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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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zu mir gestanden, und deshalb stehe ich auch zu ihm.“
    Ich drehte mich um und schaute ihm lange in die Augen, knöpfte ihm das Hemd auf, legte seine rasierte, braungebrannte Brust frei, dann öffnete ich seinen Gürtel.
    Edvard stand auf und zog sich aus, kroch dann, ohne Zähne zu putzen, ins Bett. „Bist du mir böse, wenn wir einfach schlafen?“ fragte er.
    Ich war enttäuscht. „Nein, natürlich nicht.“ Ich zog mich aus und legte mich zu ihm unter die Decke, Edvard drängte sich in meine Achselhöhle und klammerte sich an mir fest. „Nix geworden aus unserem Abend, was?“ sagte ich.
    „Kann man so sagen.“
    Ich streichelte ihm den Kopf. „Meinst du, Malvyn weiß, daß du schwul bist?“
    „Keine Ahnung.“
    „Wir schlafen im Doppelbett. Was soll er schon anderes denken?“
    „In Afrika schlafen sie zu fünft in einem Bett.“
    „Vorsicht mit Vorurteilen“, sagte ich.
    „O Mann. Was kommt da noch alles auf uns zu.“
    „Und hör mit dem ‚O Mann‘ auf.“
    „Okay, Mann!“
    Es dauerte Tage, bis Edvard seinen Vater erreichen und mit ihm über Malvyns plötzliches Aufkreuzen sprechen konnte. Bis dahin wimmelte er alle Verabredungen ab. Viele unserer Freunde waren ihm plötzlich zu tuntig – wer Lipstick kennengelernt hat, versteht das. Edvards Paranoia nahm geradezu herzzerreißende Züge an; ich hätte ihn knutschen können. Aber da keiner unserer Freunde gewohnt war, daß Edvard zurückhaltend sein konnte – ich gebe zu, es überraschte sogar mich –, bewirkte es genau das Gegenteil: Es weckte die Neugier, und das Telefon stand nicht mehr still.
    Ein paar Tage hielt Edvard das durch, aber dann erledigte sich das Thema von selbst. Schließlich gab es auch Freunde, die unangekündigt auftauchten, Lipstick zum Beispiel: „Wollte nur mal sehen, ob ihr noch hier wohnt. Man hört ja gar nichts mehr. Den Gerüchten zufolge seid ihr ins Kloster gegangen.“
    Tja, was sollten wir tun? Edvard, der ihm die Tür geöffnet hatte, ließ ihn herein. Lipstick sah Malvyn und ihm fiel – wie uns davor – die Kinnlade herunter. Von da an liefen die Leitungen heiß: „Sag mal, wann kriege ich euren Lustsklaven mal zu sehen?“ „Soll ja ’ne echte Bombe sein.“ „Verleiht ihr den auch?“ „Wo kann man so einen kaufen?“
    So sehr wir es herunterspielten, Malvyn wurde die Attraktion in unserem Bekanntenkreis. Anfangs bekam ich nicht viel davon mit, aber Edvard erzählte mir, daß unsere Freunde in seinem Laden Schlange standen, um Details zu erfahren. Keiner wollte sich mit den Informationen begnügen, die er von anderen gehört hatte, jeder wollte es selbst wissen, selbst hören, Malvyn selbst kennenlernen. Okay, das war Edvards Aussage, man mußte davon ungefähr achtzig Prozent abziehen, aber selbst der Rest war schlimm genug.
    Aber ich greife zu weit vor. Natürlich war Hannah die erste, die Malvyn kennenlernte. Ich hatte sie bei Kim in der Agentur abgeholt und dummerweise versäumt, sie auf ihn vorzubereiten. Als wir in die Wohnung kamen, trat Malvyn gerade aus dem Gästezimmer. Hannah stieß einen Schrei aus, drehte sich um und klammerte sich an mir fest. „Was ist mit dem Mann passiert? Der ist ja ganz schwarz!“
    Ich wäre am liebsten im Boden versunken. Schnell kniete ich mich hin und nahm sie in den Arm, um ihr ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Dann sagte ich: „Das ist Malvyn, unser Freund.“
    Hannah starrte ihn eine Weile an, und als er ihr dann sein großes weißes Lächeln entgegenbrachte, deutete sie mit dem Finger auf ihn. Gemeinsam gingen wir zu ihm hinüber – ich auf allen Vieren –, der sich inzwischen hingekniet hatte, da versuchte sie seinen Namen auszusprechen. Dabei kam „Mafin“ heraus.
    Als Malvyn das hörte, fiel er rücklings auf den Boden und strampelte mit Armen und Beinen, so sehr packte ihn der Lachkrampf. „Muffin?“ gackerte er, „Muffin?“
    Erstaunt verfolgte Hannah seine Reaktion. Sobald sie verstand, daß sie die Ursache für den Lachanfall war, kicherte sie und wiederholte seinen Namen, als wollte sie sehen, ob die Wirkung wiederholbar war. Albernheit hatte sie immer schon begeistert.
    Dann, als sich Malvyn berappelt hatte, umfaßte er ihren kleinen Körper und drückte ihn an sich – was sie nur widerwillig mit sich geschehen ließ. „Nicht ich bin der Muffin. Der Muffin, das bist du“, sagte er.
    „Was ist ein Muffin?“ fragte Hannah mich.
    „Ein Muffin ist ein kleiner Kuchen“, antwortete ich.
    „Berni? Warum redet der so

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