Eine zweite Chance für den ersten Eindruck (German Edition)
schluchze an seiner Brust.
„Thorsten ist so ein Sturkopf“, murmelt er zu sich selbst. Mir wird jetzt noch schlecht, wenn ich daran denke, wie gemein ich war. Auch wenn Thorstens Verhalten absolut indiskutabel war, rechtfertigt das noch nicht meine Gemeinheit.
„Magst du mich noch?“, frage ich schniefend.
David lacht und drückt mich noch fester. „Ich hab dich lieb, Kleine. Daran kann auch dein starrköpfiger Bruder nichts ändern. Und er liebt dich auch. Immer. Ich befürchte nur, dass Eric bei dem heutigen Spiel ein paar Blessuren mehr als nötig davontragen wird. Thorsten war heute Morgen immer noch völlig außer sich. Was ist zwischen dir und Eric schief gelaufen, dass es so dermaßen eskaliert ist.“
Nachdem ich mich einigermaßen gefangen habe, bereiten wir unser Frühstück zu und ich erzähle David die Ereignisse der letzten Tage. Als ich mich vollständig bei ihm ausgeheult habe, sieht er mich nur nachdenklich an. Er nippt immer wieder an seinem Kaffee und scheint nach den richtigen Worten zu suchen.
„Nina, du weißt, ich liebe dich wie eine Schwester und du weißt auch, dass ich mir Sorgen um dich mache?“
Ich nicke ihm ungeduldig zu, damit er fortfährt. David seufzt und kratzt sich nervös hinterm Ohr.
„Kleine, ich sag es nicht gerne, aber ich denke, du solltest ihn wenigstens einmal anhören.“
Was ist los mit den Leuten in meinem Umfeld? Erst Jule, jetzt David. Die Leute, die mir eigentlich dabei zustimmen sollten, dass Eric einfach nur ein Schwein ist.
Heute ist eine der wenigen Ausnahmen, wo David mit zum Spiel kommt. Es wäre ja zu auffällig, wenn der Lebensgefährte meines Bruders bei jedem Spiel dabei wäre. So kann er ihn immer noch als guten Freund ausgeben, der nur ab und an ein Spiel von ihm ansieht.
Jule und David hüpfen aufgeregt neben mir auf und ab, als die Hunters zu Placebos Infra Red ins Stadion einziehen. Ich versuche, uninteressiert auszusehen und mich auf meinen Eistee zu konzentrieren. Dennoch entgehen mir die Blicke des Spielers mit der Nummer 13 nicht. Eric sieht immer wieder zu unserem Block hoch und sucht meinen Blick. Ich drücke Jule meinen Eistee in die Hand.
„Ich geh mal für kleine Mädchen“, sage ich und bin auch schon aus ihrer Rufweite verschwunden. Sie sieht mir nur kopfschüttelnd hinterher, weil ich bewusst den Anfang des Spiels verpasse.
Was soll’s? Mein Bruder spielt fast sein ganzes Leben Football und ich hab die Regeln bis heute nicht kapiert. Ich weiß nur, dass er Quarterback ist und das Spiel ungefähr eine Stunde dauert. Damit hört es auch schon auf. Ich sagte ja bereits, ich hasse Sport.
Nach dem Spiel will Jule unbedingt vor den Umkleiden auf Thorsten warten. Die Hunters haben gewonnen und der Lärm aus dem Stadion ist jetzt noch ohrenbetäubend. David lässt mich nicht flüchten, also versuche ich mich auf dem Gang hinter den beiden rumzudrücken, um nicht gesehen zu werden.
Aus der Umkleide kommt ein Höllenlärm. Es ist nicht zu unterscheiden, ob darin eine Prügelei oder eine Siegesfeier stattfindet. Nach endlosen Minuten beruhigt sich der Tumult und Eric verlässt als Erster den Raum. Sein Veilchen macht sehr schnell klar, dass darin tatsächlich eine Prügelei stattgefunden hat. Er geht langsam an mir vorbei und nickt mir nur zu. Ich könnte mal wieder heulen und würde ihm gerne hinterher rennen, doch dazu bin ich zu stolz. David läuft gerade Achten vor der Tür, denn wir wissen ziemlich genau, mit wem Eric sich geprügelt hat. Mein idiotischer Bruder hat natürlich bis nach dem Spiel gewartet, damit er auf keinen Fall gesperrt wird. Wir sehen dabei zu, wie die restliche Mannschaft aus der Tür strömt, bevor Thorsten den Raum verlässt. Er steht wie ein Racheengel im Türrahmen und scheint unverletzt. Das ist mein Zeichen, die Szene zu verlassen. Aber nicht, bevor ich meinem feinen Bruder nicht noch die Meinung gegeigt habe.
„Du kannst ja so stolz auf dich sein, deiner ganzen Mannschaft so den Sieg zu vermiesen“, fauche ich ihm entgegen.
Trotz dieser verfahrenen Situation, lasse ich mich von Jule überreden, zur Siegesfeier zu gehen. Erinnerungen kommen hoch, als wir dieselbe Bar betreten, in der Eric und ich uns zum ersten Mal getroffen haben. Mein Bruder wird heute nicht da sein, er hat ein paar Dinge mit David zu klären. Meiner Meinung nach sind das nicht nur ein paar, sondern eine ganze Menge. Aber da ich nicht möchte, dass Thorsten sich in mein Liebesleben einmischt, werde ich es bei ihm
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