Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)
sehen, es wird dir dort gefallen. Du liebst doch Blumen, und ich könnte jemanden mit deiner Erfahrung für unsere Zentrale in Amsterdam gut gebrauchen, Nintje.«
Nintje – diesen Spitznamen hatte Nina schon lange nicht mehr gehört.
»Das ist lieb von dir, Willem, ich bin gerührt. Aber wie du weißt, hänge ich sehr an Hamburg und kann mir gerade nicht vorstellen, woanders zu leben. Auch wenn es nicht so besonders toll läuft. Erzähl mir lieber von dir. Wie geht es dir? Wie laufen deine Geschäfte? Was macht die Liebe?«
Auf einmal begann Willems Gesicht zu leuchten. Seit Nina ihn kannte, hatte er immer chaotische Frauengeschichten gehabt, auch mit einigen seiner Kundinnen.
»Diesmal hat es mich wirklich richtig erwischt. Allerdings habe ich sie bisher nicht persönlich kennengelernt. Doch ich hoffe, dass sich das bald ändert.«
Nina war verwirrt.
»Du bist verliebt in eine Frau, die du nicht kennst? Was ist denn das schon wieder? Hast du auf eine Kontaktanzeige geantwortet?«
»Wo lebst du eigentlich? Hinterm Mond?«, entgegnete Willem grinsend. »Heutzutage läuft alles übers Internet. Wer lernt sich überhaupt noch über klassische Kontaktanzeigen kennen?«
Nina musste unwillkürlich an Waldemar Achternbeck denken.
»Ja, dann schieß mal los und erzähl mir alle schmutzigen Details«, lachte sie und bemerkte im selben Moment, dass Alexander Wagenbach das Lokal betrat.
Müsste man ihm als Stammkunden nicht sagen, dass das Blumenmeer bald zumacht?, überlegte Nina und hörte nur mit halbem Ohr zu, wie Willem ihr von seinem Flirtforum berichtete und von »Schillerlocke«, seiner neuesten Flamme.
Im Spiegel der Fensterscheibe beobachtete sie, wie sich Herr Wagenbach an einen der Stehtische lehnte, vor sich eine Tasse mit schaumigem Cappuccino und eine aufgeschlagene Zeitung. Er hatte Nina nicht gesehen.
»Hast du gar keine Angst davor, enttäuscht zu sein, wenn du sie triffst? Oder umgekehrt, sie zu enttäuschen? Womöglich bist du gar nicht ihr Typ?«
»Nintje, im Netz gibt’s immer eine komplette Vita mit Foto. Da weiß man schon ziemlich genau, mit wem man es zu tun hat. Und je länger man chattet, desto besser lernt man sich kennen. Das ist wie im richtigen Leben.«
»Aber das Ganze kann auch ein bodenloser Betrug sein«, widersprach Nina heftig. »Oder eine riesengroße Projektion, auf die man hereinfällt. Eine Vita kann man türken. Ein Foto kann man sich besorgen. Man könnte sich sogar die Texte von jemand anderem schreiben lassen. Die Welt bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, seine Mitmenschen zu täuschen.«
Je länger Nina darüber nachdachte, desto unglaubwürdiger erschien ihr die ganze Sache, und am liebsten hätte sie Willem gründlich zusammengestaucht. Ein netter Mann wie er hatte doch Chancen, auf andere Art und Weise eine Frau zu finden! Musste es unbedingt eine Schillerlocke sein, die am Ende wahrscheinlich gar keine so schillernde Persönlichkeit war und ihn nur enttäuschen würde? Seltsam, was dieses Internet für Blüten trieb …
Mit einem Mal kam Nina der Verdacht, dass es womöglich Willem war, der sich hinter dem geheimnisvollen Asterdivaricatus verbarg. Es war jedenfalls sehr auffällig, dass er ausgerechnet jetzt mit ihr über Internetflirts diskutierte. Dann fiel ihr allerdings ein, dass Waldemar Achternbeck ja regelmäßige Bestellungen tätigte, die ausgeliefert und bezahlt wurden. Gedankenversunken spießte sie das letzte Scampistück auf ihre Gabel. Das üppige Essen und der Prosecco taten allmählich ihre Wirkung, und Nina spürte, wie sie müde wurde. »Entschuldige, Willem, ich wollte dir deine Romanze nicht vermiesen. Ich muss jetzt leider los. Danke für die nette Einladung.«
Als sie an der Kasse vorgingen, hob Alexander Wagenbach den Kopf und grüßte Nina mit einem kurzen Nicken. Sie grüßte zurück und verabschiedete sich von Willem.
»Mach’s gut und hoffentlich bis bald, auch ohne Blumenmeer. Und halt mich in Sachen Schillerlocke auf dem Laufenden, ich wünsche dir ganz viel Glück!« Liebevoll strich sie über seine Jacke und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
»Vielen Dank, Nintje, ich lass bestimmt bald wieder von mir hören«, antwortete Willem mit feuchten Augen. Er drückte seine Begleiterin abermals fest an sich, stieg dann hastig in seinen Lkw und brauste davon. Nina winkte ihm hinterher. Auch sie konnte die Tränen nur mit Mühe zurückhalten. Es würde so schwer werden, sich vom Blumenmeer und all den lieben Menschen zu
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