Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)
tun? Ophelia Winter war tonangebend in einer Clique vermögender Elbvorortler, die eine nicht unerhebliche finanzielle Basis für Stellas Firma bildeten. Sie konnte es sich nicht leisten, sie zu verprellen. Andererseits konnte sie auch nicht versprechen, dass sie unmittelbar nach Emmas Geburt Gewehr bei Fuß stand, wegen einer Frau, die sie schon jetzt beinahe in den Wahnsinn trieb.
»Ich lasse mir etwas einfallen und melde mich morgen wieder bei Ihnen«, antwortete sie, bemüht, ihrer Stimme einen festen Ton zu geben. Als Frau Winter sie zur Tür begleitete, fiel Stellas Blick auf die wuchtige, chromglänzende neue Espressomaschine in der Küche. Aber Frau Winter trank doch überhaupt keinen Kaffee! Sie hatte sich tatsächlich eine Maschine im Wert eines halben Kleinwagens angeschafft, die sie vermutlich niemals benutzen würde, während es Menschen gab, die Monate von diesem Geld leben könnten.
Wie so oft in den letzten Monaten sehnte Stella sich nach Einfachheit. Nach einer Welt, in der Espresso in einer kleinen, silbernen Kanne auf der Herdplatte erhitzt wurde, nach einer Welt, in der Frauen wie Ophelia Winter keine solche Macht besaßen und es einen anderen Sinn im Leben gab, als sich irgendwann zu Tode zu shoppen.
»Da bin ich aber mal gespannt, meine Liebe«, war das Letzte, was Stella hörte, bevor sie die Tür hinter sich schloss und in ihren Z3 stieg. Ihr Auto würde sie verkaufen müssen, kein Kindersitz der Welt passte hier hinein. Das war jedoch nicht weiter schlimm. Der Wagen stand für eine Lebensphase, an die sie sich nicht mehr gern erinnerte.
Während Stella aus der Einfahrt fuhr, beschloss sie, Nina einen Besuch abzustatten. Sie hatte am vergangenen Abend einen ziemlich niedergeschlagenen Eindruck gemacht, und vielleicht konnte Stella sie mit Kaffee und einem Stück Kuchen aufheitern.
Eine halbe Stunde später betrat sie, bewaffnet mit Caffè Latte und Nusstorte, den Möbelladen. Nina hatte wieder einmal ein ausgezeichnetes Gespür für Dekoration bewiesen und die hinterste Ecke des Raumes in eine orientalische Oase verwandelt. Aus den Lautsprechern erklangen leise Klänge der »Buddha-Bar-Compilation«, und Stella bewunderte die gusseisernen Heiligenfiguren, die Nina zusammen mit liebevoll verpackten Duftölen und Räucherstäbchen dekoriert hatte.
»Hallo, schön, dich zu sehen!«, rief Nina, als sie Stella entdeckte. »Suchst du ein Geschenk?«
»Ich hatte gerade überlegt, einen dieser lächelnden Buddhas zu kaufen und in Emmas Kinderzimmer aufzustellen, damit er ihr Glück bringt«, entgegnete Stella und hielt Nina Kaffee und Kuchen hin.
»Oh danke, das ist wirklich nett von dir«, bedankte sie sich und lächelte. »Was verschafft mir die Ehre?«
»Ich dachte, ich schaue mal vorbei und bringe dir einen kleinen Seelentröster«, meinte Stella und trank einen Schluck aus der riesigen Kaffeetasse, die Nina ihr gegeben hatte.
»Lieb von dir! Aber wenn ich ehrlich bin, finde ich, dass du eher so aussiehst, als bräuchtest du ein wenig Trost. Du wirkst irgendwie niedergeschlagen. Oder fühlst du dich nicht wohl?«
Stella setzte sich auf ein breites Ledersofa und atmete tief durch. Seit sie von Ophelia Winter weggefahren war, kämpfte sie wieder mit Herzrasen und Atemnot.
Nina zog ihren Schreibtischstuhl an die Couch und sah ihre Freundin durchdringend an.
»Los, sag schon, was ist los?«
Stella berichtete von ihrem Termin bei Ophelia Winter, und mit einem Mal brach ihr gesamter Kummer aus ihr heraus. Sie beklagte sich über ihre verwöhnten, exzentrischen Kundinnen, über die beruflichen und privaten Verflechtungen, denen sie sich ausgeliefert fühlte, und über die bange Frage, was nach Emmas Geburt aus ihrer Firma werden sollte.
»Aber für dich ist das doch alles nichts Neues, worüber regst du dich denn so auf?«, fragte Nina, die sich keinen Reim auf Stellas Sinnkrise machen konnte. »Lass dich nicht von so einer Tussi ins Bockshorn jagen. Die lässt nur ihren Frust an dir aus. Haben sie dir in der Klinik nicht beigebracht, dass du dich ein bisschen abgrenzen musst?«
»Ja, schon«, murmelte Stella verlegen. »Das ist eben alles nicht so einfach, wenn man selbst drinsteckt. Ich weiß, dass du mit so was souveräner umgehen würdest, ich bin leider anders gestrickt als du …«
»Wenn du wie ich wärst, hättest du trotzdem Probleme«, erwiderte Nina, die plötzlich eine Idee hatte. »Was hältst du davon, wenn ich mir diesen Drachen mal vorknöpfe und mit ihr spreche?
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