Einem Tag in Paris
Dana Hurley spielt darin mit. Oh, ich glaube, ich kann sie sehen. Sie steht neben einem Bett auf einer Brücke, und irgendeine Lolita mit einem nackten Hintern vollführt irgendeine Sexmiezen-Nummer auf dem Bett.«
»Wo ist Cole?«
»Er sieht zu. Das ist Kunst, Mom.«
»Ich verstehe ja nicht, wie ihr heutzutage Kinder großzieht.«
»Ja, na ja.«
»Du kannst nicht Hals über Kopf nach Hause fahren, Riley. Du bist verheiratet.«
»Ich hasse es.«
»Nein, das tust du nicht.«
»Nicht es. Ihn. Vic.«
»Oh. Vic.«
Sie schweigen beide einen Moment. Schließlich sagt ihre Mutter: »Das dachte ich mir schon.«
»Ich will etwas anderes. Ich weiß nur nicht, was.«
Sie schweigen beide einen Moment. Im Hintergrund hört Riley irgendetwas surren.
»Was ist das denn für ein Geräusch?«
»Ich mache einen Smoothie. Es ist ein Anti-Krebs-Smoothie. Meinst du, es wird klappen?«
»Ja. Wir werden dafür sorgen, dass es klappt.«
»Danke, Schatz«, sagt ihre Mom, und sie weint, macht schluckende Geräusche, die sich mit dem Surren vermischen, sodass es am anderen Ende der Leitung wie eine Orchesteraufführung klingt.
Riley weint nicht. Sie lächelt und lässt Gabi nuckeln und sieht zu, wie Cole gafft. Das ist Liebe. Sie wird mit ihren Kindern nach Hause fahren und sich um ihre Mutter kümmern, die niemandem auf der Welt erlauben wird, sich um sie zu kümmern. Vielleicht wird sich ihre Mutter sogar eher um sie kümmern.
Dann grollt ein Donner, die Menge stöhnt, und die Wolken lassen ihre schwere Last fallen. Cole tritt einen Schritt zurück, und die drei – sie, Gabi und Cole – kuscheln sich unter dem Baldachin des Baums aneinander, während der Regen das Bett, die Schauspieler, die Menschenmenge, Philippe und Paris in all seinem Glanz durchnässt.
Jeremy und Chantal
Will ich meine französische Privatlehrerin küssen, weil ich Streit mit meiner Frau hatte, denkt Jeremy, oder habe ich mich mit meiner Frau gestritten, weil ich auf einmal meine französische Privatlehrerin begehre?
Es ist sein letzter Tag mit Chantal, und das Einzige, woran er denken kann, ist, seinen Mund auf ihren zu drücken.
An jedem anderen Tag hat er an Konjugationen und unbekannte Substantive und umgangssprachliche Ausdrücke gedacht. Jetzt denkt er an die Stelle, die ihre offene Bluse entblößt, die gerötete Haut, die Hitze, die er spürt, wenn sein Blick in die Grübchen ihres Halses fällt.
Mitten in ihrem Streit gestern Abend, während er und Dana den Paris Plage hinuntergingen, zu spät für die letzte métro, zu betrunken für ein ungefährliches Gespräch, sagte er: »Ich brauche Ruhe. Dein Leben ist zu laut.«
Hatte er das ernst gemeint? Woher war das denn gekommen? Hatten vier Tage mit Chantal – lange, geruhsame Tage der Konversation – zu diesem Aufruhr in seinem Verstand geführt?
Mitten in grobem, betrunkenem, wütendem Sex, der Art Sex, die er und Dana nie hatten, der Art, die sie beide verletzt und keuchend zurückließ, hatte Dana gefragt: »Willst du mich verlassen?«
»Nein«, hatte er ihr versichert. »Nein. Ich liebe dich. Ich werde dich immer lieben.«
Und jetzt das: Chantal, die vor ihm am Eingang der métro-Sstation steht, mit dem Haar, das ihr aus der Spange fällt, sodass lockige Strähnchen die Konturen ihres langen Halses umrahmen. Ihr Blick von der Seite auf ihn, als wollte sie sagen: Ich kenne dich inzwischen. Ich weiß, dass du etwas im Schilde führst. Ihr Geruch. Beim Einschlafen gestern Abend stellte er sich den Geruch von Jasmin und grünem Tee vor, irgendeine berauschende Mischung, nach der er sich sehnt, als er sich jetzt zu Chantal vorbeugt, sie auf beide Wangen küsst, ohne Handschlag heute. Es ist ihr letzter Tag zusammen in Paris.
Vielleicht liegt es an Paris, dass ich mich wie ein Idiot benehme, denkt Jeremy. Er sieht sich um, und augenblicklich hat er wieder dieses unheimliche Gefühl, als würde er alles zum ersten Mal sehen. Es liegt an dem Staunen über das alles, an diesen Gegensätzen zu Los Angeles, dem neuen Licht, den alten Gebäuden, der Entdeckung, eine Stadt zu erfahren, indem man durch ihre Straßen schlendert.
Im nächsten Augenblick wird er von Schuldgefühlen übermannt, als könnte Dana seine Gedanken hören. Nein, sein Leben mit ihr ist gewiss nicht eintönig. Es liegt nicht an ihr. Es liegt an Los Angeles. Es liegt an Hollywood. Er würde sich genauso fühlen, wenn er auf einmal in die Teton-Berge versetzt worden wäre.
Aber in den Teton-Bergen würde nicht
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