Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine unzüchtige Lady

Eine unzüchtige Lady

Titel: Eine unzüchtige Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Wildes
Vom Netzwerk:
und Reitstiefel lenkten die Aufmerksamkeit auf seine Beine. Für seine riskante Kletterpartie hatte er das Jackett und die Krawatte abgelegt.
    Dass er überhaupt bei ihr eingedrungen war, verwirrte sie. Seine letzten Worte aber machten sie sprachlos.
    Derek wiederholte mit heiserer Stimme: »Dieser Kuss - der eine Kuss, der nie hätte geschehen dürfen - hat mein Leben verändert, Annie. Bei meiner Ehre, ich schwöre dir, dass es stimmt.«
    Hatte er soeben das Wort Ehre benutzt?
    Weil die Erinnerung noch immer so schmerzhaft wie eine offene Wunde war, die schwärte und nicht heilen konnte, erwiderte sie mit bitterer Überzeugung: »Ich bin sicher, du kannst jederzeit Lügen verbreiten, wenn du deine Ehre als Zeugin deiner Aufrichtigkeit heranziehst. Denn du hast keine Ehre.«
    Sein Mund spannte sich an. Sie wusste, sie hatte den ersten
Treffer gelandet. »Ich vermute, ich bin nicht überrascht, dass du von mir eine so geringe Meinung hast. Das hast du in der Vergangenheit deutlich genug gezeigt. Aber wir kennen einander seit langem. Tust du mir den Gefallen, mich ausreden zu lassen?« In seinen lebhaft blauen Augen las sie etwas für ihn untypisch Flehendes. »Sicher bist du neugierig, was ich dir zu sagen habe. Was kann schon wichtig genug sein, dass ich meinen Hals riskiere, um es dir zu sagen?«
    Sie war wirklich neugierig, aber ihm das einzugestehen schien ihr ein Zeichen von Schwäche. Seine Begabung, sie zu bezaubern, stand außer Frage.
    Außerdem hatte sie ihn rundweg angelogen, was mit dem Brief geschehen war.
    Die Frage war, ob sie ihm widerstehen konnte.Vielleicht war sie nicht annähernd so erfahren und weltgewandt wie er, aber zumindest war sie erfahren genug. Und sie wusste, es war töricht, auch nur einen Moment lang ihren Schutz zu vernachlässigen. In ihrem gegenwärtigen Zustand der mangelnden Zufriedenheit angesichts ihrer bevorstehenden Hochzeit war Derek Drake eine Gefahr für sie. »Nein«, log sie. »Ich bin nicht im geringsten neugierig.«
    Ein Muskel zuckte in seiner Wange. »Meine Familie - und ich - hat all die Jahre für dich gesorgt. Das soll nicht vergebens gewesen sein.«
    »Das ist ungerecht.« Sie straffte sich und starrte ihn herausfordernd an. »Ist es mein Fehler, dass ich zur Waise wurde?«
    »Nein, natürlich nicht.« Seine unerbittliche Miene veränderte sich nicht. »Aber ich glaube, ich bin darüber hinaus, gerecht zu sein. Du schuldest mir zumindest die Gelegenheit, mich mit dir auszusprechen. Wollen wir reden?«
    Er war der Earl. Sein Titel machte ihn letztlich im finanziellen Sinne für das Anwesen verantwortlich, das sie als ihr Zuhause
betrachtete. Und ja, seine Familie hatte sich ihr gegenüber mehr als großzügig gezeigt. Das wusste sie auch. Wenn nicht um seinetwillen, schuldete sie ihm zumindest um Thomas und Margaret willen etwas. Unfreundlich nickte sie. »Also gut.«
    Ein Schatten seines sonst so hübschen Lächelns umspielte seinen Mund. »Erst lässt du mich betteln, und dann muss ich dich auch noch erpressen.«
    »Sag einfach, was dir so unglaublich wichtig ist. Und dann verschwinde. Wenn jemand dich in meinem Schlafzimmer findet, bin ich ruiniert, selbst wenn du vollständig bekleidet wärst.«
    Unglücklicherweise war das nur allzu wahr. So verständnisvoll Alfred auch stets war, dafür würde er kein Verständnis aufbringen.
    Nachdem sie ihm erlaubt hatte zu sprechen, zögerte Derek. Nach einem kurzen Schweigen sagte er einfach: »Nichts, was an jenem Tag geschah, hatte ich so geplant. Ich hatte nicht die Absicht, dich zu küssen. Und später war es erst recht nicht meine Absicht, Isabella Bellvue anzurühren. Und weiter bin ich mit ihr nicht gegangen. Wenn du dich erinnerst, bin ich ihr seit Tagen aus dem Weg gegangen.«
    Sie erinnerte sich durchaus an die kokette Countess, denn sie hatte eifersüchtig zugesehen, wie schamlos Lady Bellvue Derek verfolgte. Ihre Absicht war sogar für ein siebzehnjähriges naives Mädchen offensichtig. »Du hast sie bestimmt nicht an jenem Abend im Wintergarten gemieden«, bemerkte sie bitter.
    »Das war doch nur, weil ich dich zuvor geküsst hatte.«
    »Ich habe nie im Leben etwas so Unsinniges gehört.«
    »Nein? Nun, dann hör mir zu.« In seiner Stimme schwang etwas mit, das sie als düstere Belustigung bezeichnen würde. »Wenn du etwas Widersinniges hören möchtest, kann ich es dir liefern. An jenem Nachmittag, als ich dich in meinen Armen hielt, wurde mir bewusst, dass ich bei dir nur zwei Möglichkeiten
hatte.

Weitere Kostenlose Bücher