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Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)

Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)

Titel: Eine verlockende Braut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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über die gefesselten Gesichter seiner Männer, ehe er auf Emma zu ruhen kam. »Also wisst ihr jetzt, warum manche Leute behaupten, die Geister meiner Eltern irrten in nebeligen Nächten hier durch die Wälder. Man flüstert sich zu, sie seien dazu verdammt hierzubleiben, wo sie gemeinsam starben – zusammen, aber auf ewig getrennt –, bis ihre Ermordung gerächt ist.«
    Bei seinen Worten lief es Emma kalt den Rücken hinunter. »Glauben Sie das auch?«
    »Natürlich nicht. Wie Sie schon ganz richtig gesagt haben, Miss Marlowe«, erwiderte er und hob den Whiskybecher zu einem spöttischen Gruß, »wir leben im Zeitalter der Vernunft. Und der alte Hepburn hat ohne Zweifel unter Beweis gestellt, dass es viel schlimmere Unholde gibt als Gespenster.«
    Es war für Emma viel zu leicht, an Geister zu glauben – und noch finsterere Gestalten der Dunkelheit –, während sie auf der Seite lag, mitten irgendwo in einem fremden Wald, und zusah, wie der Nebel zwischen den Bäumen auf sie zukroch. Die gespensterhaften Schleier schienen zu wogen und sich zu kräuseln, verwoben sich zu Formen, die fremd und dennoch allzu leicht erkennbar waren – ein hohläugiger Totenkopf, ein Wolf mit aufgerissenem Maul, ein winkender Finger, der sie lockte, ihr Lager zu verlassen und in ihr Verhängnis zu laufen.
    Sie rollte sich auf die andere Seite und begann sich allmählich wie eine mit einer überreichen Phantasie begabte Heldin aus einem der Schauerromane zu fühlen, die ihre Schwester Ernestine immer zwischen die Seiten ihrer Bibel schmuggelte, wenn ihre Mutter nicht aufpasste.
    Sie war von einer Bande raubeiniger Highlander entführt worden. Sie hatte viel handfestere Bedrohungen zu fürchten als ein Paar ruhelose Gespenster.
    Wie den Mann, der immer noch dasaß und in die ersterbenden Flammen des Feuers blickte, den leeren Whiskykrug in der einen Hand.
    Jamies Männer schnarchten schon eine Weile auf ihren Lagern, sodass er sich allein der Nacht stellen musste. Die flackernden Schatten glitten über sein kantiges Kinn und seine Wangen. Emma konnte nicht anders, als sich zu fragen, welche Bilder er wohl in den ersterbenden Flammen erblickte.
    Sah er das Gesicht eines unschuldigen jungen Mädchens, das so unvorsichtig war, sein Herz einem Mann zu schenken, der dazu geboren war, sein Feind zu sein? Oder sah er das hagere faltige Gesicht des alten Hepburn – eines rachsüchtigen alten Mannes, der lieber die schiere Existenz seines Enkels leugnete, statt zuzugeben, dass sein Sohn sich in eine Sinclair verliebt hatte?
    War es wirklich ein Lösegeld, das Jamie von dem alten Mann verlangte, damit er sie zurückbrachte? Oder einfach das Erbe, das ihm zustand?
    Und wenn ihr Verlobter sich weigerte, müsste sie dann den Preis bezahlen? Wäre es ihre Leiche, die in irgendeinem verlassenen Waldstück aufgefunden werden würde? Ihr Geist, der dann dazu verdammt war, durch die Nebelnacht zu wandern – aber ohne einen Geliebten an ihrer Seite?
    Oder würde Jamies Rache sogar noch teuflischer ausfallen?
    Dieses Mal hatte ihr Erschauern nichts mit Gespenstern zu tun, aber dafür alles mit der gefährlichen Macht, die ein sterblicher Mann über eine Frau haben konnte. Die atemlosen Augenblicke in Muiras Bett hatten ihr eine Kostprobe dieser Macht gegeben. Wenn er sie entfesselte und auf sie losließ, war sie sich nicht sicher, ob ihr Körper – oder ihr Herz – das überleben würden.
    Dennoch fühlte sie sich hier, in diesem dunklen, abschreckenden Wald durch seinen Anblick und von dem Wissen, dass er über sie alle wachte, irgendwie getröstet. Ihre Augenlider senkten sich, und ihr müder Körper ergab sich der Erschöpfung.
    Jäh zerriss ein schriller Schrei das friedvolle Schweigen.
    Unsicher, wie lange sie geschlafen hatte, fuhr Emma aus dem Schlaf hoch, ihre Nerven wie zum Zerreißen gespannt.
    Es war derselbe Schrei, den sie vorhin gehört hatten, aber dieses Mal näher. Und es war nicht zu leugnen, dass es sich wie der Schrei einer Frau anhörte. Es klang wie der Schrei einer Frau, die alles zu verlieren drohte, was ihr lieb war, und nichts dagegen tun konnte.
    Emma presste eine Hand auf ihr wild klopfendes Herz. Sie konnte die Männer um sich herum noch schnarchen hören – ihr Schlaf schien nicht gestört. Sie begann sich zu fragen, ob der Schrei vielleicht einfach das Echo eines Albtraumes gewesen war, an den sie sich nicht mehr erinnern konnte, und sah zum Feuer, ob Jamie ihn auch gehört hatte.
    Die Feuerstelle war verlassen. Jamie

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