Einem Tag in Paris
schreckliche Geschichte«, sagt Nico.
»Na bitte. Vive la différence.«
»Zwischen Männern und Frauen?«
»Zwischen einem netten jungen Franzosen mit blauen Augen und einer verrückten Amerikanerin.«
Nico streckt eine Hand aus und steckt ihr eine Haarsträhne hinters Ohr.
»Du bist nicht verrückt.«
»Und noch etwas. Ich muss zum Friseur«, sagt Josie.
»Vielleicht können wir das erledigen.« Seine Finger verharren für einen Moment in ihrem Haar.
»Alles an einem Tag?«, fragt Josie.
»Und du dachtest, ich wäre nur ein französischer Privatlehrer.«
Josie sieht Nicos schelmischen Blick, und ihr fällt auf, wie jung er aussieht. Er hat keine Fältchen um die Augen. Sie hat so viele Monate damit verbracht, Simon in die Augen zu sehen.
»Ich habe mir diese Geschichte ausgedacht«, sagt Josie zu ihm. »Es gibt kein Buch. Hat es nie gegeben.«
Nico lächelt. »Du bist vielleicht nicht verrückt, aber du bist sehr kreativ.«
»Ich glaube, das Mädchen kehrt nie wieder nach Hause zurück. Ich glaube, sie findet den Wachmann und bittet ihn, sie mit zu sich nach Hause zu nehmen.«
»Das könnte gefährlich sein.«
»Aber er ist ein sehr netter Mann. Er besitzt drei Hunde, alle größer als das Mädchen. Sie leben alle zusammen in seiner winzigen Wohnung oben auf einem Hügel in Montmartre.«
»Was ist mit ihren Eltern?«, fragt Nico.
»Du bist so verantwortungsbewusst«, beklagt sich Josie.
»Ich würde mein kleines Mädchen vermissen«, sagt Nico.
»Natürlich würdest du das.« Sie erinnert sich, dass Nico ein Kind irgendwo in Marokko hat, ein Kind, das er nie gesehen hat. Sie stellt sich Nico als Kind vor, verloren in diesem Rübenkeller, während seine Eltern nach ihm suchen. Hier ist ein Mann, der danach sucht, gefunden zu werden, denkt sie.
Simon strich ihr über den Rücken. Sie lagen ausgestreckt auf dem Bett, nach dem Sex, vor dem Sex, ihre ganze gemeinsame Zeit ein verschwommenes Bild von Sex. Sie waren in San Francisco, wieder in einem anderen Hotel. Simon traf im Clift Hotel zufällig einen Bekannten, und Josie musste so tun, als wäre sie eine Fremde, die ihn nach dem Weg zu einem Club fragte. »Es tut mir leid«, sagte er zu ihr, während der Bekannte in Hörweite war. »Ich weiß nichts über die Clubs in dieser Stadt. Ich bin ein alter Mann. Warum fragen Sie nicht am Empfang?« Später erzählte ihr Simon, der Bekannte habe gesagt: »Das Mädchen ist heiß«, und Simon habe geantwortet: »Das ist mir gar nicht aufgefallen.«
»Natürlich nicht«, hatte der Mann gesagt. »Du bist der letzte verheiratete Mann in Amerika.«
Simon hatte seiner Frau von einer Reihe Samstagsterminen erzählt – er hatte eine Non-Profit-Gruppe erfunden, die seine fachmännische Unterstützung benötigte. Er hatte seine Sekretärin angewiesen, am späten Freitagnachmittag keine Termine mehr für ihn zu machen, da er nach San Rafael müsse, wegen eines Projekts, an dem er mit Brady arbeitete. Er belog jeden, und er tat es mit einer solchen Leichtigkeit, dass Josie glaubte, er müsse auch sie belügen.
»Woher weißt du, dass es Liebe ist«, fragte sie, »und nicht nur Liebe zum Sex?«
Er glitt mit der Zunge über ihr Rückgrat.
Sie rollte sich herum und sah ihn an. »Du hast gesagt, dass du mich liebst.«
»Das tue ich.«
»Vielleicht liebst du nur den Sex mit mir.«
»Das tue ich.«
»Warum habe ich dann jetzt, wo ich Liebe habe, sofort Angst davor, sie wieder zu verlieren?«
»Du denkst zu viel. Hör auf zu denken.«
»Wenn wir miteinander schlafen, höre ich auf zu denken.«
»Dann sollten wir miteinander schlafen. Es ist schon wieder viel zu lange her.«
»Ist das hier – ist der Sex – wichtiger als alles andere? Ist es wichtiger, als Kinder großzuziehen und Dinnerpartys zu geben und im Urlaub an die Küste Mexikos zu fliegen?«
»Ich wünschte, ich könnte das alles mit dir tun.«
»Aber das kannst du nicht.«
»Du würdest es gar nicht wollen, Josie. Du bist siebenundzwanzig Jahre alt.«
»Ich weiß nicht.«
»Bitte. Komm her zu mir.«
»Ich bin bei dir.«
»Komm noch näher.«
»Hattest du das hier mit deiner Frau?«
»Nicht doch.«
»Ich hatte es noch nie.«
»Ich weiß, Josie. Ich hatte es auch noch nie.«
»Aber du traust dieser Sache? Du kannst sie in dir verbergen und mit nach Hause nehmen?«
»Das müssen wir. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.«
»Lieben wir uns ganz langsam. Lieben wir uns so, dass es für Stunden und Stunden reicht.«
»Das tut es«,
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