Eine von Zweien (German Edition)
prompt. Diesmal gab es kein Zögern.
„Ach Kind, dir wurde damals das erste Mal das Herz gebrochen.
Ich konnte dich doch so gut verstehen, dass du nur noch weg wolltest. Ich
dachte immer, nach dem Praktikum würdest du schon wieder nach Hause kommen. Ich
war sicher, du würdest merken, dass die Zeit deine Wunden geheilt hat und dann
würden wir weiter sehen. Dein Vater war glücklich, dass du dich für seinen Weg
entschieden hattest und hat dich gern unterstützt. Ich hatte immer gehofft, du
würdest bald merken, dass es nicht dein Weg war. Ich hatte mich geirrt. Mit der
Zeit habe ich es gelernt, zu respektieren, dass jeder mit Schmerz
unterschiedlich umgeht und du hattest dich dazu entschieden, alles Geschehene zu
verdrängen. Wenn ich das Thema „Malen“ oder „Lukas“ ansprach, hast du das
Gespräch immer abrupt abgebrochen und mich versprechen lassen, dir nie etwas
über Lukas zu erzählen. Selbst mit deinen Freundinnen hast du jeglichen Kontakt
abgebrochen. Sie haben noch lange hier angerufen, um zu fragen, wie es dir geht
und ob alles ok wäre. Du hast ihnen ja nicht mal Bescheid gegeben. Sie hatten
keine Erklärung dafür, warum du gegangen bist. Es waren so gute Freundinnen!
Sie haben über Monate versucht, etwas herauszubekommen. Ich hatte ihnen immer
gesagt, sie sollten dir Zeit geben, du würdest dich sicher irgendwann melden.
Aber das hast du nie getan. Sie taten mit fast so leid, wie du mir. Lissi, du
hattest dich damals sehr verändert und wir haben dich nicht wiedererkannt. Wir
hatten einfach so unsere Beth verloren. Dafür hatten wir eine Lissi
dazugewonnen, aber die mussten wir alle erst kennenlernen, und das hast du
wirklich niemanden einfach gemacht. Aber Schatz, das Wichtigste war mir immer,
dass du glücklich bist. Auch wenn ich den Verdacht hatte, dass du verlernt
hattest, wirklich glücklich zu sein, merkte ich mit der Zeit, dass sich bei dir
eine Zufriedenheit einstellte, mit der auch ich für dich leben konnte. Ich
wusste immer, wenn du anfangen würdest diese Zufriedenheit zu hinterfragen,
bricht ein Erdbeben aus. Ich denke, wir sind jetzt dort angekommen. Bitte
Lissi, überstürze nicht wieder alles. Geh´ es langsam an.“
„Danke Mum, für deine Ehrlichkeit.“ Mir steckte ein Kloss im
Hals. Sie bestätigte mir, was ich mir langsam, aber sicher gedacht hatte. Es
wurde immer klarer. Ich hatte mich selbst bestraft für eine Sache, bei der ich
nur Nebendarstellerin war und keine Handlungsgewalt hatte. Ich wurde verlassen
und habe mich dann noch selber ins Exil geschickt. Ich zwang mich selbst,
größere Opfer auf mich zu nehmen, als nötig war. Ich hatte mir von da an
verboten, überhaupt etwas zu fühlen und glücklich zu sein. Wie konnte ich mir
das antun? Warum hatte ich mir das angetan? Wie bin ich auf die Idee gekommen?
Ich muss unter Schock gestanden haben. Und dann hatte mich meine Sturheit unter
Kontrolle. Jetzt musste ich Mum beruhigen.
„Keine Angst, Mum, ich werde alles langsam angehen, gerade
habe ich nichts weiter vor, als Informationen zu sammeln.“
Ich wusste nicht, ob sie mir glauben konnte. Aber ich war auf
jeden Fall viel zu verwirrt, um überstürzt zu handeln und wenn ich
zurückschaue, dann sollte ich das auch nicht mehr tun. Die Gefahr ist dann viel
zu groß, dass eine dunkle Eigenschaft von mir die Kontrolle übernehmen würde.
Tja, selbst an den Spider-Man-Filmen ist etwas Wahres dran. Nur, dass es
leichter ist, zu erkennen, dass jemand auf dem falschen Weg ist, wenn dich eine
schwarze Masse umgibt.
„Gut, Mum, danke für deine offenen Antworten! Ich muss jetzt
etwas essen und gehe dann noch zu meiner Nachbarin rüber. Wir sehen uns am
Freitag oder Samstag, ich sag dir nochmal Bescheid.“
Ich hatte genug Input. Und brauchte eine Pause. Malen schien
mir die perfekte Erlösung. Ich wollte schnell rüber zu Beth.
„Gut, sag mir Bescheid. Wie geht es denn Ben?“ Jetzt musste
ich sie schnell abhängen, ich kannte sie. Sie hatte etwas gewittert und würde
alle Bereiche nach einer Katastrophe absuchen. Aber jetzt reichte es! Ich
musste sie schnell abwimmeln! „Oh, ich denke, dem geht es gut, der ist gerade
auf einer Konferenz. Ich grüß ihn lieb, wenn wir später telefonieren. Ich muss
dann jetzt aber auch los, ok Mum?!“
„Ja ok, und mach das bitte, grüß ihn lieb von uns. Und,
Schatz!“, sie machte eine Pause. „bitte nichts überstürzen, ok?“
„Versprochen! Und Grüße an Dad! “
Wie geht es Ben? Ich wusste es nicht wirklich. Ich war
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