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Eine unzüchtige Lady

Eine unzüchtige Lady

Titel: Eine unzüchtige Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Wildes
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die Distanz und der Durchblick.

    Er zuckte innerlich zusammen, so sehr schmerzte ihn ihre Verachtung. Zugleich hoffte er, sein Unbehagen sei nicht zu offensichtlich. »Ich bin kein Heiliger«, stieß er hervor. »Ich habe nie behauptet, einer zu sein. Aber ebenso wenig fehlt mir ein Gewissen. Darum bin ich jetzt hier. Ich bekam nie die Möglichkeit, mich für das, was passiert ist, zu entschuldigen. Nur dem Papier konnte ich mich anvertrauen, aber das hat dir offensichtlich nicht genügt.«
    »Was passiert ist?« Geschwungene, blonde Augenbrauen hoben sich.
    »In der Bibliothek«, erklärte er brüsk.
    »Oh.« Die einsilbige Antwort war so kalt wie ein Stein im Winter.
    Eine leise Brise bewegte die Vorhänge hinter seinem Rücken. Leise sagte er: »Ich habe dich geküsst. Erinnerst du dich?«
    Er wusste, dass sie sich erinnerte. Und sie wusste, dass er es wusste. Annabels Augen blitzten ihn an. »Ich erinnere mich tatsächlich an jenen Tag. Ich erinnere mich an alles , was an jenem Tag geschah.«
    »Ich habe dich verletzt.« Es war eine sanfte Feststellung.
    »Du schmeichelst dir, Mylord.«
    Sie log, wenn sie es leugnete. Ebenso wie an ihre glücklich strahlenden Augen nach dem Kuss erinnerte er sich noch sehr genau an ihr bleiches, entsetztes Gesicht, als sie aus dem Wintergarten stolperte, wo sie ihn mit Isabella erwischt hatte. Es bedeutete gar nichts, mutmaßte er, dass er eigentlich an diesem Punkt nichts mehr getan hatte, außer sich bei Isabella zu entschuldigen und zu gehen. Den Schaden hatte er ja bereits angerichtet. Der folgende Abend war alles andere als vielversprechend gewesen. Isabella hatte lautstark ihrer Enttäuschung Luft gemacht, weil er sich von ihr zurückgezogen hatte, nachdem Annabel weinend aus dem Wintergarten gestürmt war. Er war sich nicht sicher,
wie man sich noch mehr wie ein wertloser Mistkerl fühlen konnte. Er hatte an jenem Abend statt Lady Bellvue eine Flasche Brandy mit ins Bett genommen.
    Er kämpfte um eine Fassung, die er nicht verspürte. »Darüber müssen wir reden, Annie«, sagte er. »Sowohl über den Kuss als auch über das, was danach passiert ist. Denn die beiden Ereignisse hängen miteinander zusammen.«
    »Ich weiß nicht, was ein einfacher Kuss mit deinem schäbigen, ekelhaften Verhalten zu späterer Stunde zu tun haben könnte.« Ihr Haar schimmerte im Licht der einzigen Lampe. Die hellen Strähnen umspielten ihre zarten Gesichtszüge. Dunkelblaue Augen starrten ihn unverhohlen anklagend an.
    »Ich weiß, ich habe dich enttäuscht, aber das war nicht meine Absicht. Im Übrigen war dieser Kuss alles andere als einfach. Das wissen wir beide.«
    Ihre Lippen zitterten leicht. »Ich bin mir sicher, für dich war es nur einer unter Tausenden. Versuch bitte nicht, mir zu erzählen, er hätte für dich irgendeine Bedeutung. Ich habe dich später gesehen , Derek. Und nach dem, was ich weiß, hast du seitdem auch nicht gerade ein mönchisches Leben geführt. Überall können erzürnte Ehemänner in dieser Frage glaubwürdig versichern, dass es so ist. Nimm nur Lord Tanner als Beispiel. Ich muss gestehen, es hat mich nicht überrascht, als diese Geschichte die Runde machte.«
    »Ich habe nie angestrebt, ein Heiliger zu sein. Ich kann dir versichern, in die Affäre um die Tanners bin ich nicht involviert. Das war ich nie. Ich bin nicht sicher, was du sonst noch gehört hast. Aber glaub mir, die meiste Zeit des vergangenen Jahres habe ich damit zugebracht, über dich nachzudenken.«
    »Und das alles nur wegen eines Kusses? Vergib mir, wenn ich skeptisch bin, aber diese Skepsis musste ich mir auch hart erarbeiten.«

    Er hoffte, sie hörte den Ernst in seiner Stimme, als er ihr jetzt die Wahrheit gestand. »Dieser Kuss hat mein Leben verändert.«
     
    Wie konnte er ihr das antun? Die letzte Woche war für sie eine Qual gewesen, weil Derek plötzlich überall zu sein schien. Es war unmöglich, ihn zu ignorieren. Und jetzt das? Er hatte recht. Annabel mied ihn absichtlich so viel wie möglich. Das Letzte, woran sie erinnert werden wollte, war ihre unglückselige Verliebtheit in den untreuen, berüchtigten Lord Manderville.
    Aber in diesem Augenblick konnte sie ihm nicht entkommen. Nicht wenn er vor ihr stand, ausgerechnet in ihrem Schlafzimmer. Die pure, männliche Schönheit seines Gesichts war im gedämpften Licht in Schatten getaucht. Das blonde Haar reichte bis an den Kragen seines exquisiten Leinenhemds, das die beeindruckende Breite seiner Schultern umspannte. Schwarze Hose

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