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Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)

Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)

Titel: Eine verlockende Braut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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hat bei irgendeinem Kampf mit den Stallkatern ein Auge verloren, sodass es aussieht, als blinzelte er einem ständig zu.«
    »Du musst in das Territorium des Kleinen geraten sein. Sie können zwar gefährlich sein, aber Menschen lassen sie gewöhnlich in Ruhe, es sei denn, sie stören sie. Sie sind bekannt für ihre Menschenscheu.«
    Wie um diese Behauptung zu unterstreichen, warf die Wildkatze ihnen einen letzten hochmütigen Blick zu, ehe sie sich umdrehte und lautlos wieder im Unterholz verschwand.
    Emma sah mit finster zusammengezogenen Brauen auf die Stelle, wo sie eben noch gewesen war. »Er wirkte jedenfalls nicht sehr scheu, während er mich gejagt hat. Er wirkte wild. Und hungrig.« Sie schüttelte den Kopf, und ihre Angst machte Erbitterung Platz. »Ich kann nicht glauben, dass ich mich von ihm so habe erschrecken lassen.«
    »Du musst dir nicht dumm vorkommen. Du bist sicherlich nicht die Erste, die den Brunftschrei einer Wildkatze mit Gespenstergeheul verwechselt.«
    »Vielleicht hätte ich nicht so schnell Angst bekommen, wenn ich nicht kurz davor …« Sie schloss rasch den Mund. Sie würde ihm nicht verraten, dass sie eine Erscheinung gesehen hatte, die sich aus dem Nebel erhob. Eine Erscheinung, die eine unheimliche Ähnlichkeit mit seiner ermordeten Mutter besaß.
    Sein Lächeln verblasste. »Was hast du gesehen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nichts Wichtiges.«
    Er musterte ihr Gesicht. »Wenn du nicht versucht hast zu fliehen, was hast du dann getrieben?«
    Sie neigte den Kopf, hoffte, dass er im milchigen Mondlicht nicht die Röte sehen konnte, die sie in ihre Wangen steigen fühlte. »Wenn du es unbedingt wissen willst, ich habe dich gesucht.«
    »Und was genau hattest du vor, mit mir zu tun, nachdem du mich gefunden hattest?«, fragte er mit noch stärkerem Dialekt als sonst.
    Er war ihr so nahe, dass sie seinen Atem in ihrem Haar spüren konnte. Sie entfernte sich ein paar Schritte von ihm, denn sie fürchtete, er könnte sie wieder in seine Arme ziehen … und war noch mehr in Sorge, dass sie das zulassen würde.
    Sie spähte in die langgezogene Schlucht und nahm zum ersten Mal etwas von ihrer Umgebung wahr. Der Nebel waberte wie die Bänder zerrissener Spitze.
    »Hier ist es, nicht wahr?«, flüsterte sie, als ihr langsam aufging, wo sie sich befanden. »Die Stelle, an der deine Eltern gestorben sind?«
    Er musste nicht antworten. Sein Gesichtsausdruck – oder das völlige Fehlen davon – verriet ihr alles, was sie wissen musste.
    Während sie nicht vorhandene Gespenster gesucht hatte, war er in diese Schlucht gegangen, auf diese Lichtung, und hatte sich echten Geistern gestellt. Man hätte erwarten können, dass irgendein hässliches Echo von Wut oder Entsetzen noch an einem Ort solcher Gewalt zu spüren wäre. Aber alles, was Emma wahrnehmen konnte, war eine überwältigende Traurigkeit, die ihr das Herz in der Brust abdrückte.
    »Das hier ist nicht das erste Mal, dass du hier bist, nicht wahr?«, fragte sie ihn.
    Er schüttelte den Kopf. »Mein Großvater hat mich das erste Mal hergebracht, als ich vielleicht neun Jahre alt war. Er hat mir die ganze tragische Geschichte erzählt. Er war es, der sie gefunden hat, weißt du, nachdem Mags – die alte Kinderfrau meiner Mutter – ihm gesagt hatte, dass sie auf dem Weg ins Tal seien, um durchzubrennen, in der Nacht, in der sie verschwanden. Die arme Mags ist halb verrückt geworden vor Trauer, nachdem sie gefunden wurden.«
    Emma verspürte Mitleid gemischt mit Zorn, wenn sie an den Jungen dachte, der Jamie damals gewesen war, als er an genau dieser Stelle stand, ihm das dunkle Haar in die Augen fiel, während er gezwungen war, die letzten verzweifelten Augenblicke im Leben seiner Eltern nachzuempfinden. »Was, um alles in der Welt, hat sich dein Großvater dabei gedacht? Warum sollte er einem so jungen Kind eine so schwere Last aufbürden?«
    Jamies Mundwinkel zuckten und hoben sich zu einem Lächeln, das voller Zuneigung war, allerdings auch voller Reue. »Mein Großvater ist ein harter Mann, aber gerecht. Er hat nie daran geglaubt, dass es etwas nützt, sich vor der Wahrheit zu verstecken, egal, wie unangenehm sie auch sein mag. Er wusste, die Wahrheit kann einen umbringen, aber er wusste auch, sie könnte ebenfalls dazu beitragen, mich am Leben zu halten. Wenn ich Hepburns Pfeilen für den Rest meines Lebens ausweichen musste, dann sollte ich wenigstens wissen, warum.«
    »Besteht denn die Möglichkeit, dass sie einfach über eine

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