Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine wundersame Weihnachtsreise: Roman (German Edition)

Eine wundersame Weihnachtsreise: Roman (German Edition)

Titel: Eine wundersame Weihnachtsreise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
Vom Netzwerk:
gehaust. Das Leben im Heim mag zwar manchmal nicht so sonnig sein, aber interessant ist es allemal.«
    »Ja, besonders dann, wenn man dich in einer Raststätte vergisst, weil sie dich nicht leiden können«, schaltete sich Butterblume ein und kniff enttäuscht den Mund zusammen. »Und das alles nur, weil wir ein bisschen Spaß haben wollen.«
    Anna schmunzelte, als sie wieder an den Vorwurf dachte, dass die alte Dame vorhätte, mit der gesammelten Kreide »Schweinereien« an die Wand schreiben zu wollen.
    »Ich habe mich jedenfalls nicht drum gerissen, ins Heim zu gehen«, sagte Butterblume. »Aber meine Kinder haben gemeint, dass es das Beste sei. Wir hatten ohnehin kein gutes Verhältnis miteinander, und auch wenn ich es schäbig finde, so kann ich auf eine Art verstehen, warum sich keiner meiner beiden Söhne bereit erklärt hat, mich zu versorgen, wenn es mal nicht mehr geht. Sie haben es mir ›als das Beste für mich‹ verkauft, und ich fügte mich, doch der Tag, an dem ich ins Heim umzog, war der schlimmste meines Lebens. Überall roch es nach Medizin und alten Leuten. Das Zimmer, in das sie mich steckten, musste ich mir mit einer Frau teilen, die im Schlaf immer geschrien hat. Ich dachte, ich werde verrückt.«
    »Und wie haben Sie es geschafft, sich einzuleben?«, fragte Anna, während eine Gänsehaut an ihrem Rücken entlanglief. Auch wenn sie noch lange nicht in dem Alter war, in ein Heim zu kommen, fürchtete sie sich davor, dass etwas mit ihrem Leben passierte, das sie gar nicht wollte. Vielleicht reagierte sie deshalb so allergisch auf Ratschläge von Gerd. Sie wollte einfach nicht, dass jemand ihr vorschrieb, was sie mit ihrem Leben machen sollte.
    »Zunächst überhaupt nicht. Als die Frau, die nachts immer schrie, starb, ließ man ihren Platz unbesetzt, ich hatte das Zimmer nun für mich allein. Das war zwar eine Verbesserung, wohler gefühlt habe ich mich allerdings nicht. Ich war sogar ziemlich einsam, saß nur vor dem Fenster und habe nach draußen gestarrt. Aber dann, eines Tages, erinnerte ich mich wieder daran, wie es früher gewesen war, als ich jung war. Ich war niemand, der sich in seinem Zimmer einschließt und versucht, unsichtbar zu werden. Ich habe immer irgendwie aufgemuckt und irgendwelche Sachen angestellt. Und so nahm ich das wieder auf. Ich vertauschte Nahrungsbeutel und Nachttische, stibitzte Kuchen und hängte Bilder um. Manchmal schrieb ich auch irgendwas auf Tische und Wände, das die Schwestern hinterher wieder entfernen mussten. Manchmal wurde ich erwischt, aber das Schimpfen der Pfleger und Schwestern war Musik in meinen Ohren. Endlich wurde ich wieder wie ein Mensch behandelt und nicht wie ein Kleinkind, das sich in die Windeln machte. Endlich wussten die Leute wieder, wer ich in der gesichtslosen Menge gleicher Dauerwellen und steingrauer Klamotten war. Und ich glaube, ein klein wenig fürchteten sie mich auch.«
    »Die fürchten dich noch jetzt!«, sagte Rose, wobei die Falten um ihre Augen noch ein klein wenig tiefer zu werden schienen.
    »Und das natürlich auch, weil du radikal deinen Kleidungsstil geändert hast«, setzte Flieder mit einem verschmitzten Lächeln hinzu, als fürchtete sie, dass Butterblume diesen Aspekt ihrer Verwandlung vergessen würde.
    »Und ob! Die Laufburschen von den Versandhäusern haben sich die Klinke in die Hand gegeben. Die Schwestern waren immer ganz entsetzt, wenn ein Lieferwagen auf dem Hof des Heims haltmachte, denn meist handelte es sich nicht um die ersehnten Lieferungen von Flüssignahrung, sondern um Pakete, die sie in mein Zimmer schleppen mussten. Als sie es satthatten, das zu tun, beschwerten sie sich bei meinen Söhnen. Aber was wollten sie machen? Ich war noch immer bei Verstand, mein Konto war voll, und ich hatte nach der Nummer mit der Abgabe ins Heim keine Lust, ihnen alles, was dort lagerte, zu vererben. Als sie bei mir antanzten, das erste Mal nach drei Jahren übrigens, habe ich sie wieder nach Hause geschickt. Natürlich haben sie daraufhin versucht, mich für unmündig erklären zu lassen, aber da hatten sie wohl nicht mehr im Sinn, dass ihre Mutter nicht nur eine alte Kratzbürste war, sondern auch sehr charmant und liebenswürdig sein konnte. Die Kommission, die man mir schickte, um meine Zurechnungsfähigkeit zu prüfen, war sehr entzückt davon, wie gut ich geistig auf der Höhe war und sie mit einer Einladung zum Kaffeetrinken bezauberte. Ich glaube, auch die Menge der Bücher, die ich in meinem Zimmer angesammelt

Weitere Kostenlose Bücher