Eine Witwe ohne Tränen
»Öffnen Sie mir Ihr Haus, Holman. Ich sitze seit einer guten
Stunde auf Ihrer Zufahrt und bedarf eines Drinks.«
Sie
ging mir voran die Stufen zur Veranda hinauf, und der Schwung ihrer Hüften war
selbst unter dem schweren Mantel ein wahrer Fruchtbarkeitstanz. Ich schloß die
Tür auf, schaltete die Lichter an und betrat mit ihr zusammen das Wohnzimmer.
Sie machte es sich auf der Couch gemütlich, während ich unsere Gläser eingoß.
Das ihre bildete kein Problem — ich goß einfach ein Highballglas dreiviertel
mit Scotch voll. Die nachtblauen Augen beobachteten mich milde, als ich die
Drinks zur Couch brachte und mich neben ihr niederließ.
»Danke.«
Die kräftigen, geschickten Finger nahmen das Glas aus meiner Hand und hoben es
an ihre Lippen. Sie trank etwa die Hälfte, als wäre es ein heißer Tag, an dem
nichts über eine Portion gute alte, hausgemachte Limonade ginge. Dann verzog
sich die breite Oberlippe zu einem Lächeln, während sich die volle Unterlippe
voller Mitgefühl nach außen rollte. »Ich möchte mich wegen gestern
abend entschuldigen«, sagte sie mit leicht heiserer Stimme. »Ich dachte,
man müsse Ihnen eine Lektion erteilen, und die einfachste Methode war, Marvin
in Wut zu bringen. Er ist ein Mann mit einem sehr ausgeprägten Sinn für Besitz.
Manchmal muß ich ihm einfach davonlaufen — so wie jetzt — , damit ich wieder
atmen kann.«
»Er
war heute ja auch sehr beschäftigt«, sagte ich. »Wo hat er Justin Godfrey
versteckt?«
Sie
kicherte und legte einen Finger auf die Lippen. »Das ist ein Geheimnis. Ein so
großes Geheimnis, daß er es nicht einmal mir erzählt hat. Können Sie sich so
was vorstellen?«
»Nein«,
fauchte ich.
»Glauben
Sie mir nicht?« Ihre Augen weiteten sich bei dem Gedanken vor Entsetzen. »Nun,
dann hat es keinen Sinn, daß wir uns freundschaftlich unterhalten. Oder? Ich
meine, wenn Sie mir von vornherein nicht glauben, Holman, dann verschwenden wir
beide unsere Zeit. Nicht wahr? Vielleicht müssen wir uns erst ein bißchen
besser kennenlernen.« Lohfarbenes Feuer glimmte in ihren Augen, als sie erneut
lächelte. »Halten Sie das nicht für eine gute Idee?«
»Vivienne,
Honey«, sagte ich in eisigem Ton, »ich kann in Ihnen lesen wie in einem Buch.«
»Sie
können in keinem Buch lesen, bevor sie es nicht aufgeschlagen haben«, sagte sie
mit selbstzufriedener Stimme. »So zum Beispiel!«
Sie
trank ihr Glas leer, stellte es vorsichtig hin und stand auf. Zwei Schritte
weit von der Couch entfernt drehte sie sich zu mir um, und ihre Finger öffneten
gemächlich den ersten Knopf ihres Mantels. Als sie beim letzten angelangt war,
zuckte sie leicht mit den Schultern, und der Mantel fiel schlaff um ihre
Knöchel, wobei er zugleich den Grund, weshalb sie ihn überhaupt an einem so
warmen Abend getragen hatte, enthüllte. Darunter trug sie nämlich lediglich
einen Büstenhalter von Bikinigröße und ein dazu passendes Höschen. Der
Büstenhalter bestand größtenteils aus eng anliegender schwarzer Spitze und
machte den Eindruck, als wäre er sich seiner Unzulänglichkeit in Anbetracht der
Fülle des straffen Busens voll bewußt; während das Höschen, ebenfalls
vorwiegend schwarze Spitze, ebenso vergeblich die geschwungenen Hüften
umklammerte.
Der
lohfarbene Schimmer in ihren Augen wurde zunehmend stärker, während ihre Hände
hinter ihrem Rücken verschwanden und gleich darauf der Büstenhalter vorn
herunterflatterte. Ihre Brüste waren von rosiger Perfektion, und während ich
tief Luft holte, hakten sich ihre Daumen in das Gummiband ihres Höschens. Mit
einem plötzlichen Ruck zog sie die schwarze Spitze bis zu den Knien hinab und
trat dann heraus und — auch ohne Meeresmuschel war sie die Inkarnation der
Venus.
Ihre
kräftigen Finger nahmen das Glas aus meiner wie gelähmten Hand und stellten es
sorgfältig neben ihr eigenes. Dann gab sie mir mit den Händen einen plötzlichen
Stoß gegen die Schultern, so daß ich rücklings auf die Couch fiel, und gleich
darauf lag sie ausgestreckt über mir, den üppigen Busen auf meine Brust
gepreßt. Ihre Zähne knabberten an meiner Unterlippe, und dann hob sie den Kopf
ein wenig, und das lohfarbene Feuer in ihren Augen verwandelte sich in einen
wilden Dschungelbrand, der meine eigenen Augen verbrannte.
»Na
und?« Sie lachte leise. »Warum tun Sie nichts, Holman, nun, nachdem wir einander
vorgestellt worden sind?«
Ich
gab ihr einen kräftigen Stoß und stand dann auf. Sie erhob sich langsam vom
Boden und blickte
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