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Eine Witwe ohne Tränen

Eine Witwe ohne Tränen

Titel: Eine Witwe ohne Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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großartig.«
    Das
Abendessen war eine durch Kerzenlicht intim gestaltete Angelegenheit, verstärkt
durch einen superben Château Margaux. Wir unterhielten uns mit
freundschaftlicher Leichtigkeit, während ich die weichen Glanzlichter in ihrem
langen dunklen Haar betrachtete. Als wir mit Essen fertig waren, begann sich in
mir das Gefühl zu regen, daß ich eigentlich in eine dieser
Glanzpapier-Zeitschriften gehörte — zu diesen wirklich eleganten Leuten, die
offensichtlich niemals im Leben gezwungen sind, ein Klo aufzusuchen. Dann
kehrten wir ins Wohnzimmer zurück und tranken dort noch etwas. Als mein Glas
leer war, sagte ich, nun müsse ich gehen, und dankte ihr für das wundervolle
Abendessen. Alles war sehr nett und höflich und irgendwie total unwirklich. Das
Gefühl dauerte an, bis wir die Haustür erreicht hatten und sie ihre Hand auf
meine Schulter legte. Ich blickte in ihre dunklen Augen, die feucht waren und
in denen ein kleines Feuer zu brennen schien.
    »Rick
— «, ihre Stimme sank beinahe zu einem Flüstern herab, »müssen Sie gehen?«
    »Ich
habe immer Schwierigkeiten mit meiner Syntax«, sagte ich. »Ich muß nicht gehen,
aber ich glaube, ich sollte gehen müssen.«
    »Wollen
Sie damit ausdrücken, daß ich nicht begehrenswert bin?«
    »Sie
sind nicht nur begehrenswert, Sie sind eine sehr schöne Frau«, sagte ich
heiser. »Und ich glaube auch, daß Sie im Augenblick sehr einsam sind, Rita. Ich
möchte nicht morgen früh dasein und den Ausdruck in
Ihren Augen sehen, wenn Ihnen klar wird, daß es nichts weiter war als — Einsamkeit.«
    »Sie
irren sich, aber aus einem liebenswerten Anlaß.« Sie gab mir einen raschen,
fast jungfräulichen Kuß auf die Lippen und öffnete dann die Tür. »Gute Nacht,
Rick.« Ihre Hand preßte sich heftig gegen meine Schulter. »Der Kuckuck soll Sie
holen! Gehen Sie jetzt — solange ich mir noch selber vormachen kann, daß ich
mich wie eine Lady benommen habe.«
    Ich
stolperte in den Korridor hinaus, und gleich darauf schlug die Tür hinter mir
zu. Während der Hinunterfahrt im Aufzug fragte ich mich, ob ich wohl nicht ganz
bei Trost sei, und kam zu dem Schluß, daß es keine andere Erklärung dafür gab.
Das war ein Gedanke, der mich während der Heimfahrt beschäftigte, zusammen mit quälenden
Vorstellungen, wie Rita wohl in einem Nachthemd — minus Nachthemd — aussähe. Ein ganzes Album
erotischer Bilder tauchte vor meinem inneren Auge auf. Das Ganze verschwand
abrupt, als ich in meine Zufahrt einbog und dort bereits die massiven Umrisse des
Rolls-Royce bemerkte.
    Automatisch
stellte ich das Fernlicht ein, so daß ich erkennen konnte, daß sich im Wagen
nur ein einziger, und zwar eindeutig weiblicher, Kopf abzeichnete. Das war eine
ermutigende Entdeckung, vielleicht aber auch nur eine Falle und als solche
gedacht. Mit diesem aufmunternden Gedanken hielt ich an, stellte Motor und
Scheinwerfer ab, stieg aus und näherte mich mit der Vorsicht eines Spähers vom
Stamme der Sioux, der seinen ersten Skalp noch nicht erbeutet hat, dem Wagen,
stürzte mich dann mit einem plötzlichen Sprung auf eine seiner hinteren Türen
und riß sie auf. Drinnen befand sich nichts als eine einzige breite polierte
Lederfläche.
    »Beruhigen
Sie sich, Holman«, sagte die Gestalt auf dem Vordersitz, ohne auch nur den Kopf
zu wenden, »außer Klein-Vivienne ist niemand da.« Sie kicherte laut. »Ich habe
diesmal nicht gewagt, Marvin mitzubringen, denn er ist fuchsteufelswild auf
Sie. Er erzählte mir, was Sie einem seiner Jungens mit einer Couch angetan
haben, und ich bin vor Lachen beinahe gestorben. Das war hinreißend!«
    Die
Lichter auf der vorderen Veranda brannten bereits, denn jeder Wagen, der in der
Nacht in die Zufahrt einbiegt, schaltet sie mit Hilfe eines eingebauten
magischen Auges an. Deshalb konnte ich sie auch, als sie aus ihrem Wagen
ausstieg, deutlich sehen. Obwohl die Nacht so warm war, war sie bis zu den
Ohren in einen schweren Mantel gehüllt. Ihr dichtes blondes Haar fiel in
derselben kaskadenartigen Weise über die Schultern wie am Abend zuvor.
    »Wir
müssen uns ein wenig unterhalten, Holman.« Ihre weißen Zähne blitzten plötzlich
auf, als sie lächelte. »Privat — nur wir beide. Sie sind ein Glückspilz!«
    »Haben
Sie auch keine Klapperschlange in Ihrem Büstenhalter?« fragte ich.
    »Beim
Anblick dessen, was ich in meinem Büstenhalter habe, würde jede Klapperschlange
innerhalb von fünf Sekunden vor Ekstase tot liegenbleiben«, sagte sie
selbstbewußt.

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