« benutzen? Es weckte in ihr die Erinnerung an den Anblick eines Mannes mit dunkelblondem Haar. Wenn er lachte, merkte man, dass er diesen Spitznamen zurecht trug. Wenn er auch kaum engelhaft war, sobald es um seinen unheiligen Zeitvertreib ging. Ein Mann mit Augen so blau … sich in seinen Augen zu verlieren war, als blicke man in einen kristallblauen See. Und sein Lächeln war so verführerisch, dass keine Frau in seiner Gegenwart sich seiner Macht entziehen konnte.
    Sollte sie wirklich hier in ihrem Hochzeitskleid stehen und dabei an Derek Drake denken?
    Aber welche Wahl hatte sie? Annabel bezwang sich schließlich und drehte sich um. Sie blickte sich im hohen Spiegel an. Ja, es war eine wunderbare Kreation. Der eisblaue Unterrock war aus Satin gefertigt, und die zarte Spitze darüber verlieh ihm etwas geradezu Himmlisches. Um die Taille schmiegte sich das Kleid eng und formte darüber ein züchtiges Mieder, das nur zart die Linie ihrer Brüste offenbarte. Winzige Perlen waren auf die Flügelärmel und den Ausschnitt gestickt, die das Licht einfingen.
    Das Kleid war atemberaubend schön.
    Sie hingegen sah im Vergleich dazu schrecklich aus. Sie war kreidebleich, und unter ihren Augen zeichneten sich zarte Schatten ab, die von ihrem Schlafmangel zeugten. Ihr Mund zitterte,
als sie gegen den unwiderstehlichen Drang ankämpfte, in Tränen auszubrechen.
    Warum bloß hatte sie diesen Brief gelesen?
    Margaret trat zu ihr. Ihre Gestalt wurde hinter Annabel im Spiegel reflektiert. »Annabel?«
    »Ich kann es nicht tun.«
    Die Worte kamen als dünnes Flüstern über ihre Lippen. Margarets Mund öffnete sich, und Besorgnis flackerte in ihrem Blick auf. »Mein liebes Kind, ich …«
    »Ich kann Alfred nicht heiraten.« Annabel wirbelte herum. »Es tut mir leid … es tut mir so leid …«
    Madame DuShane war eine zerzaust wirkende Frau mit einem kantigen Kinn und kleinen, schwarzen Augen. Sie warf ihre Hände in einer dramatischen Geste nach oben. »Es ist doch ganz natürlich, nervös zu sein, nicht wahr? Alle Bräute fühlen sich so. Das geht vorbei. Ihr seid in diesem Kleid eine Offenbarung. Er wird vor Euch auf die Knie

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