Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)
war. »Wer hat dir verraten, wo ich bin?«
»Dein Cousin.«
»Das hätte ich mir denken können«, bemerkte er und tunkte die Spitze der Feder in das Tintenfässchen neben seinem Knie. »Er mischt sich in meine Angelegenheiten ein, seit er alt genug ist zu krabbeln. Er hat mir immer Käfer in die Wiege gelegt, nur um mich schreien zu hören.«
»Hast du entschieden, es sei doch noch nicht zu spät, eine Ode auf mein sanftes Gemüt zu verfassen?«, erkundigte sie sich und nickte in Richtung des Blattes.
Er schrieb noch eine Zeile auf das billige Papier. »Es überrascht dich vermutlich, dass ein unzivilisierter Schotte lesen und schreiben kann.«
»Ich bin davon ausgegangen, dass man dich nicht auf St. Andrews aufgenommen hätte, wenn du nicht irgendeine Aufnahmeprüfung bestanden hättest.«
»Mein Großvater hat mir Lesen und Schreiben auf Englisch und Gälisch beigebracht.« Er warf ihr einen spöttischen Blick zu. »Und ich habe mir selbst Latein und Französisch beigebracht.« Wieder tunkte er den Federkiel mit der Spitze in die Tinte und malte einen kühnen Strich auf das Blatt.
»Und wo genau stammten die ganzen Bücher dafür her?«
»Ach, wir haben nicht nur Gold, Silber und Kühe gestohlen. Wann immer mein Großvater erfahren hat, dass Hepburn eine neue Lieferung Bücher für seine Bibliothek erwartete …« Er sprach nicht zu Ende, doch sein teuflisches Grinsen machte es ihr nur zu leicht, sich den Rest zu denken.
»Nun, wenigstens hast du die Fertigkeiten, die dein Großvater dir beigebracht hat, zum besten Nutzen eingesetzt.«
Sein Lächeln verblasste. »Er wäre im Moment nicht zufrieden mit mir, wenn er wüsste, dass ich sie dazu benutze, eine Lösegeldforderung zu verfassen.«
Emma fühlte sich mit einem Mal, als hätte er ihr die Spitze des Federkiels ins Herz gerammt.
Aber sie hatte nicht das Recht, sich verraten zu fühlen. Es war schließlich nicht so, als wüsste sie nicht, dass dieser Moment kommen musste. Wenn überhaupt, dann sollte sie sich erleichtert fühlen. Er erfüllte schließlich nur sein Versprechen an sie, oder? Sobald der Earl das Lösegeld lieferte, würde Jamie sie freilassen. Es stünde ihr frei, an den Busen ihrer liebenden Familie zurückzukehren, wieder in die Rolle der pflichtbewussten Tochter zu schlüpfen und die Braut eines Mannes zu sein, den sie weder liebte noch begehrte.
Sie konnte Jamie schwerlich Vorwürfe machen, dass er sie ansah, wenn sie redete, statt durch sie hindurchzusehen, wie es ihre Familie zu tun pflegte. Sie konnte ihn dafür nicht zurechtweisen, wenn er klar zum Ausdruck brachte, dass er ihren ehemaligen Verlobten und Lysander am liebsten erwürgen würde, statt sie für deren Charaktermängel verantwortlich zu machen. Sie konnte ihm keine Vorhaltungen machen, dass sie sich in seinen Armen sicher fühlte, obwohl er doch die größte Gefahr war, die ihr Herz je gekannt hatte.
Und sicherlich konnte sie ihn nicht dafür hassen, dass er sie hatte glauben lassen – auch wenn es nur einen kurzen flüchtigen Moment gewesen war, während sie sein Bett und seinen Kuss genoss –, dass sie einem Mann mehr wert sein könnte als Silber und Gold.
»Also, wie viel bin ich Ihnen wert?«
Jamies Stift verharrte über dem Papier. Ein einzelner Tropfen Tinte quoll aus der Spitze und fiel herab, zerplatzte wie ein Tropfen frisches Blut auf der Papieroberfläche.
Emma gab sich Mühe, dass ihre Stimme freudig klang, obwohl ihr danach so gar nicht zumute war. »Fünfhundert Pfund? Eintausend? Mein eigener Vater hat mich für fünftausend Pfund verkauft, daher rate ich Ihnen eindringlich, sich keinesfalls mit weniger zufriedenzugeben. Ich bin sicher, der Earl wäre bereit, einen hohen Preis zu zahlen für den Leib, der dazu auserkoren ist, seine zukünftigen Söhne zu gebären.«
Es überraschte sie, dass Jamie den Federkiel nicht entzweibrach, denn sein Griff um ihn war sehr fest. Wenn nicht der einzelne Muskel gewesen wäre, der in seiner Wange zuckte, hätte sein Profil aus den Felsen des Berges gehauen sein können, der über ihnen aufragte.
Als er sich schließlich umdrehte, um sie anzusehen, traf sie sein durchdringender Blick bis ins Herz. »Du bemisst deinen Wert sehr niedrig, Emmaline Marlowe.«
Emma begriff nicht, dass sie aufgehört hatte zu atmen, bis er seinen Blick wieder auf das Papier richtete und sie bebend Luft holte. Er hatte sich einen Herzschlag zu spät von ihr abgewandt, sodass sie das Aufflackern von Gefühl in den Tiefen seiner
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