Einem Tag in Paris
Schule. Sie wollte der Frau am liebsten gegen das Schienbein treten. Stattdessen schlenderte sie zurück zu den Räucherlachs-Kanapees auf dem Esszimmertisch und trank rasch ein Glas billigen Weißwein.
»Hier in Paris glauben wir an zwei Leute«, sagt Philippe. »Nur zwei Leute können faire l’amour.«
»Gehen wir ein paar Schritte«, sagt Riley und erhebt sich rasch. »Ich will das Baby beruhigen.«
Sie wiegt Gabi, verharrt an Ort und Stelle. Philippe leert seinen Wein mit einem Schluck und wirft etwas Geld auf den Tisch.
»Sei nicht böse«, sagt er zuckersüß, als sie in den Innenhof gehen.
»Ich bin nicht böse«, sagt Riley. »Ich bin verwirrt.«
Cole verlässt die Gruppe von Kindern und stürzt an Rileys Seite. Er sieht zu ihr hoch.
»Ist schon gut, Maman«, sagt er und nimmt ihre Hand.
Was geht in seinem komplizierten kleinen Kopf bloß vor?
»Ich liebe dich, Schatz«, sagt Riley. »Gehen wir zum Fluss, okay?«
»Zum Fluss«, sagt Cole glücklich. Und dann ziehen sie los, alle vier. Schlaf mit einem Typen, und voilà!, schon hast du eine funkelnagelneue Familie. Würde Vic es merken, wenn er heute Abend ins Bett kriechen und gegen Philippe stoßen würde? Wieder baumelt dieser Penis triumphierend in Rileys Kopf herum, und sie verscheucht das Bild.
»Was, wenn es regnet, während sie drehen?«, fragt sie.
»On verra«, sagt er.
Sie fragt nicht, was das heißt. Was immer es heißt, auf Französisch klingt es besser.
Die Menschenmenge am Quai du Louvre ist riesig. So weit Riley sehen kann, stehen Leute am Rand der Promenade und starren auf den Fluss hinaus.
»Ich wusste gar nicht, dass die Franzosen so besessen von ihren Stars sind«, sagt Riley zu Philippe. In dem Gedränge an der Straßenecke werden sie aneinandergedrückt, während sie darauf warten, dass die Ampel umspringt. Alle scheinen in dieselbe Richtung zu wollen, und als die Ampel Grün zeigt, schlurfen sie mit der Menge mit.
»Wir lieben das Kino. Wir lieben die Kunst. Wir wissen die Arbeit unserer wundervollen Regisseure zu schätzen.«
»Im Ernst, Philippe. Ihr wollt doch alle nur eure Stars vögeln.«
»Ich würde den Star vögeln, ja.«
»Sie ist eine Frau in mittleren Jahren«, sagt Riley.
»Hierzulande lieben wir alle Frauen.«
»Liebe, Liebe, Liebe. Wenn die Franzosen die ganze Zeit so viel lieben, warum sind dann alle immer so gereizt?«
Philippe beugt sich herüber und küsst Riley, verfehlt ihre Lippen und streift stattdessen ihre Wange.
»Arrête«, sagt Riley. Sie sieht Cole an, der vor sich hin summt, ohne auf seine Mutter und ihren Privatlehrer zu achten.
»Je suis méchant«, flüstert Philippe.
Riley kennt diesen Ausdruck – noch eine häufige Spielplatz-Redensart. Böser Junge. O Mann, und wie.
Sie überqueren die Straße, steigen über einen niedrigen Zaun, der die Fußgänger davon abhalten soll, auf dem Gras zu laufen, aber in Zeiten internationaler Krisen, wie zum Beispiel laufender Dreharbeiten, offenbar von allen ignoriert wird, und gesellen sich zu der Menge am Rand des Flusses.
Riley bahnt sich einen Weg durch das Gedränge – kein leichtes Unterfangen mit einem Baby an ihrer riesigen Brust, Cole, der vor ihr herläuft, und Philippe hinter ihr, der ihr eine Hand ins Kreuz drückt – und findet schließlich ein freies Fleckchen Gras unter einem Baum. Plätze in der ersten Reihe.
»Bravo«, sagt Philippe und nimmt seine Hand weg.
Sie starren alle auf den Fluss hinaus. Auf der anderen Seite liegt das Linke Ufer mit seinen prunkvollen alten Wohnhäusern, und zu ihrer Rechten das eindrucksvolle Musée d’Orsay. Weiter hinten ragt der Eiffelturm über den Häuserdächern hervor. Riley steht der Mund offen. Paris. Ein Jahr lang hat sie irgendwo anders gelebt, an irgendeinem dunklen und trostlosen Ort. Es kommt ihr vor, als ob sie eben erst angekommen wäre, frisch gevögelt und mit einer rosaroten Brille.
»Bett, Maman«, sagt Cole.
Riley reißt sich von dem Blick über den Fluss los und starrt hinunter auf die Fußgängerbrücke. Mitten auf der Brücke steht ein Bett. Es sieht ein bisschen aus, als ob es ebenfalls frisch gevögelt ist. Ein Haufen Laken liegt verheddert auf der Matratze.
»Ein Bett?«, sagt sie.
Philippe murmelt einen französischen Wortschwall.
»Expliquez alles, s’il vous plaît«, beharrt Riley.
»Ich weiß nicht«, sagt Philippe. »Aber ich habe die große Hoffnung, Dana Hurley in diesem Bett zu sehen.«
»Nackt?«
»Bien sûr.«
»Vor den Kindern.«
»Das ist
Weitere Kostenlose Bücher