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Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)

Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)

Titel: Eine verlockende Braut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Geistererscheinungen nicht mehr sind als die unausweichliche Folge von Aberglauben und Unwissen.«
    Natürlich hatte sie auch nicht geglaubt, dass es noch Männer wie Jamie Sinclair gab, bis er in die Kirche geritten kam. Es war beinahe so, als sei er aus einer anderen Zeit erschienen, einer Zeit, in der Stärke wichtiger war als Manieren und Leidenschaft wichtiger als Anstand.
    »Hat die Kleine uns gerade unwissend genannt?«, erkundigte sich einer der Männer und sah dabei eher gekränkt als erzürnt aus.
    Bon schnaubte. »Wenn du nicht so unglaublich unwissend wärst, würdest du es wissen, oder?«
    »Vielleicht wäre ein passenderer Ausdruck ›ungebildet‹«, warf Emma begütigend ein und hielt dem Mann den Whiskybecher wie zum Friedensangebot hin. Ehe er ihn nehmen konnte, zerriss ein unheimlicher Schrei die Nacht.
    Keine noch so großzügig bemessene Menge Whisky hätte die Kälte verbannen können, die Emma in dem Moment durchbohrte. Eine spannungsgeladene Ewigkeit gab es keine anderen Geräusche außer dem unsteten Knistern des Feuers und dem Echo dieses unmenschlichen Schreis. Alle hielten die Luft an und suchten mit den Augen die Schatten ab, die sie umringten. Emma musste den trügerischen Drang bekämpfen, einen Satz über das Feuer zu machen und sich in Jamies Arme zu flüchten.
    »Es besteht keine Notwendigkeit, sich in die Hosen zu machen, Jungs«, erklärte dieser lässig und lehnte sich nach hinten. »Das war nur ein Vogel oder vielleicht auch eine Wildkatze. Und jetzt gebt mir den Becher, bevor unsere kleine Miss Marlowe ihn austrinkt.«
    Seine Männer beeilten sich, ihm zu gehorchen, aber mehr als eine Hand zeigte ein verräterisches Zittern, während der Becher herumging. Als er schließlich bei Jamie ankam, legte er den Kopf in den Nacken und gönnte sich einen großen Schluck. Sein Blick traf Emmas über die Flammen des Feuers hinweg, als wollte er sie daran erinnern, dass sein Mund nun die Stelle berührte, an der eben noch ihrer gewesen war. Und um sie daran zu erinnern, wie zärtlich und unwiderstehlich dieser Mund sein konnte.
    Er senkte den Becher. »Erzählt ruhig weiter. Ihr habt Miss Marlowe gehört. Sie ist kein Angsthase, der sich vor seinem eigenen Schatten fürchtet. Ich bin sicher, sie ist ebenso darauf erpicht, mehr von euren Schauergeschichten zu hören, wie ich.«
    Jamies Männer waren mit einem Mal auffällig an dem Schmutz unter ihren Stiefeln interessiert und sahen insgesamt so aus, als wünschten sie sich sehnsüchtig, irgendwo anders zu sein, das tiefste Verlies auf Hepburn-Castle eingerechnet, als ausgerechnet hier.
    Emma räusperte sich, und der Whisky verlieh ihr mehr Mut, als sie gedacht hätte. »Es ist meine Erfahrung, dass die einzige Waffe, die stark genug ist, den Klatsch zu ersticken, die Wahrheit ist.«
    Jamies Augen wurden zu schmalen frostigen Schlitzen. Sie hatte sich zu vergessen gestattet – wenn auch nur für einen Moment –, dass er am Ende gefährlicher war, als was auch immer im Wald lauerte. Wenigstens für sie. »Das hier ist kein Nähkreis in Lancashire oder ein Londoner Salon, Miss Marlowe. Hier draußen kann die Wahrheit etwas sehr Gefährliches sein. Sie kann einen sogar umbringen.«
    »Ist es das, was Ihrer Mutter zugestoßen ist? Hat die Wahrheit sie umgebracht?«
    Die Stille, die sich nach dem unheimlichen Schrei über die Lichtung gelegt hatte, war im Vergleich zu dem Schweigen, was nun folgte, ein fröhliches Stimmengewirr gewesen. Fast war es, als hielte die Nacht selbst zusammen mit den Männern den Atem an. Emma weigerte sich, Jamies Blick auszuweichen.
    Als er schließlich sprach, war seine Stimme leise, aber mit zögernder Bewunderung durchsetzt. »Offenkundig sind Gespenster nicht die einzigen Dinge, die Ihnen keine Angst einjagen. Wenn meine Männer auch nur halb so wagemutig wären, hätten wir den Hepburn schon vor langer Zeit vertrieben.«
    Emma schluckte, dankbar, dass er das Hämmern ihres Herzens nicht hören konnte.
    »Wenn es die Wahrheit ist, die du willst, Mädchen, dann sollst du sie auch bekommen.« Während seine Männer entsetzte Blicke miteinander wechselten, nahm er einen weiteren Schluck Whisky und wischte sich dann mit dem Handrücken über den Mund. »Als meine Mutter Lianna praktisch noch ein junges Mädchen war, ging sie Pilze sammeln, in einem Wald, der vermutlich so wie dieser hier war. Dabei traf sie einen gut aussehenden Fremden, einen jungen Mann, der sich verlaufen hatte. Ihre Begegnung war vermutlich ganz

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